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Eyesberg / Masquerade – CD-Review

Eyesberg/Masquerade

Die konstruktiven Rock-Geister die einst aus der Not eine Tugend machten und dem unverschämten Saitengeschrammel der Punks süßlichen Tasten-Wohlklang samt kollektiver Virtuosität entgegensetzten, leben und mehren sich.
Nach wie vor dem Makel der Nerdhaftigkeit entgegenwirkend, frönen nun hierzulande unvermindert Musiker den musikalisch bildungsnahen Erbteilen rockistischer Erstbesteigern wie Genesis oder IQ, und hinterlassen nicht selten gewisse Eigennoten.

Nun zählen die hessisch-britischen Neoprog-Altersstarrsinnigen Eyesberg beileibe nicht mehr zu den Genre-Grünhörnern, sondern komponierten schon Ende der Siebziger, damals noch zu fünft, ihre phantasievollen, eigenen Abwandlungen jener musikalischen Blaupausen.
Nach mehr als drei Jahrzehnten Praktikum bis zum Studio-Debüt 2014, dazu noch auf Triogrösse geschrumpft, sieht man mal von den Gast-Musikussen ab, kündet der nun vorliegende Nachfolger vom ungebrochenen Kreativitätswillen dieser wohlgereiften Notenhüter.

"Masquerade" ist deshalb wohl mehr als ein schnell zusammengeschustertes Resultat anhaltend gärender Unrast, für die Protagonisten jedoch die ausreichende Ernte ihrer kompositorisch eigenhändig gezüchteten Vollfrucht. Die Bilanz nach dem ersten Hördurchlauf, vermittelt dann auch zahlreiche Momente und Klangwiesen, in deren wogenden Dichte sich der geneigte Neoprogist durchaus gern wälzen mag.

Wie selbstverständlich regieren dabei Norbert Podiens Spezies exemplarischer Tasten-Budenzauber sowie Malcolm Shuttleworths – mit Emotions-Wellness gepriesenes Haus-Englisch – die musikalisch etwas stimmungsgedämmten Songdramaturgien. Nichtsdestoweniger bildet der virtuos und nachdrücklich aufspielende Hofstaat das rhythmusgebende Podest jener erwähnten 'Obrigkeit', wobei Georg Alfters wohl quotisierte Saiten-Webereien sowie Spocks Beards Schießbuden-Regent Jimmy Keegans ausgeprägtes Felle-Handling den nötigen Schmackes einbringen.

In erster Linie folgen die Herren auf ihrem neuesten Studio-Wurf musikalisch den vorgegebenen Maßgaben energetisch-retromaner Progrock-Verfechter und kosten ihre handwerklichen Erfahrungsschätze, samt den emotionsgeladenen Früh-Collins-Stimmungskanonaden aufs limbische System, gnadenlos aus. So garantieren eine gesunde Dosis Klaviatur-Fondant an aufgeschlagener Melodien-Margarine und Firmament-anbetenden Gesängen voll seelenvernarbender Themen von Flüchtlingen oder kollektiver Geiselnahmen sozialer Medien, schon das halbe Quäntchen klanglicher Spurenelemente neoprogressiver Platzhirsche.

Ein für geltungsstrebende Genre-Küren durchaus unverzichtbarer Finale-Brocken mit "Wait On See" vereint nochmals das auf ewig verhätschelte Streichelzoo Progjünger-juckender, dennoch wohlgesinnter 'Filzläuse', genährt von multimelodischen Tasten-Orgien, wohlgefeiltem Gitarren-Geschmeide und exaltierten Sanges-Schöpfungen und stimmt letztlich noch jeden Interessenten mit Hang zum Traditionellen versöhnlich.


Line-up Eyesberg:

Georg Alfter (guitar, bass guitar)
Norbert Podien (keyboards)
Malcolm Shuttleworth (lead&backing vocals)

Guests:
Jimmy Keegan (drums)
Oliver Wenzler (percussion – #3)

Tracklist "Masquerade":

  1. Joke On You
  2. Come And Take A Look At My Life
  3. Faceless
  4. Here And Now
  5. Storm Flood
  6. Steal Your Thunder
  7. Wait And See
  • I. Overture
  • II. The Beginning Of The End
  • III. Talking To Father Me
  • IV. I Told You So
  • V. The Last Demise

Gesamtspielzeit:57:54, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Ingolf Schmock

Als gebürtiges Mauerkind zudem frühzeitig mit westlichen Rock'n Roll-Ultrakurzwellen-
Oddyseen und Beatclub-Aufklärungen sozialisiert, galt mein musikalisches Verständnis
deren meist langmähnigen Aussenseitern. The Who, Small Faces, The Move...,später dann
Hartglötzer wie Black Sabbath, Deep Purple&Co., zu guter Letzt Schwurbel-Pioniere
ala Yes, Genesis, ELP...waren (sind) meine Helden sowie Seelenklempner.
Heute liegt mein Hauptaugenmerk (auch Hierzulande) auf sowohl handgemacht Rockistischem
mit Engagement und Seele, als auch Prog-gebrandmarkten virtuos-Verspieltem.

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