Wow, schon lange kein Album mehr gehört, bei dem meine Geschmackswellen bzw. mein Geschmacksbarometer so oft und immer wieder in andere Richtungen ausgeschlagen haben. Hier geht’s so oft rauf unter runter, wie dies vermutlich auch im Leben des Protagonisten der Fall war. Der Amerikaner Stan Silver wurde in New York (also fast ganz oben im Norden der USA) geboren, wuchs anschließend allerdings in Daytona (ziemlich tief im Süden) auf. Als seine Wurzeln und Einflüsse führt er selbst die Rolling Stones, The Who, aber auch The Eagles und The Ramones auf. Seine eigene Musiker-Karriere verbrachte er dagegen zum allergrößten Teil im Country-Bereich. Tourneen durch die USA und Japan standen ebenso auf dem Plan, wie Residenzen in Kult-Läden wie dem CBGB’s in New York City oder dem Blue Bird Cafe in Nashville. Noch vor der Pandemie zog es den guten Stan dann nach Hamburg, um mit seinem dort lebenden Sohn Marlon Fertinger (Rantanplan) eine Band zu gründen.
Nachdem ein paar Musiker auch wieder gegangen waren, wurde aus dem ursprünglichen Quartett mit den Jahren ein beständiges Trio, als Fertinger den ebenfalls aus der Ska/Punk-Szene kommenden Bassisten Manuel de Rien an Bord geholt hatte. Mit "All In" hat der Dreier nun seine Debüt-Scheibe vorgelegt, die dem Rezensenten in Form von einem Dutzend Tracks in 39 Minuten verpackt schon mal ein sehr gefälliges Format bietet. "Cuddle Up, Baby" startet mit einer geilen Rock-Gitarre und druckvollen Bass- und Schlagzeug-Parts, fliegt durch fetzige Strophen und mündet schließlich in einen eingängigen Refrain mit sehr guten Background Vocals. Schade, dass der Gesang nicht etwas rauer ist, aber gut, man kann vielleicht nicht immer alles haben. Auch "Blow You A Kiss" macht anfangs richtig Druck, wenn die Melodien im Refrain und der »Oooh-ooh-ooh-oh«-Background-Gesang dann doch ein bisschen zu poppig ausgefallen ist.
Direkt danach wird es mit "Cool Water" leider auch nicht unbedingt besser, was von dem geradeaus rockenden "Sweet Southern High" dann aber wieder ausgeglichen wird. So geht es die ganze Zeit etwas hin und her, richtig starke Rock-Songs, die immer wieder mal von etwas zu poppigen Melodien oder Gesang eher an Qualität verlieren. Mit beispielsweise "Cowboy City Saloon" oder "Devil On Your Shoulder" gibt es allerdings auch echte Highlights zu vermerken. Musikalisch geht es grundsätzlich sehr ordentlich und feucht-fröhlich nach vorne rockend zu. Was jedoch immer etwas die Zügel anzieht und Schärfe aus dem Ganzen nimmt, sind die Vocals bzw. Gesangs-Melodien von Stan Silver. Da kommt dann vielleicht doch öfter die eigene Vergangenheit in Nashville durch, die gar nicht anders kann bzw. unbedingt möchte, so viele Harmonien wie möglich in die Tracks einzubringen.
"All In" ist alles andere als ein schlechtes Album, lässt den Rezensenten allerdings aufgrund der bereits aufgeführten Pros und Contras auch nach etwa einem Dutzend Hördurchläufen mit gemischten Gefühlen zurück. Alleine schon deshalb empfiehlt es sich, einen eigenen Eindruck zu gewinnen. Als Anspiel-Tipps wirft der Verfasser dieser Zeilen dafür einfach mal seine Favoriten "Cuddle Up, Baby", "Cowboy City Saloon", "Sweet Southern High" sowie "Devil On Your Shoulder" in den Ring.
Line-up Stan Silver And The Brave Puppies:
Stan Silver (guitars, bass, keyboards, lead vocals)
Manuel de Rien (bass, background vocals)
Marlon Fertinger (drums, background vocals)
With:
Toben Möller-Meissner (guitars – #1,3,9,10,12, background vocals – #1,10)
Kay Petersen (bass – #1,3,9,10,12, background vocals – #1,3,10)
Oliver Sparing (guitars – 1,3-5,7,11,12)
Mary Thompson (background vocals – #6,8)
Kanzly (background vocals – #5,7)
Fiona (background vocals – #10)
Tracklist "All In":
- Cuddle Up, Baby
- Blow You A Kiss
- Cool Water
- Sweet Southern High
- Time To Be Free
- Devil On Your Shoulder
- Cowboy City Saloon
- Silver Lining
- Sinister Angel
- Candy
- Mind Over Heart
- Goin' To Town
Gesamtspielzeit: 39:02, Erscheinungsjahr: 2024
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