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Lightnin' Hopkins with Sonny Terry / Last Night Blues – Vinyl-Review

Lightnin' Hopkins with Sonny Terry - "Last Night Blues" - Vinyl-Review

An einem trüben Herbsttag des Jahres 1960 wurden beim Label Bluesville Records Überlegungen gestartet, mit wem man denn die nächste Schallplatte aufnehmen wolle. Als nach kurzen Recherchen klar war, dass Lightnin' Hopkins in der Nähe und verfügbar war, wurde dieser umgehend für einen Tag gebucht. Die Haus- bzw. Studio-Band war eh immer da, allerdings bestellte das Produzenten-Team, sozusagen als Kirsche auf der Torte, obendrein auch noch den Harmonika-Spieler Sonny Terry (geb. Saunders Terrell) dazu. Am 26. Oktober 1960 liefen beide Musiker also im Van Gelder Studio in Englewood Cliffs, New Jersey ein, um sich erst mal ein bisschen warm zu spielen.Viel Zeit hatten sie dafür nicht, denn Zeit ist schließlich Geld. Und so ging schon sehr bald die rote Studio-Lampe an, was nichts anderes bedeutet, als dass das Aufnahme-Tape läuft und sich die Herren Musiker gefälligst am Riemen reißen und verkäufliche Songs einspielen sollen.

Wenn man den allgemeinen Musik-Fan nach amerikanischen Blues-Meistern fragt, wird dies in der Regel mit Namen wie beispielsweise Muddy Waters, John Lee Hooker oder B.B. King erwidert. Taucht man jedoch nur ein kleines bisschen tiefer in das Genre ein, stolpert man zwangsläufig auch über den Namen 'Lightnin" Hopkins, der ebenfalls zu den einflussreichsten Musikern dieses Genres gehört und unter anderem auch von (diesen Stil in ihrer eigenen Arbeit eher nur tangierenden) Koryphäen wie beispielsweise Townes Van Zandt vergöttert wurde. Gekannt haben und mehrfach über den Weg gelaufen waren sich der aus Texas stammende Hopkins und der in Georgia geborene Sonny Terry mit Sicherheit bereits mehrfach und auch das Zusammenspiel bei diesen Aufnahmen funktionierte fast traumwandlerisch. Eher sparsam und auch nicht auf jedem Track begleitet wurden die beiden Hauptmusiker auf diesen acht Stücken von Leonard Gaskin am Bass sowie Belton Evans an den Drums.

Samuel John 'Lightnin' Hopkins war nicht nur ein außergewöhnlicher und authentischer Gitarrist auf der Akustischen, sondern dazu auch noch ein richtig guter Geschichten-Erzähler, was er mit vielen seiner Songs belegte. Die komplette Platte "Last Night Blues" kommt dann auch ohne elektrische Instrumente aus und los geht die Reise mit dem urigen "Rocky Mountain", für das die Blues Harp von Terry ebenfalls bereits sehr aktiv am Start ist. Geboten wird unverfälschter Blues der beiden bzw. vier Musiker und dass die beiden Haupt-Protagonisten mit ihren jeweils knapp fünfzig Jahren Lebenserfahrung keine Frischlinge mehr waren, versteht sich von selbst. Was diese Tracks so frisch hält, ist diese gewisse Jam-Atmosphäre, live im Studio sozusagen. Hopkins hatte den Großteil der Songs sicherlich bereits parat, aber Terry wurde diesbezüglich mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen. Dafür machte er seine Sache – nach dem Motto: 'Ich bin ja schließlich nicht zum Spaß hier' – fantastisch. Ganz der Profi halt.

Der Sound dieser neu aufgelegten 180g-Vinyl-Version ist übrigens qualitativ so hochwertig, dass man sich fast schon wie im selben Raum mit den Musikern wähnt. Ein Genuss. Neben den sechs von Hopkins gesungenen Tracks gibt es mit "Lightnin’s Stroke" ein dem Bauchgefühl nach im Studio entstandenes, dafür nicht weniger gutes und flottes (von ein paar Anweisungen Lightnins abgesehen) Instrumental sowie zum Abschluss mit dem gefühlt ebenfalls improvisierten "Conversation Blues" ein Duett mit Terry. Herrlich, dass sogar ein Hüsteln von einem der beiden mitten im Song nicht herausgeschnitten wurde.

"Last Night Blues" von Lightnin' Hopkins with Sonny Terry ist daher eine absolute Empfehlung nicht nur für Blues-Puristen, sondern auch ein klasse Album für alle, die sich mit der authentischen Variante dieses Genres aus einer Zeit vor dem englischen Blues Boom ab Mitte der Sechziger bis in die frühen Siebziger vertraut machen möchten. Und der hervorragende Vinyl-Sound tut sein Übriges dazu.


Line-up Lightnin' Hopkins:

Lightnin' Hopkins (acoustic guitar, lead vocals)
Sonny Terry (harmonica, co-lead vocals – Side 2 – #4)
Leonard Gaskin (bass)
Belton Evans (drums)

Tracklist "Last Night Blues":

Side 1:

  1. Rocky Mountain
  2. Got To Move Your Baby
  3. So Sorry To Leave You
  4. Take A Trip With Me

Side 2:

  1. Last Night Blues
  2. Lightnin’s Stroke
  3. Hard To Love A Woman
  4. Conversation Blues

Gesamtspielzeit: 18:29 (Side 1), 18:07 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2024 (1961)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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