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Instrument / Sonic Cure – CD-Review

Instrument / Sonic Cure

"Sonic Cure" ist bereits das vierte Album der Münchner Band Instrument. Vorgängeralben sind "Instrument" (2010), "Olympus Mons" (2012) und "Read Books" (2014). An der zeitlichen Abfolge der Veröffentlichungen lässt sich gut erkennen, dass zwischen dem bisher letzten Album und dem Nachfolger acht Jahre vergangen sind. Auch durch Corona, aber eben nicht nur. In der Band gab es keine Unstimmigkeiten. Seit Gründung agieren Markus Schäfer (Gesang, Bass, Gitarre), Nico Sierig (Gesang, Schlagzeug) und Hubert Steiner (Gitarre) zusammen und haben sich mit den Produktionen stets weiter entwickelt.

Im Pressetext lesen wir zu "Sonic Cure": »Draußen stand die Welt still, flatterten Absperrbänder um Spielplätze, blieben die Bühnen der Welt leer und unbespielt und in München-Schwabing saß da einer und schrieb und spielte und tüftelte«. Dieser kurze Auszug verrät anschaulich, dass es offensichtlich genug Künstler gab, die in einer gewissen Beziehung gestärkt aus der Pandemie hervorgegangen sind. Weiter lesen wir: »Und klar, es war auch eine Flucht, eine Ablenkung davon, dass die gesamte Veranstaltungsbranche, in der nicht nur Markus tätig ist, in einen nie dagewesenen Abgrund blickte. Ein Hurra auf die Musik und die Kreativität, ohne die sich da wohl ein Schlund aufgetan hätte.« Mit seinen Bandkollegen enterte der Bandchef den Probenraum und erhielt in kollektiver Eintracht »Heilung für zwei Jahre Entbehrungen«.

Ist es ein Ausdruck von Wut, ist es eine Zäsur oder ein Neubeginn, was wir hier musikalisch hören? In jedem Fall lernen wir eine Combo kennen, die positiv überrascht und kein musikalisches Einerlei hinterlässt. Post Rock öffnet sich als Schublade, obwohl es eigentlich dafür keine gibt. Es ist vielmehr ein Sammelbegriff für unterschiedliche Spielarten des Rock, die einerseits mit Alternative- oder Indie Rock verwandt sind, andererseits Anleihen an den Progressive Rock und Space Rock der 70er Jahre bieten oder sich auf den Krautrock beziehen, wie wir bei Wikipedia nachlesen können.

Das Genre entwickelte sich zur Jahrtausendwende und steht gewöhnlich für gesanglose Gitarrenmusik, epische Längen, eine ausgedehnte Laut-Leise-Dynamik und eine dominante Strophe-Refrain-Strophe-Struktur. Diese Markenzeichen gelten als typisch für Post Rock und sind auf "Sonic Cure" durchaus an vielen Stellen auszumachen.

Parallelen mit dem Progressive Rock ergeben sich allein schon aufgrund der Spiellänge. Acht der elf Titel sind länger als fünf Minuten, der längste Track ("See You On Groove Planet") hat eine Spielzeit von achteinhalb Minuten. Musikalisch ist das Trio bestens aufgestellt. Dies zeigt sich durch das fast jazzig anmutende, rhythmisch vertrackte Rock-Schlagzeug, das Nico Sierig in Perfektion beherrscht. Markus Schäfers riff-lastiger Bass und Hubert Steiners komplex harmonisierende Gitarre sind von einer solchen Zeitlosigkeit, die beispielsweise einen Titelsong reifen lässt, der nicht nur durch Körper und Mark geht, sondern gleichzeitig den Hörer dynamisch, mitreißend, freudig und hoffnungsvoll mitnimmt. Dieses gute Gefühl nimmt das folgende Instrumentalstück ("We Don’t Have To But We Can") auf. Auf eine weitere Besonderheit stoßen wir beim fast nahtlosen Übergang zu "Safe Travels", einem weiteren Instrumental. Dieses Lied ist für ein Trio eine starke Leistung.

Bei "Beer An A Shot" greift Markus Schäfer zur Akustikgitarre und singt in klassischer Singer/Songwriter-Manier über das Kennenlernen seiner Frau. Ein Beleg dafür, dass es gut ist, wenn sich Musiker nicht immer zu ernst nehmen und auch einmal links und rechts des Wegs etwas wagen. Das macht den Sänger sympathisch, aber auch die gesamte Band, die ein überzeugendes Album vorgelegt hat – verankert im Post Rock, letztlich aber in guter Rock-Musik-Tradition.

Textlich legen Instrument die Finger in die großen und kleinen Wunden der Gesellschaft, besingen den Konsumwahnsinn im Angesicht der Klimakatastrophe ("Another Man’s Ruin"), lassen sich über unfreundliche Nachbarn aus ("Good Neighbour") und arbeiten die Corona-Pandemie auf ("Home").


Line-up Instrument:

Markus Schäfer (Gesang, Bass, Gitarre)
Nico Sierig (Gesang, Schlagzeug)
Hubert Steiner (Gitarre)

Tracklist "Sonic Cure":

  1. Another Man’s Ruin
  2. Good Neighbour
  3. Sonic Cure (Long Version)
  4. We Don’t Have To But We Can
  5. Safe Travels
  6. Home
  7. Rebellious Heart
  8. See Yo On Groove Planet
  9. Minor Threat
  10. A Beer And A Shot
  11. The 21st Year

Gesamtspielzeit: 65:36, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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