Nicht nur die Wettervorhersage (Sonne, bei gut erträglichen 25 Grad und ohne Regen) versprach bereits so einiges für das mittlerweile 36. Finkenbach-Festival, sondern es gab in diesem Jahr 2018 sogar noch sehr viel mehr zu bejubeln und feiern. Die Band Guru Guru (in Gestalt von Mani Neumeier auch Gründer dieses Festivals) feiert in diesem Jahr nämlich ihren 50. Geburtstag. Und wenn das mal kein Grund für eine richtige Sause ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Und weil runde Geburtstage dafür prädestiniert sind, war das Festival-Line-up in diesem August auch ungemein stark ausgefallen. Fast alle noch existierenden Krautrock-Heroen der siebziger Jahre hatten sich versammelt, um einem erwartungsfrohen Publikum zwei wunderschöne Festival-Tage zu bescheren. Wer relativ kurzfristig absagen musste, war die Hamburger Formation Faust, für die dann die Dissidenten einsprangen, um das Feitagabend-Programm zu komplettieren.
Bereits bei der Ankunft in dem kleinen Örtchen wurde klar, welcher Wahnsinn hier gerade dabei war über die Bühne zu gehen. Nicht nur, dass die Anzahl der Fans deutlich höher als in den Vorjahren erschien, es waren auch massenhaft 'Suche Karte'-Schilder zu sehen. Und von allen, die nichts zu schreiben dabei hatten, wurde man immer wieder auf übriggebliebene Tickets angesprochen.
Die Band Epitaph hatte die Ehre, das diesjährige Fest zu eröffnen. Eine erste Überraschung passierte allerdings, als ein lokaler Chor samt kleinem Orchester die Bühne enterte und insgesamt drei Lieder (zwei aus dem Odenwald und als Zugabe "The Lion Sleeps Tonight") zu höflichem Applaus intonierte. Um 19:00 Uhr war dann aber die Zeit für Strom-Gitarren gekommen und kurz nachdem Cliff Jackson, Bernie Kolbe, Heinz Glass sowie Jim McGillivray mit ihrem Gast Klaus Henatsch (u. a. Ex-Nektar) an den Tasten die Bühne betreten hatten, ging es mit "Reflections" bereits höllisch heiß zur Sache. Epitaph performte ein buntgemischtes Programm aus alt und neu, war spielfreudig wie eh und je und brachte das Publikum sehr schnell gut drauf. Aber selbst nach diesem sehr gelungenen Opener hatte die World Music/der World Beat der Dissidenten leichtes Spiel in Finkenbach. Musikalisch vergleichen konnte und kann man diese beiden Bands sowieso nicht und das Publikum tanzte und groovte auch hier wie verrückt, sodass man ohne Zweifel von einem sehr starken und gelungenen Auftritt sprechen konnte.
Für dieses Festival eigentlich völlig ungewohnte Probleme gab es plötzlich beim Soundcheck von Amon Düül II. Ohne jetzt weiter ins Detail gehen zu wollen, konnte man anfangs eine (zu recht) mächtig sauer werdende Renate Knaup (-Krötenschwanz) sowie auch einen wild gestikulierenden Danny Fichelscher (drums) dabei beobachten, die Männer an den Mischpulten auf den richtigen Weg zu führen. Zur Überbrückung gab es einen Handstand des Perkussionisten und Sängers Jan Kahlert sowie ein Tänzchen von Renate mit Mani Neumeier zu bestaunen. Schließlich war es jedoch soweit und Amon Düül legten einen sehr starken sowie sehr rockigen Auftritt auf die Bretter, bei dem man manchmal das Gefühl hatte, dass die aufgestaute Wut einfach raus musste. Gut so! Am frühen Samstagmorgen beschloss dann die schweizerische Band Marblewood, die ebenfalls bereits ein paar Mal zu Gast war, den ersten Tag mit ihrem psychedelischen bluesigen Rock auf sehr hohem Niveau.
Der Samstag begann vom Wetter her so schön, wie der Freitag aufhörte und so hatten sich bereits am frühen Nachmittag so einige Zuschauer auf dem Gelände eingefunden. Den Anfang machte die Band Embryo, die leider nach wie vor mit Sound-Problemen zu kämpfen hatte, ein Thema, das alle Anwesenden noch ein bisschen begleiten sollte. Auf seinem ersten Finki Festival im Jahr 2014 hatte das anwesende RockTimes-Team die Band mit dem damals noch gesunden Leader Christian Burchard zum ersten Mal erlebt. Nachdem der gerade erwähnte Musiker seit 2016 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf die Bühne konnte und in diesem Jahr leider auch verstarb, hatte seine Tochter Marja Burchard die Leitung der Band übernommen und führte sie auch souverän durch diesen Auftritt. Die mittlerweile aus fünf meist jüngeren Musikern bestehende Combo überzeugte auch an diesem Tag mit ihrem sehr interessanten Mix aus World Music und Jazz, hielt die Spielfreude hoch und brachte das Publikum zum Tanzen.
