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Child / Blueside – CD-Review

'Artifactz 17' aus dem Reich der Kosmischen Artefakte war die erste Scheibe von Child und schon lange ein Bestandteil meiner Sammlung, nun darf ich 'Artifactz 27' ebenfalls willkommen heißen. Was derart kryptisch verschlungen klingt, birgt seine Heimat in einem kleinen, aber feinen Label für Heavy, Stoner, Psychedelic Rock, eine geschäftsmäßige Verbindung aus dem Bilocation Label und Kozmik Artifactz. Und es geht um die Australische Band Child, die uns mit "Blueside" ihr zweites Album vor die weihnachtlich geschmückte Tür legen. Ganz nebenbei, einige schöne Erinnerungen an vergangene Alben und Events verbinden mich mit dem Label-Betreiber auf immer, Klasse, dass ich nun durch das neue Album von Child wieder einmal darauf zurückgreifen darf.

Während der Passatwind uns gelegentlich den Sand der Sahara auch hierzulande um die Ohren wirbelt, muss man vor den roten Wüsten um den Ayers Rock nun wirklich keine Sorge haben. Keine geografische Kraft dieser Erde würde uns mit den heißen Wüsten Australiens verbinden – das müssen Wüstenrocker für uns tun. Das hat ja bei Wolfmother schon ganz hervorragend funktioniert und Child, das Kind, scheint begeistert in diese Fußstapfen steigen zu wollen, auch wenn die Gemeinsamkeiten beider Bands eher rein ethnologisch zu sehen ist.

Doch Vorsicht, allein mit tief gestimmten Saiten wollen wir uns hier nicht auseinandersetzen. Denn das Herz des Child schlägt eigentlich in einem tief düsteren Blues – einem Blues, der in seinem reduziert, gebremstem Auftreten manchmal schon die Grenzen zum Doom überschreitet, ohne dessen tief schwarze Aura wirklich anzunehmen. Nein, auf der "Blueside" kreiseln wir zwischen Heavy Blues Rock, Doom und ein bisschen Stoner, schwebend wie ein mächtiger Adler und archaisch treibend wie die Töne des Didgeridoo. Düster, im Tiefflug, merkwürdig eingebremst, aber voller konzentrierter Kraft.

"It’s Cruel To Be Kind" kommt urbluesig reduziert auf den klassischen Rhythmus mit zwischenzeitlich einschlagenden, krachenden, Breaks und hypnotischem Bass zunächst doomig finster, dann leicht beschleunigt mit einem angriffslustig tief gestimmten, fuzzigen Gitarrensolo, böse wie eine Klapperschlange. Die Sonne brennt erbarmungslos. Gruselblues wie der Soundtrack für eine schwarze Messe. Das ist genau mein Ding!

Verglichen mit dem dunklen Vorgänger phrasiert Mathias Northways Gitarre in "Blue Side Of The Collar" fast versöhnlich friedfertig über dem düster grummelnden Bass von Danny Smith. Auch hier sorgt wieder ein plötzlicher Tempowechsel für den Antrieb, immer aber schön verweilend im Zwölfertakt. Und schon wieder so ein mitreißendes Solo. Knallharte Riffs am Ende, damit hauchen Child der alten Dame Bluesrock schweißtreibend neues Leben ein.

"The Man" ist tief verwurzelter Blues, der fast wie ein Klassiker beginnt. »There´s a man, Lord, that shut me down«. Differenziert akzentuiert und zurückgenommen rhythmisch unterlegt, da möchte man wirklich meinen, in einer traditionellen Bluesnummer gelandet zu sein. Aber dann nimmt der Song Fahrt auf. Quentin Tarantino und Robert Rodriguez sollten in den Startlöchern sitzen, um hier einen neuen Soundtrack zu entdecken. Ja, hier klingt es teilweise ganz stark nach Tito Larriva und seiner Tarantula, nur noch ein ganz klein bisschen giftiger. Und wenn der entschleunigte Doom mit dem Dampfhammer einschlägt, dann treibt uns die Band mit harten Riffs und krachendem Blues den Schweiß von der Stirn ins Hirn. Ein Heavy-Psych-Out auf der Gitarre gibt den fuzzigen Rest in einen Tequila, der mit ein bisschen Rattengift angereichert wurde. Ein echtes Groove-out zum Schluss!

Child sind beileibe kein Kind von Traurigkeit und gehen in ihrem zweiten Album einen Schritt weiter, tief verwurzelt in der Tradition ihrer Vorbilder und ihrer eigenen ersten Gehversuche. Der Blues ist noch erdiger, noch düsterer. Die Wüste lebt.

Ganz besonders hervorheben möchte ich die faszinierend schöne Arbeit des Malers Nick Keller, der für beide Cover der Child Alben verantwortlich zeichnet und mit seinen Fantasy geprägten Bildern und seinem wunderbaren, sehr dezenten Farbenspiel der Musik einen faszinierenden Aspekt hinzufügt. Kozmik Artifactz beweist wieder einmal ein untrüglich gutes Gefühl für tolle Musik, Child mag man sich sehr auf hiesigen Bühnen wünschen.


Line-up Child:

Mathias Northway (guitar, vocals)
Danny Smith (bass)
Michael Lowe (drums)

Tracklist Blueside:

  1. Nailed To The Ceiling
  2. It’s Cruel To Be kind
  3. Blue Side Of The Collar
  4. Dirty Woman
  5. The Man

Gesamtspielzeit: 39:30, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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