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Henrik Freischlader – Konzertbericht, 19.01.2025, Harmonie, Bonn

Henrik Freischlader – Konzertbericht, 19.01.2025, Harmonie, Bonn

Mein erstes Freischlader-Konzert ohne den legendären Moritz 'Mr. Mo' Fuhrhop an der Hammond-Orgel – sieht man von meinem Besuch beim 'Rock- und Blues-Festival der Traktorfreunde Rengsdorf' am 27.07.2007 ab (damals das Power-Trio mit Dirk Sengotta am Schlagzeug und Oliver Schmellenkamp am Bass) – und so war ich gespannt, mit welchen (und wie vielen) musikalischen Mitstreitern der Protagonist heute auftreten würde. Vom Veranstalter war lediglich angekündigt, dass Henrik »mit seiner eingespielten Band … auch 2025 wieder auf Tour« gehen werde. Ich hatte lediglich vage in Erinnerung, dass Henrik im Sommer letzten Jahres angekündigt hatte, nach Auflösung der bis dato letzten Band (von der es lediglich die Live-Doku "Studio Live Session" aus dem Jahr 2023 gibt) mit wechselnden Besetzungen die geplante Tour spielen zu wollen. Und nach dem Tod von 'Mr. Mo' hatte er in bewegenden Worten mitgeteilt, dass es wohl auch in dessen Interesse sei, wenn die Band weiterspielen würde. Und so steht die aktuelle Tour sicherlich nicht zufällig unter dem Motto "Keep Playing Tour 2025". Dennoch war ich vor dem Hintergrund des vergangenen Jahres skeptisch, wie 'eingespielt' die Band denn sein würde.

Kein Tasteninstrument

Kein Tasteninstrument

Ein erster Blick in den noch leeren Konzertsaal bringt die Ernüchterung, dass neben zwei Gitarren lediglich ein Schlagzeug sowie zwei Bassgitarren aufgebaut sind. Also kein Keyboarder mit dabei. Aber zugleich finde ich das auch beruhigend: Henrik wird wohl bewusst auf einen (unmittelbaren) Ersatz für 'Mr. Mo' verzichtet haben, um den verlorenen langjährigen musikalischen Begleiter und Freund auf diese Weise zu würdigen.

Und so überrascht es auch nicht, dass Henrik – nachdem drei offenbar gut gelaunte Musiker die Bühne betreten haben – zunächst verbal auf den kürzlichen Tod von Moritz Fuhrhop verweist und um eine gemeinsame Gedenkminute bittet. Und tatsächlich: Für eine gefühlte Ewigkeit ist in der vollbesetzten Harmonie kein Wort, kein Gläserklirren oder andere Unruhe wahrnehmbar; eine gewisse Andacht senkt sich über den Saal – Gänsehaut pur!

Und, um dies vorwegzunehmen: 'Mr. Mo' fehlte mir an diesem Abend. Seine Eingespieltheit mit Henrik, ihr blindes musikalisches Verständnis, die von ihm so oft ausgelegten 'Klangteppiche'; das alles ist nicht replizierbar und wird auf ewig unvergessen bleiben. Aber dennoch kann ein Konzert ohne ihn ein gutes werden, wenn auch ein völlig anderes!

Das Powertrio in Aktion

Das Powertrio in Aktion

Und so läuft nach der Gedenkpause ein mit der Brachial-Gewalt eines Power-Trios daherkommendes gut zweistündiges Konzert (mit kurzer Pause für die Raucher!) bester Art und Güte ab (sieht man einmal von den technischen Problemen am Anfang ab, die allerdings schnell behoben sind). Henrik ist wirklich gut drauf, nicht nur, was sein Gitarrenspiel angeht. Vielmehr gelingt es ihm, mit launigen Zwischenmoderationen die teils notwendigen technischen Pausen zu überbrücken und die Lacher auf seine Seite zu bekommen. Tatsächlich habe ich auch während des gesamten Konzerts keine Störungen durch das Publikum bemerkt; heutzutage leider viel zu selten. Und dass das Publikum am Ende des ersten Sets bei »The Bridge" bereitwillig und lang anhaltend die regelmäßig von Henrik erwünschten "Uh-huu«-Gesänge übernimmt, zeigt eindrücklich die Harmonie zwischen den Menschen auf und vor der Bühne.

Eine Gesamt-Konzertdauer von etwa zwei Stunden (plus "Foxy Lady" als Zugabe) mit lediglich neun Songs zu füllen, deutet bereits darauf hin, dass hier – nicht zuletzt Dank ausgiebiger Soli, Improvisationen und Jam-Sessions – zahlreiche 'Longplayer' präsentiert wurden. Ich möchte jetzt gar nicht auf jeden einzelnen gespielten Titel, die mit "Disappointed Women" und "Free" einen Bogen vom ersten bis zum jüngsten (Studio-) Album spannten, näher eingehen.

