Nach Cosmic Pyre ist "Wet Moon" der zweite Longplayer der italienischen Formation Mother Island. Gegenüber dem Vorgänger ist die Combo vom Sextett zum Quintett geschrumpft. Diego Pianalto taucht nun nicht mehr im Line-up auf. Den auf dem Label Go Down Records erschienenen Tonträger erhält der Interessent als CD beziehungsweise LP oder man kann sich die zehn Songs auch downloaden.
Im Informationsblatt zur vorliegenden Platte steht, dass die Gruppe »[…] with an album that marks a turning point on the band’s psychedelic path, with a more pop-oriented approach for its sounds […]« zurückkehrt.
Bedeutet eine solche Ausrichtung, dass es der Psychedelic in Mother Islands Musik nun an Ecken und Kanten fehlt? Da sind achtunddreißig Minuten, wenn auch etwas wenig für das Fassungsvermögen einer CD, schon aussagekräftig.
Neben flirrenden Gitarrensounds gibt es obendrauf auch noch herrliche Retro-Keyboardklänge, die an den The Doors-Tastenmann Ray Manzarek erinnern. Die Stimme von Frontfrau Anita Formilan ist immer noch sehr prägend für die ausdrucksstarke Musik von Mother Island. Dem Psychedelic Rock hat die Band tatsächlich einen etwas eingängigeren Charakter verpasst. Allerdings hat man bei den Kompositionen gut daran getan, nicht zu sehr mit dem Pop-Hobel zu Werke gegangen zu sein und so zieht sich besagte Richtungsänderung nicht wie ein roter Faden durch "Wet Moon".
Bis zum Ende des vierten Tracks "In The Meantime We Will Dance", der durchaus zu einem 'darf ich bitten' Anlass gibt, geht es schon ziemlich abwechslungsreich zu.
Was dann aber "La Danse Macabre" zu bieten hat, könnten einige Hörer, die sich durch die ersten vier Nummern von Mother Islands Psychedelic angezogen fühlten, abstoßen. Die Nummer von viereinhalb Minuten ist eine düstere Klangkollage, die einen virtuell bei fadem Nebellicht und Temperaturen um die plus drei Grad über den Friedhof führt.
Da ist man wohlberaten, etwas in der Hand zu halten, vielleicht nicht gerade ein Kuscheltier, aber das Taschentuch würde auch reichen. In "La Danse Macabre" spürt man die Ausatemluft, die zu Beginn der Nummer aus den Lautsprechern kommt, kalt im Nacken und die Freundlichkeit der Orgel ist irgendwie am Friedhofstor hängen geblieben. Genauso unfreundlich begleiten improvisatorische Saxofon- oder Klarinettenklänge den Trauermarsch, der gar keinen Rhythmus hat. Für einen Wimpernschlag steht Anita Formilans Gesang eher auf der Sonnenseite der morbiden Stimmung. "La Danse Macabre" ist definitiv nicht jedermanns Sache und wirkt im großen Zusammenhang des Albums wie eine Art Fremdkörper. Man muss schon so einiges Obskures gehört haben, um einen Daumen nach oben zeigen zu lassen. Schließlich fallen viereinhalb Minuten bei achtunddreißig Minuten Gesamtspielzeit schon ins Gewicht.
Aus dieser Brille betrachtet, versöhnt "Normal Love" wieder für den Ausrutscher. Oder Mother Island kehrt der genialen Impromusik den Rücken zu.
Die Gitarren umgarnen die Ohren mit melodischem Wohlklang. Man fühlt sich wieder zu Hause, schön muckelig und ohne Gänsehaut. "Normal Love" ist nicht psychedelisch, aber herrliche Rückspiegel-Musik, die sich bis in die Sechzigerjahre zieht. Mit unterschiedlicher Rhythmik macht man die Art der vergangenen Mucke wieder groß.
Für "Heroin Sunrise" dreht man verdammt intensiv an der Temposchraube. Das Stück bewegt sich im Vergleich zu den anderen Liedern fast schon im Schneckentempo durch die Landschaft der bewusstseinsverändernden Waber-Sounds und einer der beiden Gitarristen haut dann auch ein rockiges 12-Taktersolo der besonderen Art aus dem Ärmel. Dabei steigt die Dynamik deutlich an.
Mother Island hat mit "Wet Moon" ein gutes Album auf den Markt gebracht, bei dem "La Danse Macabre" auf der Schattenseite des Erdtrabanten stattfindet. Ansonsten ist die Mother Island-Psychedelic gut verträglich.
Line-up Mother Island:
Anita Formili
Anita Formilan (vocals)
Giacomo Totti (bass)
Nicola Bottene (drums)
Nicola Tamiozzo (guitar)
Nicolò De Franceschi (guitar)
Tracklist "Wet Moon":
- To The Wet Moon
- On Days Like These
- Twentynine Palms
- In The Meantime We Will Dance
- La Danse Macabre
- Normal Love
- Eastern Memories
- Heroin Sunrise
- The Heap
- Midnight Sun
Gesamtspielzeit: 37:00, Erscheinungsjahr: 2016
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