Schließlich war es Zeit für Birth Control, die mit Bernd 'Nossi' Noske vor ein paar Jahren ihr(en) Leader und Aushängeschild verloren hatte. Auch das anwesende RockTimes-Team sah die Band in der neuen Besetzung mit Manni von Bohr sowie Peter Föller zum ersten Mal live. Die fünf Musiker ließen sich auch nicht lange lumpen und legten eine sehr rockige, sehr kraftvolle Bühnenshow hin, die auch nicht die Spur von 'altem Eisen' erkennen ließ. Spätestens bei "Gamma Ray" wurde es dann, gerade weil der Titel sehr eng mit 'Nossi' zusammen hängt, noch einmal sehr kultig, rockig, aber auch sehr emotional. Da kam der locker-flockige Stil von Kraan im Anschluss genau richtig. Auch hier durften die Besucher einen Streifzug durch die Jahrzehnte genießen, während die Musiker durch ihre individuelle aber auch teamorientierte Klasse überzeugten. Bei vielen der Kraan-Songs entstehen in meinem Kopf automatisch Bilder, die sich mit den gespielten Takten zu einer Geschichte entwickeln, die sich selbstständig macht und treiben lässt. Ganz großes Kino!
Und dann war es soweit: Stolze und durchaus großen Respekt abringende fünfzig Jahre Guru Guru wurden gefeiert. Das Festival-Gelände war mittlerweile so proppevoll, wie ich es bis dahin noch nie gesehen hatte, jeder wollte dabei sein und sogar das Fernsehen war da. Mani Neumeier und seine Mannen dankten es mit einem großartigen Konzert, bei dem übrigens auch der Gitarrist der frühen Siebziger, Ax Genrich, für den "LSD Marsch" sowie der ehemalige Gitarrist Luigi Archetti für ein paar Stücke als Gäste dabei waren und diese Titel jeweils veredelten. Es gab eine Mischung aus neu und alt, zwei Tracks des aktuellen Studioalbums Rotate! wurden performt, aber natürlich auch alte und ältere Klassiker wie beispielsweise "Living In The Woods" durften nicht fehlen. Höhepunkt jeder Guru Guru-Show ist nach wie vor der "Elektrolurch", der auch in diesem Jahr inklusive einigen Nachwuchs-Lurchis auf der Bühne zelebriert wurde. Guru Guru scheint offensichtlich nicht müde zu werden und somit dürfen wir uns hoffentlich noch auf so einige weitere Jahre an dieser tollen Band begeistern.
Den nach solch einer Show natürlich immer etwas undankbaren Job des direkten Nachfolgers übernahmen danach Peter Panka’s Jane mit dem glücklicherweise gesundheitlich wieder stabilisierten Charly Maucher. Und den (Job) erledigte das Quintett auf beeindruckende Weise auf sehr hohem Niveau, während das Programm vor allem aus Klassikern wie "Fire, Water, Earth & Air" (die lange Version bzw. die komplette erste Seite des Vinyl-Albums), "Daytime", "All My Friends", "(Wishdream) Lady", "Windows/Spain", "Out In The Rain", "Hangman" und "Here We Are" bestand, die vom Publikum durchgehend abgefeiert wurden. Mit "Fly Away" hatte lediglich ein neuerer Song seinen Weg in die Setlist gefunden, der sich aber hervorragend mit dem restlichen Programm 'verstand'. Und ohne mich jetzt zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen oder gar zu orakeln, glaube ich zwischen einigen Zeilen der Bandmitglieder herausgehört zu haben, dass Peter Panka’s Jane auch im Jahr 2019 noch auf der Bühnen stehen werden.
Das letzte Kapitel des Finki Festivals 2018 schlugen danach Vibravoid auf, die auch die RockTimes-Redaktion mit ihren Alben schon für sich gewinnen konnten. Aus logistischen Gründen war es uns leider nicht möglich, hier noch die komplette Show zu sehen. Aber sowohl wir, wie auch die letzten unerschütterlichen Fans bekamen hier noch einmal einen sehr starken musikalischen Abschluss geboten, der einfach nur Lust auf mehr macht. Und dann waren zwei extrem schöne Tage mit großartigen Bands und sehr guter Musik schon wieder Geschichte.
Finki Festival 2019? Steht bei der RockTimes-Redaktion bereits fest eingeplant wieder im Termin-Kalender!
Line-up 36. Finkenbach Festival:
- Epitaph
- Dissidenten
- Amon Düül II
- Marblewood
- Embryo
- Birth Control
- Kraan
- Guru Guru
- Peter Panka’s Jane
- Vibravoid
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