Ich will mich vielmehr auf die als Doppel-Nummer angekündigte Darbietung von "Got It Made" und "The Sky Is Crying" beschränken. Der zweite Titel hierbei ist eine uralte Elmore James-Nummer, von der ich von Henrik lediglich eine Version aus den o.g. "Studio Live Sessions" kenne. Und erst nach nochmaligem Anhören dieser Scheibe erkenne ich, dass die beiden Titel dort ebenfalls ohne Unterbrechung hintereinander weg gespielt wurden. Weder auf der im Internet auffindbaren Video-Dokumentation (dort fehlt "The Sky Is Crying" komplett!) noch auf den beiden LP- bzw. CD-Pressungen (dort sind beide Titel auf jeweils unterschiedlichen Scheiben abgelegt) ist diese Kombi erkennbar. Lediglich wenn man sofort nach dem letzten Ton von "Got It Made" auf "The Sky Is Crying" 'wechselt', bemerkt man diese gekonnte musikalische Überleitung von dem total funkigen ersten Teil auf den eher ruhigeren zweiten Teil überhaupt; schade, wie ich finde, denn dies ist musikalisch äußerst interessant.

Henrik, Leon und Rene

Henrik, Leon und Rene

Zum anderen, um an dieser Stelle endlich auf Henriks beide musikalischen Mitstreiter an diesem Abend näher einzugehen, denn beide bekommen hier endlich Gelegenheit, sich musikalisch mehr zu exponieren (und werden auch erst anschließend von Henrik erstmals namentlich erwähnt). Mit Leon Mucke am Schlagzeug sowie Rene Pütz am Bass hat er im wahrsten Sinne des Wortes Profis an seiner Seite, denn beide haben zahlreiche weitere musikalischen Projekte 'am Laufen'; teilweise auch zusammen mit Musikern aus Henriks musikalischem Umfeld.

Während Leon Mucke schon mal als 'musikalischer Schöngeist', Liedermacher bzw. Singer-Songwriter bezeichnet wird (er selbst beschreibt sich als 'Pop-Musiker', der selber Songs komponiert und auf Gitarre einspielt), kommt er ursprünglich vom Schlagzeug her, das er kompromisslos, aber auch sehr feinfühlig bearbeiten kann. Knallharte Beats, druckvoll bis zuletzt, und immer sehr gut eingehend auf Henriks Eskapaden.

Und Rene Pütz? Auf seiner Homepage steht: »Musiker (Dipl.), Sänger, Komponist, Produzent, Dozent, Bandcoach, Multiinstrumentalist (E-Bass, Gitarre, Piano, Hammondorgel, Schlagzeug, Kontrabass)«. Zudem gibt er an, im Jahr 2002 das Bluestrio LASH mit dem Gitarristen Henrik Freischlader und dem Drummer Daniel Guthausen gegründet zu haben (letzterer war noch auf dem ersten Freischlader-Album The Blues mit dabei). Hier schließt sich also der Kreis von Henrik zu seinen musikalischen Anfängen. Heute steht Rene Pütz ausschließlich am Bass, und wie! Schnörkelloses Spiel von Anfang bis zum Ende, aber bei "The Sky Is Crying" 'explodiert' er nahezu. Überraschenderweise verlässt Henrik mitten im Song die Bühne und überlässt sie seinen Mitstreitern. Was folgt, ist – abgesehen von einer konsequenten Begleitung durch Leon Mucke am Schlagzeug – ein geschätzt zehnminütiges Bass-Solo vom Allerfeinsten, das ich so noch nie gehört habe. Rene Pütz spielt seinen Bass als Rhythmus-Instrument, als Solo-Instrument wie eine Gitarre, bearbeitet ihn mit seinen Händen und Fingern auf die unterschiedlichste Art, hebt ihn zum Abschluss hin mit seiner rechten Hand am untersten Steg von dessen Griffbrett zum Publikum hoch hin, um ihn anschließend durch die Finger nach unten gleiten zu lassen, was einen wunderbaren Schluss-Effekt herbeizaubert. Das alles kann man kaum mit Worten beschreiben, das muss man live erleben!

Währenddessen hat Henrik die Bühne wieder betreten, stellt die beiden Mitstreiter jetzt endlich namentlich vor und setzt dem Ganzen ein glanzvolles Ende, bevor nach nur kurzer Zeit von Zugabe-Rufen mit "Foxy Lady" ein insgesamt toller Abend zu Ende geht.

Übrigens zeigt ein kurzer Rückblick auf Henriks Homepage, dass er die beiden Mitstreiter bereits vor einem Jahr als zukünftige Begleiter namentlich genannt hat; die im Vorfeld getätigte Ankündigung einer 'eingespielten Band' war somit nicht nur gerechtfertigt, sondern hat sich am heutigen Abend zweifellos bestätigt.

Insgesamt ein unvergesslicher Abend. Übrigens hat Henrik zum Ende hin mitgeteilt, dass er an diesem Tag ein »Jobangebot« erhalten und auch angenommen habe: Die Band soll am 03.07.2025 ein Konzert der 'Grand old dame' Bonnie Raitt auf dem Kunstrasen in Bonn eröffnen; eine perfekte Gelegenheit, die Band in naher Zukunft hier wieder vor Ort erleben zu können.

Über den Autor

Jürgen Hauß

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