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Mothership / High Strangeness – CD-Review

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Schon bei der Bemusterung hat mir Kollege Markus zu dieser Scheibe Hoffnung gemacht: »Du wirst Deinen Spaß damit haben«. Er musste es wissen, denn er hat seinerzeit das Erstlingswerk der Texaner in seinem Player gehabt. Klar habe ich nachgeschlagen und viele interessante Querverweise auf so namenhafte Reptilien wie Motörhead, Iron Maiden oder auch Thin Lizzy gefunden. Wenn das mal keine Empfehlung ist.
Groß war auch die Freude, als mir klar wurde, dass niemand anderes als mein alter Freund Matte mit seiner Booking-Agentur Sound Of Liberation für die europäische Bühnenbelegung der heftigen Herren aus dem amerikanischen Wüstenstaat verantwortlich zeichnet. So viele gute Vorzeichen? Na dann, nichts wie ran.

Den ersten Pluspunkt erwirbt das Album übrigens schon mit der Cover-Art. Auf einem interstellaren Felsen thront eine geheimnisvolle Schöne, flankiert von zwei stolzen Löwen. Dahinter ein Kosmos von leuchtenden Farben und fließenden Formen, man fühlt sich in dieser poppigen Gestaltung ein wenig in die Welt der altbekannten Weltraumheldin Barbarella versetzt.

"High Strangeness", der Titelsong haut mich erst einmal aus den Schuhen, klingt er doch so gar nicht wie erwartet, sondern ganz und gar wie die psychedelischen Eruptionen meiner lieben Freunde von The Machine. Hab ich da vorher falsch recherchiert?
Nein, die Dinge nehmen nun ihren Lauf. Im Nachgang betrachtet gefällt mir gerade dieser faszinierende Spannungsbogen des gesamten Albums. Nach dem schon beschriebenen psychedelischen Start des Mutterschiffs, dampfen die Antriebsmaschinen auf Hochtouren und erst zum Finale entschleunigen sie uns mit einem wirklich köstlich doomigen Drift. Touch Down, der Adler ist gelandet, möchte man sagen. Das Power-Level, ohnehin im roten Bereich angesiedelt, fährt somit zu Beginn und Ende rauf und runter, gibt damit dem ganzen Konstrukt fast so etwas wie die Form einer fliegenden Untertasse. Cool.

Schwere Stonerriffs belagern den überraschten Einsteiger in "Ride The Sun" und bringen ihn mit sabbathtreuen Grooves in die erwartete Stimmungslage. Und wenn aus einem schön kreiselnden Break heraus der Rhythmus in ein treibendes Solo hinein kulminiert, kommen erste metallene Fragmente in die Umlaufbahn des Motherships.

Gerade rechtzeitig, denn im "Midnight Express" reisen wir vollends in einen teilweise recht doomig aufbereiteten, aggressiven Metal-Orbit, der aus einem Kometenschweif stonergeschwängerter Raumkörper beschossen wird. Der Gesang nimmt diese krächzenden, dröhnenden Kollisionen auf und die Gitarre schwingt sich auf in ein wild ausuferndes Crescendo zu einer wahren Sternenkollision. Da kracht es ganz hübsch im Gebälk.

"Crown Of Lies" ist Heavy Rock vom Feinsten, mit Analogien der schon zitierten Urväter dieser Zunft und schließt mit einer gewaltigen, psychedelischen Gitarre seine Pforten, nur um in "Helter Skelter" mit neuerlichen Killer-Riffs einzuheizen. Mit dem Beatles-Song gleichen Titels hat diese Nummer übrigens nichts gemein. Dafür knallt uns die Gitarre ein neuerliches Power-Solo durch die längst auf Empfang eingestellten Ohren, alles ganz präzise und prägnant komprimiert und in drei Minuten abgearbeitet. Mit langen Vorreden halten die Jungs sich wahrlich nicht auf.

Aber dann nimmt uns in "Eternal Trip" ein einschneidendes Break gefangen und führt völlig unerwartet in einen seltsam melancholischen Status. Eine frei agierende Gitarre meditiert mit verträumt reflektierendem Duktus, Erinnerungen an Eddy van Halens Twister-Ausklang werden wach und speziell bei mir irgendwie auch an eine alte Schulfreundin. Ein junges Mädchen aus meiner Klasse damals, mit hautengen Jeans, wehendem weißen Oberhemd und lodernd, lockig schwarzem Haar, den Blick gebannt und voller Sehnsucht in die Zukunft gerichtet. Ich war vierzehn Jahre alt und total verschossen. Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter, die Sensoren für den Gefühlsmodus im Cockpit des Raumschiffs schlagen maximal aus. Hier befinden wir uns vorübergehend im Auge des Hurricanes, was das Tempo betrifft. Die Intensität hingegen, die nimmt gefangen.

"Wise Man" hält eine kurze Passage auf der Sechssaitigen bereit, die ganz unverhoffte Assoziationen an den "Simple Man" der legendären Lynyrd Skynyrd bereithält, einem der besten Rocksongs aller Zeiten. Ist da die stilistische Annäherung des Titels ein Zufall? Keine Ahnung, der Rest des Songs hat mit dem genannten Oldie nichts zu tun, geil ist das trotzdem.
Doomiger Heavy Psych erwartet uns im abschließenden "Speed Dealer" und erscheint ein wenig wie ein Rückgriff auf meinen Lieblingssong "First Unique Prime" einer kleinen Kapelle aus Rotterdam. Ein entschleunigter Ausklang durch ein urwüchsig simplifiziertes Riff, mit archaischer Beständigkeit ins Hirn geprügelt und mit eskalierenden, gegenläufigen Gitarrenlinien solistisch auseinander gerissen, bringt uns nach wirklich schweißtreibenden Minuten in den Lande-Modus.

Fetteste Riffs, wilde Gitarrensoli und ein schönes Konzept zwischen psychedelischem Stoner und mächtigem Heavy Rock reißen mit, lassen den Schweiß auf die Stirn treten und die klassischen Alte-Männer-Mitmach-Marotten zu einem muskulären Parforceritt kulminieren. Eine Power, wie wir sie nicht alle Tage geboten bekommen.
Wie schrieb Kollege Markus zum Erstlingswerk einst: »Eine sehr geile Scheibe«. Dem kann ich mich in der Betrachtung von "High Strangeness" wirklich uneingeschränkt anschließen. Dieses Mutterschiff darf jederzeit auf meinem Balkon andocken.


Line-up Mothership:

Kelly Juett (guitar, vocals)
Kyle Juett (bass, vocals)
Juston (Judge) Smith (drums)

Tracklist "High Strangeness":

  1. High Strangeness
  2. Ride the Sun
  3. Midnight Express
  4. Crown of Lies
  5. Helter Skelter
  6. Eternal Trip
  7. Wise Man
  8. Speed Dealer

Gesamtspielzeit: 35:45, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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