Denkt man an große Persönlichkeiten, die den Blues früher prägten, denkt man zum Beispiel an Charley Patton oder Robert Johnson. Dazu gesellen sich natürlich noch B.B. King, Muddy Waters, John Lee Hooker, Etta James und Howlin' Wolf. Selbstredend lässt sich diese kleine Liste beliebig verlängern.
Das auf Bear Family Records veröffentlichte Howlin' Wolf-Album "Boy, You Got The Blues There" ist in mehrerlei Hinsicht besonders.
So schreibt das Label dazu unter anderem: »[…] Howlin' Wolfs früheste Aufnahmen (1951 bis 1953), aufgenommen von Sam Phillips in seinem Memphis Recording Service und seinerzeit unveröffentlicht! Alternative Versionen und unveröffentlichte Master, die erst mehr als 25 Jahre später entdeckt wurden. […] Willie Johnsons Gitarrenverstärker hat diese Sessions nur knapp überlebt. Von den Originalquellen digital kopiert und mit modernster Studiotechnik aktuell für die Vinyledition neu gemastert. Linernotes und diskografische Details im illustrierten Booklet vom britischen Bluesexperten und -historiker Martin Hawkins. […]«
Hammer! Welch eine Stimme, welch ein Groove, welch eine Rauheit. Da werden die Leute vor den Lautsprechern schon vom ersten Song ("(Everybody’s) In The Mood") in Staunen versetzt. Schon hier fügen sich alle Puzzleteile in ein Blues-Gesamtbild zusammen.
Hammer! Dieser Willie Johnson an der Gitarre ist echt eine Wucht. Er spielt sein Arbeitsgerät mit einem nicht von der Hand zu weisenden Fuzz und der trägt nicht unerheblich zur Rauheit des Howlin' Wolf-Blues bei. Wenn im Pressetext von »[…] dem kongenialen Gitarristen Willie Johnson […]« gesprochen wird, kann man diese Äußerung nur zweifach unterstreichen.
Okay, natürlich ist da der Protagonist, der mit seiner individuellen Stimme – auch mal etwas cool, lässig intoniert – und mit seinem Harp-Spiel zur besonderen Atmosphäre sowie Aufmerksamkeit beiträgt.
Wenn der Zwölftakter an vielen Stellen groovt, dann swingt er herrlich in "My Trouble And Me".
Verschärft wird die Stimmung durch das Saxofon und nicht nur hier geben dann die Tastenleute den Nummern einen besonderen Pfiff. Das ist kein Honky Tonk-Geklipper in einer runtergekommenen Kneipe. Die Personen an den schwarzen und weißen Tasten befinden sich auf Augenhöhe mit den Emotionen eines Howlin' Wolf.
Apropos Augenhöhe. In drei Songs legt Chester Burnett aka Howlin' Wolf sein kleines Instrument beiseite und lässt einen gewissen James Cotton durch die Kanzellen atmen. Er war Anfang der Fünfzigerjahre noch keine zwanzig Jahre alt. Respekt!
Bei nicht wenigen Liedern mischen Saxofon und Posaune mit.
Die Holz- und Blechblasinstrumente stehen phasenweise nicht nur die Fülle des Hintergrunds, sondern spielen sich auch in den Vordergrund.
Howlin' Wolfs "Boy, You Got The Blues There!" ist großartig.
Howlin' Wolfs "Boy, You Got The Blues There!" wird jedem Fan, der sich für die Geschichte des Blues interessiert, wärmstens empfohlen.
Mit seinen Informationen in englicher Sprache und den vielen Bildern rundet das Booklet das gesamte Album ab.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.
Line-up Howlin' Wolf:
Chester Burnett (vocal, harmonica)
James Cotton (harmonica – side 1 – #1,5, side 2 – #4)
Willie Johnson (guitar – side 1- #1,2,3,4,5, side 2 – #1,2,3,4,5)
Willie Steel (drums – side 1- #1,2,3,4,5, side 2 – #1,2,3,5)
Albert Williams (probaly piano – side 1 – #4, piano – side 1 – #1,3,5, side 2 – #4,5)
L C Hubert (piano – side 1 – #1,5, side 2 – #2,3,4)
Bill Johnson (piano – side 1 – #1,2,5, side 2 – #1,4)
Walter Smith (trombone – #side 1 – #2, side 2 – #1)
Charles Taylor (tenor saxophone – #side 1 – #2, side 2 – #1)
Unknown (tenor saxophone – side 1 – #3, side 2 – #2,3,5)
Tracklist "Boy, You Got The Blues There!":
Side 1:
- (Everybody’s) In The Mood (2:58)
- My Last Affair [Take 1] (3:03)
- Look-A-Here_ Baby (2:08)
- How Many More Years (2:29)
- Bluebird Blues (2:48)
Side 2:
- Oh Red [Take 2] (2:39)
- Chocolate Drop (2:41)
- My Trouble And Me (3:15)
- I Got A Woman/Sweet Woman (3:27)
- California Boogie (2:58)
Gesamtspielzeit: 13:26 (Side 1), 15:06 (Side 2) Erscheinungsjahr: 2023 (1951/1952)
1 Kommentar
Wolfgang
23. Mai 2023 um 16:25 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Danke, Jo, es ist für mich stets sehr erfreulich, wenn die Fahne des guten alten Blues hochgehalten wird. Denn das, was heute oft als Blues verkauft wird, ist es eigentlich nicht mehr. Darum, here’s to the Wolf und auf alle Anderen, die den Blues auf diese Weise spielten und auf Jene, die dieses heute aufrecht erhalten! Und auf Dich natürlich, dass Du den Wolf wieder in den Fokus rückst!