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Keef Hartley Band / Live At Essen Pop And Blues Festival 1969/1970 – 2CD-Review

Keef Hartley Band - "Live At Essen Pop And Blues Festival 1969/1970)" - 2CD-Review

Irgendwie ist das alles ziemlich blöde gelaufen für die Keef Hartley Band. Aber von Beginn an: Der Schlagzeuger Keith 'Keef' Hartley gründete nach frühen Stationen bei Rory Storm (als Nachfolger für Ringo Starr), den Artwoods sowie John Mayall im Jahr 1968 seine eigene Keef Hartley Band. Im Original-Line-up befanden sich übrigens mit dem Gitarristen und Sänger Miller Anderson sowie dem Bassisten Gary Thain auch zwei Musiker, die sich im Laufe der kommenden Jahre entweder solo (Anderson) oder in der Band Uriah Heep (Thain) einen richtig großen Namen erspielen sollten. Im Dezember 1968 erschien das starke Debütalbum "Halfbreed", das zumindest so viel Aufmerksamkeit erregte, dass die Band für das legendäre Woodstock Festival gebucht wurde. Der wohl größte Fehler bzw. die größte Fehlentscheindung der Band-Geschichte wurde dort, direkt vor Ort getroffen: Der damalige Manager verbot der anwesenden Crew, den Auftritt der Band für den späteren Kinostreifen zu filmen, auch Audio-Aufnahmen untersagte er strikt. Das Resultat: Während viele der im Film zu sehenden Bands, gerade auch englische wie Ten Years After (um mal nur ein Beispiel zu nennen), danach so richtig in den USA durchstarteten, kam die Keef Hartley Band dort über den Status eines Insider-Tipps nie hinaus.

Kaum zurück aus Amerika stand für die Band im Oktober 1969 (kurz vor Veröffentlichung der zweiten Scheibe The Battle Of North West Six) ein Auftritt beim Essen Pop And Blues Festival in der Grugahalle auf dem Programm. Und diese Aufnahmen wurden nun vor wenigen Wochen zum ersten Mal, also gerade mal schlappe knapp 55 Jahre danach veröffentlicht. Offensichtlich hatte die Combo entweder ihren Manager gewechselt oder aus dem Woodstock-Desaster gelernt … immerhin. Die Aufnahmen wurden laut dem Label sorgfältig überarbeitet und sind für ihr Alter soundmäßig absolut okay, wenn natürlich auch nicht perfekt. Dennoch richtig klasse, was das Kern-Trio um Hartley, Anderson und Thain gemeinam mit den Bläsern Jimmy Jewell sowie Henry Lowther hier auf die Bretter legt. Als Frontmann steht Miller Anderson bei Stücken wie etwa "Rock Me Baby", "Leavin' Trunk" oder "Too Much Thinking" natürlich im Vordergrund, aber jeder einzelne Musiker erhielt jede Menge Raum, um sich auszutoben. Logischerweise sind auch das Saxophon und die Trompete sehr prominent im Gesamtsound vertreten.

Bereits ein halbes Jahr später, am 25. April 1970, kehrte die Keef Hartley Band auf die selbe Bühne für die Neuauflage des Festivals zurück. Diesmal waren die Bläser laut dem CD-Booklet jedoch zu Hause geblieben und der Bandleader hatte stattdessen einen zweiten Gitarristen in Form von Spit James (aka Ian Cruickshank) mitgebracht. Leider gibt es hier fünf Song-Überschneidungen, auf der anderen Seite war seit dem letzten Auftritt nicht sehr viel Zeit vergangen, um neues Bühnen-Material zu erarbeiten. Dazu kommt, dass Stücke wie "Just To Cry", "Sinnin' For You" oder "Believe In You" durch die zweite Gitarre härter klingen. Das ist sehr starker Blues Rock, zu dem sich immer wieder jazzige Einflüsse gesellen. Etwas irritierend ist, dass auch bei diesem zweiten Auftritt ebenfalls ganz deutlich Bläser zu hören sind, die von Hartley vor dem letzten Song sogar namentlich (leider jedoch nicht gut verständlich) vorgestellt werden. Warum diese nicht im Line-up gelistet wurden, bleibt wohl ein Geheimnis. Neben den bereits genannten Tracks stand 1970 auch die Nummer "Me And My Woman" (vom bereits erwähnten zweiten Studioalbum) auf dem Programm.

Ein starker Blues Rock-Track und ein klasse Showcase für Miller Anderson, der hier mit seiner bluesigen Gitarre und starkem Gesang in seinem Element ist. Insgesamt gesehen also sehr starke Live-Aufnahmen der Keef Hartley Band, zu denen sich Miller Anderson vor der Veröffentlichung sogar zu der Bewertung »Das Beste, was es von uns live zu hören gibt!« hinreißen ließ. Wie bereits erwähnt muss man beim Sound leichte Abstriche machen, aber das Endergebnis kann dennoch als sehr gelungen bewertet werden. Die Keef Hartley Band löste sich übrigens 1972 nach nur fünf Alben leider schon wieder auf.


Line-up Keef Hartley Band:

Keef Hartley (drums)
Miller Anderson (lead & rhythm guitars, vocals)
Gary Thain (bass)
Spit James (guitar – CD 2)
Jimmy Jewell (tenor saxophone – CD 1)
Henry Lowther (trumpet – CD 1)

und weitere …

Tracklist "Live At Essen Pop…":

CD 1 – "Live At Grugahalle, Essen, October 11, 1969":

  1. Too Much Thinking
  2. Leavin' Trunk
  3. Just To Cry
  4. Sinnin' For You
  5. Rock Me Baby
  6. Believe In You (excerpt)

CD 2 – "Live At Grugahalle, Essen, April 25, 1970":

  1. Think It Over
  2. Believe In You
  3. Leavin' Trunk
  4. Just To Cry
  5. Sinnin' For You
  6. Me And My Woman
  7. Too Much Thinking

Gesamtspielzeit: 40:05 (CD 1), 65:25 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2024 (1969, 1970)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

1 Kommentar

  1. Max

    1970 war Barbara Thompson on Sax dabei!

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