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32. Oettersdorfer Open Air – Festivalrückblick, 12.07 bis 14.07.2024, Oettersdorf

32. Oettersdorfer Open Air vom 12.-14.7.2024

Dirk Pasold behält den Durchblick. »Wer vermisst seine Brille« fragt der Veranstalter des 32. Oettersdorfer Open Airs wenige Tage nach dem Festival in seinem Status auf WhatsApp. Damit dürfte eine hohe Wahrscheinlichkeit gegeben sein, dass der Träger beziehungsweise die Trägerin der Brillen bei ernthaftem Interesse wieder an das gute Stück gelangt. Vielmehr ist diese Episode, die beileibe keine Randnotiz ist, ein Beleg dafür, dass der rührige Veranstalter nichts dem Zufall überlässt.

Am zweiten Wochenende im Juli lockt das Festival nahe der thüringischen Stadt Schleiz seit 32 Jahren Fans und Musiker auf die Festwiese am Sportplatz in dem Örtchen Oettersdorf. Die treue Fangemeinde ist der Beweis, dass nicht nur die Großereignisse Zulauf haben, sondern unzählige kleine Festivals ihre Daseinsberechtigung untermauern.
Dabei ist nicht entscheidend, wie groß der Austragungsort ist. Es geht vielmehr um das adäquate Angebot und die Frage, wie authentisch die Veranstaltung ist. Insofern ist Oettersdorf nach mehr als drei Jahrzehnten ein ernstzunehmender Platzhirsch.

Hier geht's lang: Seit 32 Jahren spielt die Musik in Oettersdorf

Hier geht’s lang: Seit 32 Jahren spielt die Musik in Oettersdorf

Dirk Pasold bietet für eine solche Veranstaltung beste Voraussetzungen: Der Pächter des Neustädter Wotufa-Saals kennt den Musikgeschmack seines Publikums. Er hält engen Kontakt zu den Bands und so ist es sicherlich kein Zufall, dass vereinzelt Künstler Jahr für Jahr anreisen, darunter die legendäre Bluesband Engerling, die in diesem Jahr am Samstag spielte. Wettertechnisch war zwar alles im grünen Bericht, dennoch war am zweiten Tag auf der Wiese Vorsicht geboten und im Eingangsbereich ausgelegtes Stroh zu finden. Es reicht bereits, wenn es in den Nachtstunden regnet, sodass die Witterung ihre Spuren hinterlässt.

Das aber stört keinen der Besucher. Sie alle wollen nur Musik hören und dies nach Möglichkeit als Gemeinschaftserlebnis. So kommt man schnell zu dem Schluss: Hier wird Musik nicht nur einfach gehört, in Oettersdorf wird sie gelebt. Verheißungsvoll war schon der Auftakt am Freitag. Auf der großen Bühne standen Die Seilschaft und Starfucker, beide aus dem Wotufa-Saal und aus Oettersdorf bestens bekannt. Die Moderationen der Band machten es deutlich: Hier sind Musiker und Hörer gewissermaßen unter sich, man kennt sich. Für einen reibungslosen Ablauf bei diesem Festival ist gesorgt, weil es zwei verschiedene Bühnen gibt, davon eine im Zelt.

Kollektives Konzertvergnügen

Kollektives Konzertvergnügen

Die Seilschaft wurde 1992 als Begleitband des 1998 verstorbenen Musikers und Baggerfahrers Gerhard Gundermann gegründet. Sänger und Gitarrist Christian Haase und seine Kollegen setzen dessen musikalisches Erbe in einer besonderen Weise fort.

Das 32. Oettersdorfer Open Air hat einmal mehr bewiesen: Die Seilschaft vereinen musikalisches Können mit einem einzigartigen emotionalen Faktor. Die Fans wissen dies zu würdigen.

Kurz vor Mitternacht präsentierten Starfucker ihr 90-minütiges Programm. Sänger und Gitarrist Mike Kilian, der als Frontmann der Berliner Band Rockhaus bekannt geworden ist, freute sich ausdrücklich über die zu diesem Zeitpunkt gute Stimmung. Verdienst dieser Formation ist es, dass die Lieder der Rolling Stones in einer Art und Weise gespielt werden, dass deren Musik derart gut beim Publikum ankommmt, auch wenn man kein ausgewiesener Fan der Stones ist. Eine Stunde nach Mitternacht überraschte der sympathische Sänger mit der Botschaft, dass er gerade in seinen 63. Geburtsgag hinein gefeiert habe.

Stones-Cover mit Christian Sorge (links) und Mike Kilian

Stones-Cover mit Christian Sorge (links) und Mike Kilian

Auch die 1998 gegründeten Starfucker spielten vor nicht allzu langer Zeit in Neustadt und auch hier hat sich eine Nähe zum Publikum aufgebaut. Oettersdorf – das ist beim Open Air wie ein große Familie. Jeder Besucher bestätigt das gerne.

Apropos Besucher. Diese sind mit den Bands groß geworden und so ist es nicht verwunderlich, dass das Durchschnittsalter mittlerweile um die 60 Jahre plus liegt. Trotzdem versucht Dirk Pasold, Angebote fürs jüngere Publikum zu kreieren. Dazu gehörten bei der 32. Auflage anno 2024 unter den insgesamt 18 teilnehmenden Bands Speedfolk mit den Transsylvanians oder die niederländische Band The Magic Mumble Jumble.

Oettersdorf ist ohne Übertreibung ein Stück Woodstock-Festival im Miniformat. Die von Hand gezeichneten Liebesgrüße am Bauzaun um das Gelände zeigten sehr deutlich: Hier geht es nicht allein nur um Musik, hier geht es ebenso um Verständigung und das bewusste Abschalten vom Alltag. Noch dazu ist dasOpen Air-Festival stilistisch sehr breit aufgestellt. Der Alltag in Oettersdorf schließt ein, dass immer mehr Besucher mit Wohnmobilen und Wohnwagen auf das Gelände fahren. Ein Trend, der vielerorts zu beobachten ist und der den Veranstaltern einiges abverlangt, da größere Flächen als Stellplätze ausgewiesen werden müssen.

RockTimes bedankt sich bei Dirk Pasold und seiner Frau Tina für die Akkreditierung.

Bildnachweis für alle Bilder des Events: © 2024 | Mario Keim | RockTimes


 

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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