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Ümit! / The Spirit Of Ümit! – CD-Review

Ümit! / The Spirit Of Ümit!

Ümit!, mit dem Namen geht es schon los. Er ist unkonventionell. Zumindest für eine deutsche Band. Und ich glaube irgendwo gelesen zu haben, dass die drei Musiker aus Deutschland kommen. Aber ich weiß nicht mehr wo, denn wenn man Infos zu Ümit! sucht, stößt man schnell an Grenzen. Ihre Webpräsenz beschränkt sich auf eine wenig aussagekräftige Facebookseite. Und auch die Informationen des Labels Bellerophon versorgen den nach den ersten Takten hochbegeisterten Rezensenten nur mit dem Nötigsten. Eines war schnell gefunden, der Bandname ist das türkische Wort für Hoffnung. Vielleicht drei in Deutschland lebende Türken, keine Ahnung.

"The Spirit Of Ümit!", der Geist der Hoffnung also. Im in psychedelischen Farben gehaltenen Booklet herrscht bis auf zwei Sätze gähnende Leere. Noch dazu sind die Worte lateinisch und mein Latein ist vergleichbar mit dem Wissen einer Milchkuh, wieso auf dem Oktoberfest der Liter Bier das 43-fache eines Liter Milches im Supermarkt kostet.  »Nunc Igitor Maledictus Eris Super Terran«, steht da geschrieben und der zweite Satz erklärt auch wo es im Original geschrieben steht: »Genesis, Book 1, Chapter 4«. Die Heilige Schrift des Alten Testaments also. Schöpfungsgeschichte, Hoffnung … wir kommen der Sache näher.
Die spärlichen Infos mögen aber auch darin begründet sein, dass, so die Labelinfo, die Musiker in mehreren Bands aktiv sind. Ümit! könnte also ein Sideprojekt sein, bei dem andere Kost auf den Tisch kommt, als im sonstigen musikalischen Haushalt.

Wie auch immer, das ist alles spekulativ und bevor es um den musikalischen 'Geist der Hoffnung' geht, noch ein paar Fakten. Die drei Musiker von Ümit! nennen sich Ümit A, Ümit B und – ihr werdet es schlussfolgern – Ümit C. Weiterhin sind alle drei jenseits der 40. "The Spirit Of Ümit!" ist ein reines Instrumentalalbum, was eine Ausnahme zu sein scheint, denn für dieses Jahr ist ein »sludge-orierntiertes« Nachfolgealbum angekündigt, von dem es heißt, dass darauf »auch wieder gesungen« wird. Da war dann sicher auch auf den diesem ersten Longplayer vorangegangenen drei EPs in 10″ Vinyl mit den Namen "The Rise Of Ümit!" (2014), "The Wake Of Ümit!" (2015) und "The Curse Of Ümit!" (2015) nicht anders.

»Die Musik der Gruppe changiert zwischen sludge-artigen Metaltunes und eher progressiven Instrumentals, die mitunter an Pink Floyd erinnern«. So steht es geschrieben. Mit Metal gehe ich auf "The Spirit Of Ümit!" nicht konform, aber da ist schon ein unterschwelliger Sludge-Spirit in den Nummern. Stoisch, hypnotisierend, repetitive Rhythmen, die den Interessierten sofort zu einem Gefangenen machen, schwer tragend und mit einer Gitarre, die dermaßen elektrisierend ist, dass eventuell vorhandene Nackenhaare gar nicht anders können, als gen Himmel zu streben. Wohl dem, der bisschen Kleingeld in gute Elektronik investiert hat, denn diese Scheibe kann man auch laut hören. Wenn Ümit B mit der Elektrischen seine Ritte startet, Umit A und Ümit C dazu einen furztrockenen Teppich legen, ist das in der Tat so, wie man sich die Schöpfungsgeschichte vorstellen kann. Psychedelic in Reinkultur.

"The Spirit Of Ümit!" ist eines jener Alben, die ich nicht weit weg lege, denn damit kann man punkten und noch lieber gehabt werden, als man es gewohnt ist. So geschehen vor ein paar Tagen, als am lauen Frühlingsabend spontan ein lieber Mensch auftauchte, gute Gespräche führte, mir meinen Biervorrat vernichtete und nach kurzer Zeit fragte: »Was ist denn das für eine geile Musik?« Wir haben der Musik gelauscht und ich war stolz wie Bolle, mal wieder einen Volltreffer gelandet zu haben, mit meiner Musikauswahl. Dabei war die CD erst dabei, die sehr guten Tracks wiederzugeben. Und wie vorausgesehen, gab es beim Hammerstück "Tiefensee" kein Halten mehr, dieses psychedelische Lehrstück haute dermaßen rein, dass mir nun spätestens klar wurde, das Bier wird alle heute Nacht. Ein anderer alter Musikmate würde dazu wohl »Kerzenmusik« sagen. In bester Pink Floyd-Manier startet "Tiefensee" und zieht über die acht Minuten alle Register dieses Genres. Der Bass brabbelt Tieffrequentes, die Felle lotsen die Komposition hin zu den göttlichen Gitarrenparts, Breaks an den richtigen Stellen, um dann mit Verve zuzuschlagen. Ich sagte es bereits, das ist musikalische Hypnose, die einen in tranceähnliche Zustände versetzen kann.

Als "Mark Of Cain" krautrockig startete, kam die Frage wie aus einem Mund: »Jane Im weiteren Verlauf schwebte ein Hauch Crazy Horse durch den Nachthimmel und so saßen wir bis in den frühen Morgen und nach "The Rise Of Ümit!" kam kein weiterer Silberling mehr in den Player – so repetitiv wie die Musik, war mein Druck auf die Play-Taste der Fernbedienung. Immer mal wieder elektronisch eingestreute Flötentöne und anderes ließen permanent neue Nuancen entdecken. Was für eine Platte!

Die angekündigte neue Platte "The Testament Of Ümit!" lässt mich gespannt auf den Gesang warten, denn zumindest auf vorliegendem Album fehlt er mir nicht. Ja, vielleicht würde er ablenken von den vorbeiziehenden, in Lavalampenlicht getauchten, Trancenebeln.


Line-up Ümit!:

Ümit A (vocals, bass)
Ümit B (guitar, keyboards, electronics)
Ümit C (drums)

Tracklist The Spirit Of Ümit!:

  1. Ummagumma (10:20)
  2. Tesla (9:22)
  3. Cobra Verde (7:59)
  4. Tiefensee (7:56)
  5. Mark Of Cain (9:04)

Gesamtspielzeit: 44:47, Erscheinungsjahr: 2015

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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Mail: ulli(at)rocktimes.de

1 Kommentar

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  1. Ümit! – Verlosung | RockTimes

    […] Review im neuen RockTimes-Gewand musste natürlich ein Tipp sein und weil wir so begeistert von The Spirit Of Ümit! sind, haben wir nachgehakt und können unseren Lesern zwei Exemplare zur Verfügung […]

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