Zur norwegischen Band Kanaan erfahren wir aus der Pressemitteilung:
»[…] In ihrem Heimatland als grandioser Live-Act bekannt, mit einer Show, die von Stoner-lastigen Riffs bis hin zu abstrakten, frei fließenden Jazz Improvisationen alles ineinander fließen lässt, schaut das Trio nun immer mehr Richtung Europa. […]«
Weiter heißt es:
»[…] In verschiedenen Bands und Projekten involviert (Mall Girl, Daufødt, Juno und Vegard & Ivar Band) sind Kanaan in der norwegischen Musikszene bestens vernetzt und trotz ihres jungen Alters erfahren und versiert. Altes und Neues wird zusammen gebaut und Einflüsse verarbeitet. Während Kanaans frühere Alben eher jazzige und psychedelische Erkundungen waren, mit Ausflügen ins Kraut und gespickt mit freien Improvisationen, kommt das neue Album "Earthbound" wesentlich kompakter, schwerer und rockiger denn je. […]«
Auf der Kanaan-Bandcamp-Website erfahren wir:
»[…] Inspired by bands such as Colour Haze, Hawkwind, Elder, Motorpsycho and Acid Mothers Temple, Earthbound serves up… more […]«.
Die Athletics Studios im Süden Norwegens waren der Tatort der Attacken auf die Trommelfelle des Hörers.
Gitarren im roten Bereich des Fuzz, das Schlagzeug wie ein Donnerschlag nach dem anderen, ein Bass, dessen Saiten nicht mehr schnurren, sondern schnarren und zwischendrin mobilisierte Synthesizer-Sounds à la Hawkwind prägen die Mucke von Kanaan. Allerdings sind die Zutaten der altgedienten Space-Rocker nur eine Beigabe, eine Prise zwischen den Fingern.
Das Trio entwickelt Stimmungen, die das Bild einer von Stacheldraht eingezäunten Seele entstehen lässt.
Das Trio entwickelt einen derart komplexen Klang, für den sonst mindestens vier oder fünf Musiker nötig sind.
Musikalisch ist das Trio phasenweise einerseits erdverbunden, andererseits schraubt sich Kanaan in den Kosmos der Psychedelic. Dabei wählen die Sechssaiter und Co. den direkten Weg in den luftleeren Raum. Irgendwie gibt es keine Zone zwischen Himmel und Erde.
Einen völlig falschen Eindruck der Kanaan-Eruptionen bekommt man ganz zu Beginn, wenn sie einem im verspielt-sinnlichen "Prelude" sanft über die Wangen streichelt.
Danach folgen fast nur noch heftigste Gewitter. Die Person am Seil der Kanaan-Alarmglocke kommt stark ins Schwitzen. Das Trio kennt kein Erbarmen. Oder doch? "Mirage" ist knapp drei Minuten Wellness für die im Grenzbereich zur Erschöpfung befindlichen Seele des Hörers.
Ask Vatn Strøm, Ingvald André Vassbø sowie Eskild Myrvoll sind Fachmänner der Dynamik. Heavy Stoner Rock wird durch spacige Ausflüge konterkariert. Super!
Kanaan entdeckt die rockende Langsamkeit. In der Musikbranche heißt so etwas wohl Doom. Da darf auch der Schlagzeuger durchatmen.
Wie treffend doch die Schlussoffensive "No Stone Left Unturned" betitelt wurde. Fünf Minuten Psychedelic Rock, der durch immer heftiger werdende Dynamik ein letztes Mal in den Weltraum abhebt.
"Earthbound"? Ja, manchmal.
"Earthbound" ist ein sehr anspruchsvolles Album.
Die gigantische Kanaan-Psychedelic, am Stoner Rock angekoppelt, ist Intensität pur.
Die Intermezzi "Prelude" beziehungsweise "Mirage" sind die Ausnahme von der Regel.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.
Line-up Kanaan:
Ask Vatn Strøm (guitars, percussion, oscillations)
Ingvald André Vassbø (drums, percussion, speed Farfisa)
Eskild Myrvoll (bass, synthesizers, Mellotron, guitar)
Tracklist "Earthbound":
- Prelude
- Return To The Tundrasphere
- Pink Fiff
- Bourbon
- Mirage
- Mudbound
- Crash
- No Star Left Unturned
Gesamtspielzeit: 46:00, Erscheinungsjahr: 2021
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