When Kult meets Kult
Eigentlich müssten hier ja zwei verschiedene Dinge in dieser Überschrift stecken, um den sonst vielleicht üblichen Gegensatz ein wenig herauszupräparieren. So im Sinne von Rock und Classic oder Black und White oder wie auch immer. Der vorliegende Fall jedoch macht quasi einen Imperativ aus den zwei gleichlautenden Nomen: Kult ist einerseits die Schlüsselloch Rocknacht als solche und Kult ist andererseits die Location, in der das Ganze regelmäßig stattfindet.
Und dass das schon von Anfang an so bestimmt war, verdeutlicht die Tatsache, dass Kult-Rock-Kneipen-Inhaber Herbert Senden und Kult-Saalbau-Inhaber Peter Kappertz vor Urzeiten gemeinsam durch Aachen zogen, auf der Suche nach einem geeigneten Lokal für das Schlüsselloch. Man wurde fündig und daraus entstand die älteste Hard Rock-Kneipe der Region. Die Rocknacht ließ nicht lange auf sich warten und weil die Kneipe zu klein ist, wanderte man für diese Nächte in die sogenannte Kappertz-Hölle aus – seit ebenfalls Urzeiten Veranstaltungsort für Events unterschiedlichster Couleur, von Mundart über Comedy bis hin zu alternativem Karneval oder kerniger Rockmusik. Der letzte sich noch in privater Hand befindender Saal dieser Größe – aus Aachen nicht wegzudenken und sich regelmäßig um das Kulturleben der Stadt überaus verdient machend.
Fast forward nach 2016: Wie immer standen mehrere Bands auf dem Plakat und wie so oft handelte es sich dabei um solche mit regionalem Bezug. Unglaublich, wer hier schon alles auf der Bühne gestanden hat und fast noch mehr unglaublich, dass es in zwei Jahren schon das goldene Jubiläum zu feiern gibt – Hut ab! Dieses Mal nun hießen die Protagonisten The Jägs, Susi Goes 18 und Dilemma und der ordentlich gefüllte Saal bot einem breit gefächerten Publikum die perfekte Stätte, den härteren Tönen zu lauschen.
Den Anfang machte – und darauf freute ich mich besonders – ein Brüdertrio, dessen hörenswerte Scheibe wir hier bei RockTimes schon zwischen hatten: The Jägs – Chris, Steve und Thomas Jägers. Ihr Album hatte mir seinerzeit richtig gut gefallen und ich war bereits mehrfach von Chris, Gitarrist und Sänger, zu Auftritten eingeladen worden, allein, es hatte bis dato nie geklappt. Nun aber legten sie für mich (und die anderen Anwesenden) knackig los und rockten ihr komplettes Album sowie einige neue Songs runter. Das begierige Publikum nahm Track für Track dankbar und mit kräftig Applaus auf. Nicht wenige Freunde oder Bekannte im Saal kannten die Stücke natürlich und die Stimmung passte direkt von Anfang an. Der kernige und in Teilen auch mal rotzig-angepunkte Rock der Jungs, neben Chris an der Sechssaitigen steht Thomas am Bass und Steve sitzt hinter dem Schlagzeug, kam offensichtlich und verdientermaßen sehr gut an, es wurde allseits kräftig mitgerockt. Fachkundige Umstehende munkelten im Anschluss an das prima Set schon, dass wir den besten Teil des Abends wohl direkt am Anfang zu sehen und zu hören bekommen hätten. Bonded by blood, bonded by music.
Susi Goes 18 standen nach der kurzen Umbaupause auf dem Zettel und ich gebe unumwunden zu, dass mir das außer dem Namen genau nix sagte. Ein Sextett, natürlich auch aus dem Aachener Raum, das sich dem melodischen Rock verschrieben hat und als besonderes Gimmick, neben den zwei Sängern, von Herrn Ohhh Range am Cello unterstützt wird. Der Gute bestritt den Abend mit kompletter Verkleidung/Vermummung in Form eines einteiligen Spandex-Anzugs, Gesicht und alles andere weg, Anzug drüber, gut ist’s. Nun ja, each to his own. Markanterweise, neben diesem optischen Aspekt, sind Susi Goes 18 davon überzeugt, mit gleich zwei Sängern zu arbeiten. Und in der Tat gab genau das den Songs auch bei der Rocknacht den gewissen Touch. Das im Vergleich zu dem der Jägs insgesamt etwas ruhiger ausfallende Set tat der Stimmung allerdings keinen Abbruch und Susis Programm kam im Saal sehr gut an.
Wer dann meinte, dass nach zweimal handgemachter Musik die dann folgende Cover-Band die Bude leer machen würde, der lag gewaltig daneben. Dilemma waren alles andere als eben ein solches und die komplette Bude ging richtig ab. Auch hier standen sechs Personen auf der Bühne und auch hier setzt man auf zwei Sangesstimmen, wenngleich das anders als bei Susi Goes 18 gemischtgeschlechtlich ist. Perfekt vorgetragen gab man Kracher aus den Annalen der Musikgeschichte zum Besten und wenn man die Augen schloss, dann ging das sangestechnisch teilweise besser, als es die Originale heute vielleicht noch könnten. Purple und Van Halen, Sabbath und Skid Row, Bon Jovi und Tina Turner, ein Hit gab dem nächsten das Mikro in die Hand und viele Zuschauer waren äußerst dankbar dafür – ist ja immer so, wenn man was Bekanntes mitgrölen kann.
Das Konzept Schlüsselloch-Rocknacht in der Kappertz-Hölle ist mal wieder aufgegangen, die Bandauswahl hat sehr gut gepasst, das Bier floss in Strömen und wir freuen uns auf die 49. Rocknacht im nächsten Jahr. Überaus gespannt sind wir natürlich auch, was sich Herbert Senden und Peter Kappertz für 2018 ausdenken, denn ein derartiges Kult-Jubiläum schreit doch geradezu nach einer speziellen Ausgabe, gelle?!
Wie auch immer, herzlichen Dank an beide Kult-Protagonisten und ihren Teams für erneut schöne Stunden in der Hüttenstraße.
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