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Dworniak Bone Lapsa / Fingers Pointing At The Moon – CD-Review

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Dworniak Bone Lapsa, wer? So oder ähnlich werden wohl viele Musikfreunde in diesen Tagen reagiert haben, als das Album "Fingers Pointing At The Moon" einen Tag vor Weihnachten 2016 in die Regale der Plattenhändler unseres Vertrauens gelegt wurde. Ging mir auch so. Doch wenn man sich die Liste der Namen anschaut, mit denen diese drei Herren, deren Hausnamen die Band schlicht und undramatisch beschreiben, dereinst schon zusammengearbeitet haben, ahnt man schon eher, mit wem man es zu tun hat: Sting, Paul McCartney oder Mick Jagger und viele andere werden dort aufgeführt. Joe Dworniak, Greg Bone und Chris Lapsa haben sowohl produziert als auch auf diversen Scheiben jener Rockelite mitgespielt – Namen, die ausgesprochen neugierig machen.

Die Vorfreude wird sogleich eingelöst. Auf dem Fundament der zitierten Erfahrung konzipiert das Trio mit allerlei kompetenter Unterstützung einen einnehmenden Sound, der ganz unzweifelhaft Erinnerungen an Pink Floyd wach werden lässt. Wohl nicht nur bei mir. Schon der Opener "Mortalman" kommt mit satten elf Minuten voller großartiger Gesangsharmonien sowohl choral als auch einstimmig daher. Entspannt und angenehm zurückhaltende Keyboards führen die sanfte Stimmgewalt elegant durch den Song, veredelt durch einige Trompetenschnipsel, höchst effizient eingespielt von Robert Wyatt. Solche Exkurse habe ich zuletzt in den Neunzigern bei David Sylvian genießen dürfen, seitdem ist mir die Trompete ein sehr lieb gewonnenes Instrument in der progressiven Musik geworden. Hey, und die akustische Gitarre versprüht ein wenig von dem geheimnisvollen Spirit, wie wir ihn bei Genesis etwa in der Zeit von "Foxtrott" vernehmen durften. Der Grundtenor jedoch folgt eindeutig dem floydschen Fahrwasser.

Das nächste Stück, "Home", ist dann ein echter Kracher. Ein dezentes atmosphärisches Intro führt in leichtem "No Quarter"-Feeling in hymnischen Prog, versehen mit akustischen Breaks und einfühlsamen Gesängen, die mich an dieser Stelle schwer an Neal Morse und sein neues Meisterwerk erinnern. Später übernehmen die Keyboards vorübergehend das Kommando und zitieren den Geist von Genesis' spätem Siebziger "And Then There Were Three", nur um überzuleiten in ein schlichtweg überragendes und wunderbar unaufgeregtes Gitarrensolo von epischer Schönheit, Musik, die mit ihrer Wohlfühl-Atmosphäre gefangen nimmt und abdriften lässt. Nick Barrett und Pendragon haben seinerzeit mit "Indigo" auf dem Album "Pure" einen ähnlichen Spannungsbogen geschlagen. Großartig.

"It Only Takes A Second" ist ein wirklich experimentelles kurzes Stück mit spacigen Effekten und Klangkollagen, die mit ihren psychedelischen Gesängen ein wenig an Hawkwind erinnern.

Und dann beweisen die drei Herren Dworniak, Bone und Lapsa in "Funny Farm", wie sehr ihre Musik im Folk ihre Wurzeln findet und wie man daraus eine Art modernes Pink Floyd-Ambiente schafft, mitreißend und irgendwie trotzdem frisch und neu klingend. Die Assoziationen werden wirklich nur aus den Zutaten geweckt, die Komposition bietet Artrock vom allerfeinsten. Herrlich driftende akustische Gitarren, entspannte Hintergrundchoräle und eine schwebende Lead-Gitarre aus bester Tradition tragen den gilmourartigen Gesang, ein relaxt groovendes Saxofon lässt endgültig die dunkle Seite des Mondes erleuchten und verliert sich in einem traumhaft schwebenden Piano. Gänsehaut pur.

Der Titeltrack erinnert gesanglich an Roine Stolt (Transatlantic, Flower Kings, Kaipa da Capo) und bietet zusammenfassend mit den schönen akustischen Gitarrenklängen, der reflektierenden Lap Steel Guitar und den eleganten Hintergrundstimmen eine angemesse repetitive Stimmung, so als wollte man komprimiert noch einmal die eigene Philosophie von Musik vermitteln.

Joe Dworniak, Greg Bone und Chris Lapsa ist in dieser neuen Formation ein Debutalbum gelungen, wie es sich für solche alte Haudegen gehört. Reif, relaxt und ohne Geprotze – dafür mit vielen Momenten purer Schönheit und Eleganz, progressive Musik jenseits von Mainstream und eingefahrenen Wegen, aber dennoch mit einer starken Beziehung zu Pink Floyd. Und die sind ja ganz sicher keine so schlechte Orientierungshilfe. Ein fantastisches Album für Prog-Fans!


Line-up Dworniak Bone Lapsa:

Chris Lapsa (vocals, rhythm guitar, moog, synthesizer)
Joe Dworniak (bass, synthesizer, backing vocal)
Greg Bone (lead guitar, backing vocal)
Jim Watson (piano, organ)
Danny Cummings (drums, percussion, backing vocal)
Melvin Duffy (pedal steel guitar)
Phil Smith (sax)
Dorie Jackson (backing vocal)

Tracklist "Fingers Pointing At The Moon"

  1. Mortalman
  2. Home
  3. It Only Takes A Second
  4. Funny Farm
  5. Finger Pointing At The Moon

Gesamtspielzeit: 43:59, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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