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Zone Six / Beautiful – Digital-Review

Zone Six / Beautiful

Wer sich in Deutschland für psychedelische Musik interessiert, der wird einem Musiker aus der schönen Rhön immer wieder über den Weg laufen, denn er hat seine Spuren in zahlreichen Band-Projekten hinterlassen und vertreibt nebenbei coole Musik mit seinem eigenen Label Sulatron. Die Rede ist natürlich von David 'Dave' Schmidt, auch bekannt als Sula Bassana mit dem gleichnamigen Projekt, dazu Kopf in Bands wie Liquid Visions, Electric Moon, Krautzone, Weltraumstaunen oder eben Zone Six. Daves Scheiben gehören schon seit langer Zeit zu meiner Sammlung und Zone Six hab ich vor zehn Jahren auch mal live erlebt.

Dass die Band damals aber schon im Jahr 1997 gegründet wurde, durfte ich nun dem Begleitmaterial zu diesem Album entnehmen und war mir bislang nicht bekannt. Dabei wird "Beautiful" im Mai als EP auf farbigem Vinyl nicht mit neuem Material aufwarten, es handelt sich bei den beiden Longplayern eher um historische Aufnahmen. Nur vier Monate nach dem Debüt-Album, also gegen Ende 1997, entstanden Aufnahmen für ein zweites Album, welches aber in der Form nicht erschienen ist. »Diese Songs waren bislang nur auf der CD "10 Years Or Aural Psychedelic Journeys" (2007) veröffentlicht worden…«, informiert Dave.

Spannend und irgendwie typisch für Zone Six ist die Tatsache, dass wir in den vorliegenden Nummern bereits Veränderungen im Line-up registrieren können, etwas, was der Band in ihrer weiteren Geschichte immer wieder widerfahren sollte. Als Dave damals die Band gründete, holte er sich alte Bekannte von Liquid Visions dazu, Hans-Peter Ringholz an der Gitarre und Claus Bühler am Schlagzeug. Die hier vorliegenden Aufnahmen wurden verstärkt durch den Keyboarder Rusty sowie die australische Sängerin Jodi Barry und erfuhren Sound-technische Veredelung durch das Mastering von Eroc – passend zum fünfundzwanzig-jährigen Jubiläum.

"Something’s Missing" klingt wie der Beginn einer Tauchfahrt in fremde Sphären, durch die Kontrastierung der eintönigen Riffs und der leuchtenden, frei schwebenden Keyboard-Applikationen mit einem klaren psychedelischen Antrieb. Jodis leicht weltentrückte, monotone Stimme macht die Fahrt geheimnisvoll, es entsteht ein sanfter, eintöniger Sog, der dem Trip Hop nicht fremd ist. Aus diesem melancholischen Drift beginnt nun Hans-Peter getragen schön zu elaborieren. Die Licks sind melodisch und vermitteln eine Menge Kraut-Feeling, haben aber auch eine starke Intensität, die uns dehnt wie eine Krümmung im Raum-Zeit-Kontinuum. Zum Ende hin werden die Sounds vorübergehend bedrohlicher und Jodi beteuert immer wieder repetitiv »something’s missing«. Die instrumentale Musik entschleunigt mehr und mehr und nimmt sich zurück, wir versinken ganz langsam im Urschlamm, aus dem wir vor zehn Minuten hervorgekommen sind.

Dave erklärt im Begleitmaterial, dass die Aufnahmen komplett aus einer Improvisation entstanden sind und das hört man auch. Die Interaktion in solchen Sessions zwischen den Musikern ist ein hoch spannender, schöpferischer Akt, Bands wie Space Debris begründen ihr komplettes Konzept auf solche Vorgehensweise. Auch Dave Schmidt lebt stark nach diesem Prinzip, egal mit welcher Band er gerade unterwegs ist.
"Beautiful" knüpft an seinen Vorgänger an, die Textzeile wurde bereits dort intensiv verwendet, so dass ich anfangs dachte, die Songs wären in der falschen Reihenfolge abgebildet. Die Ausprägung der Hooklines ist hier aber von Beginn an deutlich prägnanter, auch Daves Bass drängt markanter in den Vordergrund, die verspielten Keyboards dürfen erst in der zweiten Hälfte der Improvisation ganz leicht aufbegehren, ein wenig mystisch und immer noch in schillernden Farbsprenkeln. Abermals ist dies der Startschuss für ein psychedelisch spaciges Gitarrensolo. Die Rhythmus-Fraktion gibt in diesem Fall aber mehr und mehr Gas und fordert den Sechssaiter zu fuzziger Arbeit. Jodi läutet mit einer letzten Gesangspassage den Bremsvorgang ein, wir treiben nur noch dahin wie ein Stück Rinde auf einem sanften Gewässer. Im Grunde kann man beide Songs als eine Improvisation über dem gleichen Thema verstehen, der strukturelle Aufbau ist nahezu gleich.

Ich liebe die Musik von Dave Schmidt und ich mag seine musikalische Philosophie. Darum bin ich hoch erfreut, dieses Stück seiner Musikgeschichte, welches mir bislang noch nicht bekannt war, nach so langer Zeit doch noch kennengelernt zu haben. Vor vielen Jahren hat Dave mir mal erzählt, dass er sehr gern raus geht in die Natur. Kann ich gut verstehen und es war und ist immer solche Musik mit hohem Psych-Faktor, die in mir aufkommt, wenn ich im Wald bin oder an einem Berghang sitze. Das Meditative solcher Kompositionen kann man auch in der Natur erfahren, wenn man es denn spürt.


Line-up Zone Six:

Dave Schmidt (bass)
Hans-Peter Ringholz (guitar)
Claus Bühler (drums)
Rusty (keyboards)
Jodi Barry (vocals)

Tracklist "Beautiful":

  1. Something’s Missing
  2. Beautiful

Gesamtspielzeit: 23:04, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Paul Pasternak

Hauptgenres: Psychedelic Rock, Stoner Rock, Blues Rock, Jam Rock, Progressive Rock, Classic Rock, Fusion

Über mich

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