Hagen liegt scheinbar neuerdings in der Wüste im Westen der USA bzw. im Wilden Westen und nicht in Nordrhein-Westfalen. Dieser Gedanke könnte beim Hören der CD "Vultures" von Pariahlord kommen, einem Stoner / Doom Metal-Trio aus Hagen.
Mein erster Kontakt mit diesem war das Video zu "Dead Man’s Hand" – und damit hatten sie mich. Denn in dem gezeichneten Video werden die drei Musiker in eine Wildwest-Story versetzt. Klasse Idee und gelungene Umsetzung des Textes – da können viele größere, bekanntere Bands nicht mithalten. Das andere, zuvor veröffentlichte, Video zum Titeltrack "Vultures" ist dagegen optisch schlicht gehalten, was natürlich völlig in Ordnung ist, denn es geht ja darum, die Musik vorzustellen.
Bevor ich weiter auf die aktuelle Scheibe eingehe, ein kurzer Blick zurück: Gegründet haben sich die 'ausgestoßenen Herren' im Jahr 2019 und 2020 wurde die erste EP "Embrace The Misery" veröffentlicht.
2022 erschien nun "Vultures" und legt gleich mit bereits erwähntem gleichnamigem Song recht flott los, gefolgt von dem etwas gebremsteren / doomigeren "Dead Man’s Hand", das mich auch ohne Video fasziniert durch intensiven Gesang. Natürlich lebt die Musik auch hier hauptsächlich von den schweren Riffs, doch diese treten immer wieder in den Hintergrund, um Carstens Stimme Raum zu geben, beim Refrain (»If you don’t know who I am / I’m the gunslinging dead eye man«) vermischt sich beides zu einem gelungenen Gebräu. Heavy, fuzzy – stark verzerrte Gitarren beherrschen das Klangbild, erzeugen stonertypische Staubigkeit, treiben die Songs voran wie auf einem Ritt durch die Wüste.
Die Musiker reiten / fahren in die Vergessenheit (»Ride with the devil, son / Drive right into oblivion«) in einem "Super Mega Ultra Van" – gerade in der zweiten Hälfte bietet dieser Song Melodien, die sich festkrallen wie ein Geier in seiner Beute.
"This Is The Voice Of…" ist ein gesprochenes Stück, was rein musikalisch gesehen nicht so spannend ist, jedoch Sinn macht, denn es stellt die Einleitung (nämlich die Botschaft selbst) zu "Vrillon" dar. Ja, damit ist mysteriöse Mitteilung gemeint, die im Jahr 1977 das britische Fernsehen unterbrach, und in der (angeblich?) Außerirdische die Menschheit warnen. Der Song greift dies textlich auf: »Transmission sent / We have but a short time / This chance won’t come again / Keep watching the skies«. Musikalisch reizvoll ist hier neben dem Anfangsriff, das sich im weiteren Verlauf verstärkt, die hypnotisch wiederholte Zeile »What if they were right«. Das Stück überzeugt durch geschickten Aufbau, der schon etwas ins Progressive geht.
"Valley Of The Roses" danach wirkt stellenweise leicht psychedelisch. Pariahlord gelingt es vor allem in der zweiten Hälfte der Scheibe, sich im Terrain des Stoner Rocks nicht nur auf ausgelatschten Pfaden zu bewegen, sondern auch mal etwas beiseite davon eigene Wege zu gehen (dies gilt ebenso für die Lyrics, da sind durchaus kritische und nachdenkliche Inhalte dabei), sich dabei jedoch nicht zu weit zu entfernen. Ruhige und heftigere Momente wechseln dabei gekonnt.
Fazit: "Vultures" hält, was das Cover verspricht, und entspricht der Musik, die ich nach dem Motiv mit dem dreiköpfigen Geier (coole Idee bei einer dreiköpfigen Band) erwartet habe. Auch wenn sich Pariahlord vorwiegend in der eher staubigen Schublade Stoner bewegen, wirken sie doch nicht angestaubt, sondern schaffen es, eigene Akzente zu setzen und sich nicht zu sehr von Genre-Grenzen fesseln zu lassen. Was dabei entsteht ist mindestens unterhaltsam, oftmals reizvoll und fesselnd.
Line-up Pariahlord:
Carsten Schmitt (Gitarre, Gesang)
Jan Kurtze (Bass)
Phil Röttgers (Schlagzeug)
Tracklist: "Vultures":
- Vultures (4:45)
- Dead Man’s Hand (6:39)
- Super Mega Ultra Van (8:05)
- This Is The Voice Of… [feat. Robert Kingham & Stephen Coates] (3:48)
- Vrillon (6:46)
- Valley Of The Roses (7:12)
- Halcyon Pt. I (2:01)
- Halcyon Pt. II (6:40)
Gesamtspielzeit: 45:56, Erscheinungsjahr: 2022
Neueste Kommentare