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Breakfast / It’s Time For Breakfast – CD-Review

Breakfast / It’s Time For Breakfast – CD-Review

Und wieder einmal hat Sireena Records tief in der Vergangenheit gegraben und einen Schatz gehoben. Breakfast heißt die Band, die sich 1974 gründete und leider 1979 wieder auflöste, als sich die Musiker anderen Projekten zuwandten.

Schade eigentlich, denn das vorliegende Album strotzt nur so vor tollen Kompositionen. Obwohl in der Zeit des Krautrocks angesiedelt, ist von dieser Richtung nichts zu spüren. "It’s Time For Breakfast" ist das Debütalbum der deutschen Rocker und gleichzeitig auch ihr einziges. Allerdings hat Sireena Records dem Original-Output der damals auf Sky Records erschienenen Platte acht weitere Stücke hinzugefügt, die wohl für ein Nachfolgealbum bestimmt waren.

Überraschend quirlig in bester Jam Rock-Manier startet "Needing You", mutierent erst hin zu einer angenehmen Pop Rock-Nummer, um dann sogar einen Southern Rock-Jam einzuflechten. Der immer wieder starke mehrstimmige Gesang dokumentiert eine weitere Stärke dieser Band. In ähnlichem Fahrwasser bewegt sich "Mother Nature". Hier gemahnt der Southern Rock-Touch an die Marshall Tucker Band sowie an die Winters Brothers Band. Saustark das Gitarrenspiel und nicht minder saustark die gesamte Komposition.

"Joan Parker" ist mit Ferdis Stimme gesegnet, wie man es selten erlebt, zumal im Verbund mit Guntmar Feuerstein und Eberhard Voelz die Vokalabteilung von Breakfast durchaus als genial zu bezeichnen ist. Was damals als – vermeintlicher – Schwachpunkt bei deutschen Bands gesehen wurde, der schulenglischhafte Gesang nämlich, ist hier kein Thema. Und auch das handwerkliche Können an den Instrumenten gibt Null Anlass zur Kritik. Ja, und was die beiden Verantwortlichen an der Feder, Horst Schreiber und Eberhard Voelz, geleistet haben, ist jedem der zehn Tracks des Originalalbums anzuhören. Bei den Bonustracks stand Voelz nicht mehr zur Verfügung und für Text und Musik war neben Schreiber dann Guntmar Feuerstein verantwortlich.

"Starlight" schließt rhythmisch am Vorgänger an, verwöhnt mit fetten Orgelklängen und schielt etwas in Richtung Steely Dan und Lake. "Everyday", wieder diese fette Orgel und dann diese funkig-jazzige Passage mit dem satten Fundament von Bass und Drums. Schön auch die Wechsel von brodelndem Rock hin zu gemäßigten Strukturen und diesem geilen, lässigen und viel zu kurzen Gitarrensolo. "Silverlight" glänzt mit Double Leads in allerbester Wishbone Ash-Tradition, bis die Komponisten wieder zuschlagen und sich in Richtung 'verspielter Prog' bewegen.

Westcoast-like geht es mit "Hey Girl" relaxt weiter hin zum ruhigen Start von "Thousand Miles" – ein Stück, das in hemdsärmeliger Quirligkeit mit toller Hookline und beseeltem Gitarrenspiel begeistert. "Let Me Love You" haut in ziemlich die gleiche Kerbe und macht erneut deutlich, dass Band als auch Musik niemals in deutschem Rock der Siebziger zu verorten sind. Die Jungs aus dem Ruhrpott, genauer Dortmund, hatten schon einen irren Output. Das zeigen sie auch abschließend im Rausschmeißer "Tramp", einer Nummer, die vor mehrstimmigem Gesang strotzt und sich im Verlauf zum astreinen Country Jam entwickelt.

Schnitt, es geht an die Bonustracks. Wie anfangs bereits erwähnt, wurde ein zweites Album nie veröffentlicht, aber es gab acht Tracks, die dafür vorgesehen waren. Allerdings wäre diese zweite Scheibe mit verändertem Line-up erschienen. Es soll Unstimmigkeiten gegeben haben und so fehlen ab Track elf Ferdi Kühnel, Eberhard Voelz, Bill Bakine und Jürgen Kampert. Neben den verbliebenen Feuerstein und Schreiber sind nun Bernd Mann, Eckhard Schulz und John Kirkbride im Line-up zu finden. Die beiden Letztgenannten wohl nur als Gastsänger bei drei Stücken.

