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40 Jahre Musikhaus Musicant GmbH

Wenn ein Musikhaus 40jähriges Jubiläum feiern kann, dann ist das nach einhelliger Meinung der (bundesweit verteilten) RockTimes-Redaktion durchaus einen Beitrag wert. Das Musikhaus Musicant befindet sich in Frankenthal, einem überschaubaren Städtchen, wie es bundesweit recht viele gibt. Gehen wir zurück ins Jahr 1976, Woodstock war schon 'ein paar Tage' vorbei, Rockmusik war die Jugendbewegung.

Die Anfänge des Musikhaus Musicant:

Vier Studenten stehen vor der Entscheidung, was sie nach dem Studium tun sollen – den Gang durch die Institutionen antreten oder in den bewaffneten Widerstand gehen? Sie entscheiden sich für die dritte Alternative, steuern jeder fünf Mille bei und gründen die Musikhaus Musicant GmbH. Den Laden, der als erster in diesem Bereich und dieser Region, die Instrumente nicht nur zum Anschauen hatte. Man durfte das Objekt der Begierde anfassen und Ausprobieren. Ein Fünkchen zünden und weitergeben war der Plan. Hier wurden nicht die Blockflöten für den Musikunterricht in den Schulen über die Ladentheke geschoben, hier gab es E-Gitarren, Drums, Verstärker und Bässe zum Anfassen und Ausprobieren.

Etwa 10 Jahre später, meine ersten Begegnungen mit dem Musicant:

»Sabine, kannst du mir ’nen Gefallen tun und mir beim Musicant ein paar Plektren/einen Satz Saiten/ein Kabel holen?« Klar doch, auf dem Stundenplan steht eh nur Geschichte. Warum der angehende Rockstar aus der Clique sich selbst grad nicht im Laden blicken lassen wollte, ist mir ebenso entfallen wie die drögen Jahreszahlen, die im verpassten Unterricht auf dem Plan standen…
Wer seine Jugend in den 80er und 90er Jahren in der Umgebung von Frankenthal verbracht hat, dort zur Schule ging und auch nur einen Hauch von Rock’n’Roll im Blut hat, der kennt den Musicant. Nicht zuletzt durch das Logo, das jeder anständige Musikfreak auf dem Gitarrenkoffer oder der Rostlaube kleben hatte. Der Laden selbst ist und war schon immer in einer Seitenstraße in der Innenstadt, nicht weit von den Gymnasien und den beliebtesten Kneipen.

Weitere 10 Jahre später:

Die Rockrebellen wurden mehr oder weniger erwachsen, gründeten Familien. Das Musikhaus unterhielt zusätzlich zum Laden etwa 20 Jahre lang eine Musik- und Malschule, bis Ende 2015. Dort wurde den Allerkleinsten (und ihren Eltern) ein Zugang zur Musik eröffnet.
Teenage Rampage, ein Wettbewerb für junge Bands, die das Durchschnittsalter von 17 Jahren nicht überschreiten durften, lief etliche Jahre, bis er 2012 mangels Bewerbern nicht mehr zustande kam. Im jungen Altersbereich, zwischen denen, die mit ihren Eltern kommen und denen, die schon lange kommen, klafft eine Lücke. Der Rock’n’Roll als übergreifende Jugendbewegung fehlt.
Man könnte wahrscheinlich ewig darüber sinnieren, warum und wieso… oder sich auf die veränderten Gegebenheiten einstellen. Letzteres zieht sich durch die Geschichte des Musikhauses. Analoge Veranstaltungstechnik gehörte einst mit zum Angebot. Das Aufkommen der digitalen Technik brachte dermaßen viele Kinderkrankheiten und Schwierigkeiten mit sich, dass der Bereich aus dem Sortiment genommen wurde. Wie vieles andere auch. »Wir waren zu klein, um umzugehen!« erklärt uns der Geschäftsführer, Andreas Köhler. Was sicher nur ein kleiner Teil der Geschichte ist, denn natürlich kann ein kleines Unternehmen schneller und flexibler reagieren als ein Großkonzern. Aber das allein? Ohne Herzblut und Engagement wäre es nicht so gelaufen.

Musicant 2016:

Wie stark der Musicant in der Frankenthaler Szene und im weiteren Umland verwurzelt ist, zeigte nicht zuletzt die Show zum 40. Jubiläum, bei der etwa 80 Musiker spielten. Der Musicant ist nicht nur die Adresse, um eine neue Gitarre zu kaufen, sondern auch Konzerttickets, Noten, Saiten, einen Gitarrengurt und sonstiges Zubehör. Einer dieser (gar nicht so) kleinen und umso wichtigeren Läden, in denen es noch echte Beratung gibt. Und noch heute, wie in den Anfängen, kann man dort das Instrument anfassen, ausprobieren oder auch eines ausleihen, wenn noch gar nicht so klar ist, ob das Kind denn wirklich dabei bleibt. Aktuell hat sich das Musikhaus auf hochwertige Akustikgitarren spezialisiert. Die beiden Gitarrenräume im hinteren Bereich des Ladens dürften so manchem Musikfreak als Vorzimmer des Himmels erscheinen. Doch auch Cajons und weitere Percussioninstrumente, handverlesene Elektrische und jede Menge Zubehör hat seinen Platz im Laden. Wer Geld loswerden will oder was Spezielles (auch für den kleineren Geldbeutel) sucht, sei es nun Buch oder Gitarrengurt, wird fündig. Für die 'Szene' war und ist es wahrscheinlich nie eine Frage gewesen, ob man Gitarre und so weiter online kaufen kann. Kann man natürlich machen, ist dann halt aber Kacke suboptimal. Zumindest dann, wenn es irgendwo in erreichbarer Nähe noch so einen Laden gibt, in dem es nicht nur Instrumente gibt, sondern die Musikkultur mitverwurzelt ist.

Und jetzt seid Ihr dran, liebe RockTimes-Leser: Zeigt uns, dass es sooo bemerkenswert doch gar nicht ist, wenn ein so cooler Laden schon so lange besteht. Habt Ihr auch solche Läden bei Euch in der Gegend? Erzählt doch mal!

Über den Autor

Sabine Feickert

Hauptgenres: Rock, Deutschrock, Mittelalter, 'leise Töne'
Über mich
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Mail: sabine(at)rocktimes.de

1 Kommentar

  1. Andreas

    Ganz lieber Artikel, vielen Dank. Mit lieben Grüßen, Andreas Köhler.

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