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Overhead / Telepathic Minds – CD – Review

Overhead / Telepathic Minds

Die finnische Band Overhead kann man in das Genre Prog Rock / Art Rock verfrachten. Die 1999 gegründete Formation um den Sänger Alex Keskitalo veröffentlichte im Jahre 2002 ihr Debüt-Album "Zumanthum", nun liegt ihr aktuelles Werk in Form einer Doppel-CD vor, "Telepathic Minds". Erhältlich ist es ebenfalls als Doppel-LP und als Download.

Wie auch bereits bei vorherigen Alben strahlt der aktuelle Sound wiederum klar in die Richtung der siebziger und der damaligen Spielart des Prog Rock aus, allerdings auch mit weiteren Nuancen. Zum Beispiel gibt es durchaus auch einmal härtere Gitarren-Breitseiten zu vernehmen, ein wenig Hard Rock, Space Rock schimmert immer wieder durch. Ansonsten denkt man unwillkürlich an Bands wie Genesis oder auch Pink Floyd, oder modernere Spielarten von Marillion, Anathema oder Porcupine Tree.

Die Band verfügt über eine Besonderheit, und zwar ist das der Einsatz von Flöten: Sänger Keskitalo setzt das Instrument hin und wieder soundgestaltend ein. Mit "War To End All Wars" wird sogleich ein wuchtiges Zeichen gesetzt, sehr keyboardlastig wird man kraftvoll in Beschlag genommen, mit druckvollem Sound sind die fast neun Minuten ausgefüllt.

"Ghosts From The Future" ist noch länger, doch die knapp dreizehn Minuten unterteilen sich in zwei Abschnitte, zunächst schleppt sich der Song dahin mit kraftvollem Ausdruck, bis er ab etwa Minute Vier an Fahrt aufnimmt und auch die Flöte erklingt. Doch der Song wandelt sich erneut und wird lockerer und swingender, inklusive orientalischer Passagen, die einen besonderen Anstrich darstellen. Insgesamt wirkt dieser Track wie eine kleine Suite, dermaßen viel Abwechslung bietet er.
"Sail Across The Universe" segelt dann nun doch in eine andere Richtung und ist härter und rockiger, recht zupackend, und erneut kann Keskitalo mit der Querflöte wichtige Akzente setzen als Gegenpol zu den hart fetzenden Gitarrenbreitseiten. Doch mit "The Pilot’s Not Fit To Fly" muss er sich nicht dem 'Kampf' stellen, denn hier hat er einen ersten größeren Auftritt mit dem Instrument.

Mit 5:50 Minuten ist "Sleep Tight Sweetheart" das kürzeste Stück der ersten CD, mich überzeugt dieses am wenigsten hinsichtlich seines Ausdrucks, es wirkt auch ein wenig nervös im Aufbau.

So, auf zur zweiten CD des Doppelalbums: Die startet mit dem Titelsong, der auch gleich der längste ist, mit 17:18 Minuten. Ja, hier bietet sich natürlich die Gelegenheit für die Band, all' ihre Ideen und Tugenden zu verpacken, dabei hat man die Komposition in fünf Abschnitte aufgeteilt, und diese wirken wie ein Sammelbecken aller verschiedenen Elemente, die die Band zur Schöpfung ihres Stils anwenden, zwischen Ruhe und Wildheit, Verträumtheit und druckvollen Aktionen finden wir so manche Ausprägung, insofern kann man diesen Song als wichtigen Eckpfeiler setzen. Wilde Gitarrenritte, dampfende Drums, wabernde Keyboards, Anleihen beim Arena Rock, bei Pink Floyd, Led Zeppelin, viele Nuancen wird man als aufmerksamer Zuhörer vernehmen können, klar – und auch die Flöte darf nicht fehlen. Ja, das kommt wie ein wahres Epos in musikalischer Form.

Dennoch verblassen die restlichen vier Titel der zweiten CD nicht unbedingt. Mit "Tuesday That Never Came" bietet man eine kürzere Nummer, die so auch mit ihrer eingängigen Art für eine Single-Veröffentlichung geeignet wäre, sozusagen 'radiotauglich' ist. "Planet Of Disorder" klingt nun ein wenig wie rockende Jethro Tull, "Sheep Stay Silent" schleppt sich noch einmal schwer dahin. Einen Hauch Led Zeppelin vernehme ich, und mit "Almost Always Near The End" fließt die Stimmung dann wieder in Richtung Genesis, aber auch einige Assoziationen an Camel scheine ich wahrzunehmen.

Letztlich hat es die finnische Band geschafft, im Bereich des Prog Rock ein klares Zeichen zu setzen mit ihrer druckvollen und verspielten Art voller Harmonien und Melodik und sich somit durchaus rühmen kann, ein hohes Maß an Individualität vorweisen zu können. Und das auf hohem Niveau und sehr unterhaltend in seiner Gesamtheit, die sich in vielen Farben des Spektrums darstellt. Im Vergleich zur 2018er Produktion Haydenspark ist der Band mit dieser Doppel-CD ein Schritt nach vorn gelungen.


Line-up Overhead:

Alex Keskitalo (vocals, flute)
Jaakko Kettunen (guitars, keyboards)
Ville Sjöblom (drums)
Janne Katalkin (bass)
Jere Saarainen (keyboards)

Tracklist "Telepathic Minds":

CD 1:

  1. War To End All Wars (8:44)
  2. Ghosts From The Future [(i) Endless Sleep, (ii) Last Chance To Bad] (12:41)
  3. Sail Across The Universe (8:22)
  4. The Pilot’s Not Fit To Fly (9:19)
  5. Sleep Tight Sweetheart (5:50)

CD 2:

  1. Telepathic Minds [(i) Hypnotized, (ii) Random Honesty, (iii) Telepathic Minds, (iv) Back In Time,
    (v) Reprise: Home Again] (17:18)
  2. Tuesday That Never Came (4:03)
  3. Planet Of Disorder (7:18)
  4. Sheep Stay Silent (7:45)
  5. Almost Always Near The End (7:45)

Gesamtspielzeit: 44:54 (CD 1), 44:10 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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