«

»

Randy McStine / Mutual Hallucinations

Randy McStine / Mutual Hallucinations

Randy McStine, McStine? Irgendwoher kam mir der Name gleich bekannt vor – bei meiner Rezi von Joe Deninzon & Stratospheerius trat er bei einem Song als Gastmusiker auf. Auch bei der Vorankündigung zum neuen Steven Wilson-Album las ich den Namen ebenso. Bei meiner Recherche erfuhr ich, dass er mit Steven schon länger arbeitet und ihn bei Liveauftritten mit Porcupine Tree sowie Stevens Solo-Shows mit seiner Gitarre begleitet. Ebenso ist er ein Teil des Projektes Lo-Fi im Dunstkreis von Spock’s Beard, wo er auch immer wieder bei den Musikern auf Soloalben mitspielte. Ein kollegialer und sympathischer Musiker, der wiederum etliche Instrumente, außerhalb seiner hervorragenden Gitarrenarbeit, beherrscht. Nun liegt ein neues Solowerk vor, "Mutual Hallucinations", eines seiner intimsten und schwierigsten, wie er verlauten ließ. Es hat fünf Jahre gedauertm das Album einzuspielen.

Schon beim kurzen Intro "Bodies In Space" spiegelt sich die Raffinesse und die Detailverliebtheit in jeder einzelnen Passage wider. Dann nimmt er uns mit in ein verspieltes, elektrisch spaciges Popuniversum, das in eine leicht fließende Gesangsmelodie übergeht, mit kindlichen Charme und unterstrichen mit einer Ukulele. "Counterintuitive" heißt der tolle Song und hier zeigt sich schon die Vielfalt seines musikalischen Verständnisses, Genres miteinander zu vermischen, ohne dass sie sich im Weg stehen oder den Song aus dem Kontext reißen.
Auf dieses Phänomen stoße ich bei diesem Album des Öfteren. Diese Nummer zieht eine in eine verspielte, melodiöse Fantasiewelt. Zwischendrin wird auch mal an mit Sounds verschiedener Instrumente und Sequenzen gespielt und probiert, um das Thema wieder aufzunehmen.

Dass Randy aus dem Wilson-Umfeld kommt, merkt man bei einigen Tracks, gerade Stimmung und Aufbau erinnern hier und da an Wilson. Ob "Adopted Son". oder das ruhigere floydige "Economy Of Differences" zum Beispiel, das über neun Minuten lang einen herrlichen Soundboden sät, um darauf bedacht die wohlklingenden Töne zu ernten. Seine sehr feine klare Stimme ist hier ebenfalls erwähnenswert. Zwischendrin experimentiert er etwa auf "Send Your Light" mit Gitarreneffekten und guter Gitarrenarbeit, was noch mit schönem Harmoniegesang bereichert wird.

Die Vielfalt seines Einflusses ist weitreichend, bis jetzt waren wir meistens im Melodic-Bereich unterwegs. "The Scroll" baut sich langsam mit leicht verschobenem Rhythmus auf, wiederum verspielt, diesmal aber härter, schneller und proggiger. Ein Hauch von King Crimson umhüllt diesen instrumentalen Song in dem Randy und Drummer D’Virgilo verschiedene hochkomplizierte Prog-Phrasen mit einbauen und das besondere Spiel des Zusammenfügens der Instrumente voll und extrem ausnützen. Sehr interessant!

"Mutual Hallucinations" ist überwiegend ein ruhiges Album mit nachdenklichen Momenten, die sich auf die Stimmung der Songs teilweise übertragen. Mit rockigeren Sequenzen, wie auf "Impossible Door", lockert er diese Szene immer wieder auf. So ist dieser ein in sich stimmiger Wohlfühl-Track, der wiederum übergleitet in ein verwirrendes elektronisches Spiel mit Tasten und Reglern – "Incandescent", bei dem ihn Adam Holzmann kräftig unterstützt und daraus indirekt eine Battle daraus entsteht. Das Herzstück des Albums ist am Schluss angesiedelt: "Remains". Es beginnt ruhig verspielt, hievt uns auf eine Plattform, die uns hinauf führt in dieses leichte, musikalische Universum, bis ein Licht am Horizont zu leuchten beginnt und das Finale in Form eines fulminanten Gitarrensolo und aufgeblasenem Refrain erklingt. Randy McStine hatte sich hier ein paar Freunde mit an Bord geholt, quasi als Band gespielt, sodass dieses Stück noch ein wenig runder klingt.

"Mutual Hallucinations" ist ein harmonisches Album mit verschiedenen, verspielten Stimmungen von einem besessenen und fantastischen Musiker, der jede einzelne Note mit Bedacht wählt und weiß, sie zu setzen. Ob in seiner elektronischen Welt, in der Welt der melodiösen Rocknummern oder im Prog-Universum – alles hat Sinn und ist perfekt umgesetzt. Dadurch erweist sich "Mutual Hallucinations" zwar als kein komplett rundes Album, aber von der spielerischen Qualität, dem Kompositorischen und Instrumentellen her, als ein sehr hochwertiges.  Ich persönlich habe immer wieder Mr. Wilson im Hinterkopf, der bei einigen Tracks zwar ’nur' gemixt hat, seine Atmosphäre ist trotzdem immer wieder zu spüren. Ebenfalls tut es den Songs sehr gut, im Drum-Bereich Gastmusiker wie Marco Minnemann, Gavin Harrison oder Nick D’Virgilio dazu zu holen.
Erwähnenswert ist ebenso das Artwork von Hajo Müller, der immer wieder das spirituelle schwarze Quarz in den Mittelpunkt hebt und dadurch dem Albumtitel das nötige spirituelle Umfeld gibt.

In diesem Sinne möchte ich noch auf sein 2023er Werk "Unintentional" hinweisen, welches ich beim Entdecken des Musikers ebenfalls angehört hatte. Auch da war ich begeistert: Ein richtig cooles (Blues-) Rock Album ohne Schnick Schnack und Experimente, genau das Gegenteil von "Mutual Hallucinations".


Line-up Randy McStine:

Randy McStine (vocals, acoustic and electric guitars, electric sitar, ukulele, bass, piano, keyboards, synthesizers, glockenspiel, drum machines, drums, percussion)

Featuring:
Pat Mastelotto (drums and percussion – #2)
Gavin Harrison (drums – #3)
Marco Minnemann, drums – #4, 10)
Nick D’Virgilio, (drums – #7)
Adam Holzman (keyboards – #5,9)

Mixed by Steven Wilson (- #3,6-99), Tim Palmer (- #2,4,5,10), Nicholas Morrow (- #1)

Tracklist "Mutual Hallucinations":

  1. Bodies in Space (2:01)
  2. Counterintuitive (2:35)
  3. Adopted Son (4:17
  4. Send Your Light (4:28)
  5. Economy Of Differences (9:26)
  6. Bask (2:10)
  7. The Scroll (5;34)
  8. Impossible Door (3:53)
  9. Incandescent (5:17)
  10. Remains (3:57)

Gesamtspielzeit: 43:43, Erscheinungsjahr: 2024

Über den Autor

Achim Mayinger

Genres: Beat, Classic Rock, Hard'n'Heavy, Progressive Rock

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>