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V.A. / He Took Us By Storm – 25 Lost Classics From The Bob Dylan Folk Rock Revolution Era – CD-Review

V.A. - "He Took Us By Storm - 25 Lost Classics From The Bob Dylan Folk Rock Revolution Era" - CD-Review

Die immer wieder überraschend starken Compilations des Labels Bear Family Records haben ja schon lange Tradition in unserem Magazin. Die neueste mit dem Namen "He Took Us By Storm …" ist allerdings nicht im eigenen Haus ausgedacht, sondern von dem Franzosen Philippe La Bras zusammengestellt worden. Wie es beim Label heißt, hat der Mann Jahre damit verbracht 25 Songs aneinander zu reihen, die den Einfluss Bob Dylans auf seine damaligen Musiker-Kollegen zeigen. Dies bezieht sich dann auch nicht nur auf die Art des Songwritings, sondern auch auf die Phrasierung und Art des Gesangs. Und wer hätte es gedacht, hier sind auch ganz große Namen – bzw. die es noch werden sollten – am Start. Dabei wartet das Line-up mit Leuten wie etwa Lou Reed, Johnny Winter, Leon Russell, Boz Scaggs, Peter La Farge über Bob Seger, Bobby Darin bis hin zu David Crosby, Donovan, Tom Rush oder Dino Valenti auf.

Die qualitativ auch soundmäßig meist sehr guten Aufnahmen erstrecken sich über die Jahre von 1962 bis 1970 und machen richtig Spaß. Und das kommt natürlich in erster Linie dadurch, weil sie richtig gut sind. Wenn Lou Reed beispielsweise "Men Of Good Fortune" (ein gleichnamiges, musiklisch aber völlig anderes Stück tauchte 1973 auf seinem Album "Berlin" auf) sich im Dylan-Gesangsstil nur zur eigenen Akustischen begleitet, zaubert das alleine schon ein Lächeln auf die Lippen des Hörers. Ein sehr starker Talking Blues mit einem höllischen Groove stellt dagegen "Me & Mr. Hohner" von Bobby Darin dar, während die Gitarre in Dick Campbells "You’ve Got To Be Kidding" deutliche Spuren von "Like A Rollin' Stone" aufweist. Nicht nur den Freunden von Rory Gallagher sollte der "Pistol Slapper Blues", hier gebracht von Dean DeWolf, einen Höllenspaß bereiten. Und David Crosby gewährt uns eine frühe Kostprobe seines gesanglichen Könnens bei "Willie Jean".

Bob Seger rockt bei "Persecution Smith" schon so kräftig drauf los, wie er es auch in der Zukunft auf seinen ersten Alben zelebrierte und klar, Donovans "Universal Soldier" ist natürlich eines der bekannteren Stücke dieses Albums. Peter La Farges "Easy Rider" kommt mit sehr ruhigem Ton und lediglich Akustikgitarren-Begleitung, Boz Scaggs legt eine klasse Version von "Baby, Let Me Follow You Down" aufs Parkett und wen ich fast nicht erkannt hätte, ist Leon Russell. Wenn man es dann weiß, hört man den späteren Bandleader bei "Everybody’s Talking About The Young" schon raus, stilistisch klang er dann später aber doch ganz anders. Johnny Winter nahm 1966 die Single "Birds Can’t Row Boats" auf, auf der weder sein künftig so prägnanter Gesang, noch sein Gitarrenspiel auszumachen sind. Das ist hoch spannend und führt zu vielen 'Aha'-Erlebnissen. Schließlich sei noch Dino Valentis (Quicksilver Messenger Service) "Black Betty" erwähnt, das richtig schön nach vorne treibt und abgeschlossen wird die Scheibe von Woody Guthries "Vigilante Man", hier klasse performt von Sammy Walker.

Heutzutage mag es ein vergessener Fakt sein, aber beim Genuss dieser 25 Tracks wird dann nochmal sehr deutlich, welch großen Einfluss Bob Dylan damals auf die komplette Musik-Szene in den USA hatte. Gecovert wurden seine Songs ja bereits seit spätestens Mitte der sechziger Jahre sehr oft, diese neue Zusammenstellung "He Took Us By Storm …" geht jedoch noch einen Schritt weiter und zeigt auf, wie sehr er auch andere Musiker bezüglich deren Songwriting beeinflusste. Viele der hier vertretenen Musiker mögen zum Zeitpunkt der vertretenen Aufnahmen noch am Anfang ihrer  Karriere gewesen sein, aber gerade in jungen Jahren saugt man erfahrene Inspirationen umso tiefer in sich auf. Zu diesen starken 74 Minuten Musik kommt einmal mehr die von der Bärenfamilie gewohnt sorgfältige und ausführliche Booklet-Gestaltung, die unter anderem auf jeden einzelnen der vertretenen Tracks tiefer eingeht. Darüber hinaus gibt es Liner Notes von La Bras selbst, dazu von John Sinclair (Detroit anybody?) und selbst Iggy Pop hat es sich nicht nehmen lassen, seinen Beitrag in Schriftform zu hinterlassen.

Eine sehr starke Compilation, die man (nicht nur!) den Freunden des Folk Rock der sechziger Jahre, aber ohne Bedenken auch allen Bob Dylan-Fans wärmstens empfehlen kann.


Tracklist "He Took Us By Storm …":

  1. Dion – Two Ton Feather
  2. Eric Anderson – Honey
  3. Dick Campbell – You’ve Got To Be Kidding
  4. Bobby Darin – Me & Mr. Hohner
  5. P.F. Sloan – Halloween Mary
  6. Jackie Washington – Long Black Cadillac
  7. Len Chandler – Feet First, Baby
  8. David Crosby – Willie Jean
  9. Lou Reed – Men Of Good Fortune
  10. Casey Anderson – Little Girl
  11. Bubba Fowler – Next Year This Time
  12. Dean DeWolf – Pistol Slapper Blues
  13. David Blue – The Gasman Won’t Buy Your Love
  14. Tom Rush – You Can’t Tell A Book By The Cover
  15. Barry McGuire – Don’t You Wonder Where It’s At
  16. Bob Seger & The Last Heard – Persecution Smith
  17. Ferre Grignard – Drunken Sailor
  18. Peter La Farge – Easy Rider
  19. Donovan – Universal Soldier
  20. Boz Scaggs – Baby, Let Me Follow You Down
  21. Billy Joe Royal – These Are Not My People
  22. Leon Russell – Everybody’s Talking About The Young
  23. Johnny Winter – Birds Can’t Row Boats
  24. Dino Valenti – Black Betty
  25. Sammy Walker – Vigilante Man

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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