Musikalisch ist die veränderte Besetzung deutlich zu spüren. Die Stücke sind funklastiger, vorbei die tollen Southern-Ausflüge und vorbei die genialen Gitarrenritte. Schöne Gitarreneinlagen gibt es nach wie vor, nur eben anders. Im ruhigen "You Wish You Knew" zum Beispiel. Auch ist das Markenzeichen, der mehrstimmige Gesang signifikant in den Hintergrund getreten und Ferdi Kühnels Stimme fehlt mir schon auch. Aber nicht falsch verstehen, auch die Bonustracks sind nicht von schlechten Eltern, zeigen aber auf, wie sehr sich die Band nach der Trennung musikalisch verändert hat. Schöne Momente hätte das zweite Album auch gehabt, wie zum Beispiel "Roads", ein herrlich bouncender Jam mit gekonnter Saxofoneinlage.

Breakfast und ihr "It’s Time For Breakfast" ist eine dieser Platten, die man wohl kaum kennen würde, gäbe es da nicht diese spezialisierten Label, die immer auf der Suche nach Perlen sind. 1976 schrieb das damalige Label Sky zur Veröffentlichung von "It’s Time For Breakfast": »Aus dem Drang heraus, endlich kreative, perfekte und gut arrangierte Rockmusik, die auch den Zuhörer anspricht, zu machen, beschlossen die Musiker von BREAKFAST 1974 ihre Ideen zu verwirklichen«.

Schade, dass das auf Dauer nicht geklappt hat, denn da war schon eine Unmenge an Potential vorhanden. Vielleicht war es die falsche Zeit, vielleicht etwas zu früh; wer weiß? Auf jeden Fall steht nun wieder ein Album im Regal, welches ich gerne Besuchern vorspiele und dann fragen kann »Kennst du die Band?«


Line-up Breakfast:

Tracks 1 – 10:

Ferdi Kühnel (lead vocals, flute, percussion)
Horst 'Molly' Schreiber (guitars, vocals)
Guntmar Feuerstein (organ, piano, synthesizer, vocals, percussion)
Eberhard Voelz (bass, vocals)
Bill Bakine (drums, percission)
Jürgen Kampert (acoustic guitar, vocals)

Tracks 11 – 18:

Horst Schreiber (guitars, vocals, drums)
Guntmar Feuerstein (organ, piano, synthesizer, vocals, guitar)
Bernd Mann (bass, vocals)
Eckhard Schulz (vocals – #13,16)
John Kirkbride (vocals – #12)

Tracklist "It’s Time For Breakfast":

  1. Needing You
  2. Joan Parker
  3. Starlight
  4. Mother Nature
  5. Everyday
  6. Silverlight
  7. Hey Girl
  8. Thousand Miles
  9. Let Me Love You
  10. Tramp
  11. My Old Beat Up Mustang (Bonustrack)
  12. Roads (Bonustrack)
  13. Don’t Want To Know (Bonustrack)
  14. You Wish You Knew (Bonustrack)
  15. The Beginning (Bonustrack)
  16. Ode To The Simple Life (Bonustrack)
  17. Valley Of Love (Bonustrack)
  18. Don’t Stop Me (Bonustrack)

Gesamtspielzeit: 69:39, Erscheinungsjahr: 2021 (1976, Sky Records)

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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Mail: ulli(at)rocktimes.de

3 Kommentare

  1. ebivoelz

    Hallo Herr Heiser,

    live hatte die Band eine unheimliche Power. Wir haben das quer durch Deutschland genossen. Unter anderem war der Event im Olympia-Park München vor 30.000 Fans ein Highlight.

    Bei unserem Gig im Marienkäfer in München war damals David Coverdale (Deep Purple) Gast und war hin und weg wegen Gesang und Power.

    Grüsse

    Ebi Voelz – Breakfast

    1. Ulli Heiser

      Es gibt für einen Rezensenten nichts Schöneres, als Feedback von einer Band zu bekommen. Nach Horst nun auch du, Eberhard. Vielen Dank und ich kann mich nur wiederholen: Sehr starke Musik und das mit Coverdale wundert mich nicht.
      Eine Bitte hätte ich aber: Aus dem Herrn Heiser das nächste Mal unbedingt einen Ulli machen

      Beste Grüße

      Ulli

  2. Horst Schreiber

    Hallo Herr Heiser,
    vielen Dank für Ihren wohlwollenden und schön geschriebenen Artikel .Es freut mich sehr das nach dieser langen Zeit unsere Musik noch ein wenig Beachtung findet und wie es scheint positiv aufgenommen wird.
    Nochmal herzlichen Dank.
    Horst Schreiber – Breakfast

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