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Shotgun Valium / The Story Of Frank Tranquill – CD-Review

shotgun valium - the story of frank tranquill

Am Alperstedter See praktizieren sie alljährlich eines der größten Meetings für harte Rockmusik zwischen Heavy, Stoner und Doom. Das Stoned From The Underground eines gewissen Caligula 666, der eigentlich ganz und gar bürgerlich Fred heißt, lässt seit vielen Jahren die Jünger harter Musik gleichsam wie viele engagierte Musiker in die ländliche Umgebung von Erfurt pilgern, 2011 war ich selbst dabei. Für die Bands bedeutet es eine Art Ritterschlag, dort gespielt zu haben – und genau diese Auszeichnung wartet nun im Juli auf das Deutsche Powertrio Shotgun Valium. Ihr aktuelles Album "The Story Of Frank Tranquill" ist seit gut zwei Monaten auf dem Markt und nun endlich auch in unsere Fänge geraten.

Faszinierend zunächst einmal, dass es sich im Grunde um ein Konzept-Album handelt – die Songs um den imaginären Drogendealer und Zuhälter Frank Tranquill erzählen seine Lebensgeschichte. Aber keine Sorge, liebe Heavy-Fans, wer daraus die Befürchtung progressiver Einflüsse ableitet, weil dort solche zusammenhängenden Songs eher an der Tagesordnung sind, den kann ich beruhigen. So ist es nicht! Es gibt jede Menge auf die Schnauze, knallharte Rockmusik ohne Kompromisse. Vielseitigkeit und Abwechslung geht bei dem einen oder anderen Riff schon mal zurück in die zweite Reihe, gerade zu Beginn des Albums, aber dafür wird hoch energetisch gegen gehalten und der klassische Headbanger kommt aus der Arbeit gar nicht mehr heraus. Aus diesem Album geht man nicht ohne Schweiß auf der Stirn und die Musik ist geradezu dazu geschaffen, uns von der Bühne einzuheizen.

Gehen wir ein wenig in die Details: Treibende Schläge, gurgelnd grollende Bässe, wilde Riffs aus düster tiefen Stoner-Regionen und schrille Freak-Outs, aus diesen Zutaten mixt sich ein herrlich erfrischender Heavy Rock, der einem die Birne weg pustet – natürlich völlig bildlich und pazifistisch korrekt gesehen. Schöne Anleihen aus dem Bluesrock, der manchmal an besonders aggressive ZZ Top erinnern mag, und gelegentliche Grunge-Anleihen wie in "Starship Riders" führen die wilde Fahrt hier und da in nachbarschaftliche Gefilde, insgesamt aber bleibt eine sehr straighte Heavy-Orientierung.

"Mr. Devil" macht seinem Namen Ehre und zelebriert die Berufung auf den Gehörnten mit jeder Menge feuriger Riffs. Eine leicht bluesige Schattierung hält erst einmal wüstere Ausritte unter Kontrolle. "Ritual" ist dann so ein Beispiel, wo aus meiner Sicht am Ende die Riffs ein wenig tot gespielt werden – da wartet man, dass noch irgendwas kommt und dann ist der Song plötzlich zu Ende. Hätte man vielleicht ein wenig kürzer halten können. Dafür rockt "Baby Got Me Going" sehr schön und schnörkellos geradeaus, versehen mit einem leidenschaftlich gedehnten Break und einer Sologitarre, die sich scheinbar selbst aus dem Rhythmusgetümmel herausschält und emporsteigt. Klasse. Weich geklopft sind wir bereit für das schon zitierte "Starship Raiders", das besonders kompakt rüber kommt, hier leistet die Gitarre auch eine Menge Rhythmusarbeit und zwischendrin darf der Bass seinen sechssaitigen Bruder elegant und prägnant in ein Solo treiben, ein sehr intensiver Song.

Es dauert bis zur fünften Nummer "Strong Man", wenn man auf ein etwas reduziertes Tempo wartet. Hier wird dafür in schöner Intensität die Spannung aufrecht gehalten, nur aber um gleich wieder in "Broken" in ein neues Riffmonster zu gelangen. Die Taktgestaltung wirkt zwischenzeitlich fast filigran bluesrockig, ein schön kontrastierender Song. Auch "Revolution" bleibt bei diesem Gesamteindruck zwischen harten, aggressiven Riffs und leicht zurückgenommenen Zwischenspielen. In diesen Momenten erreicht das Album seine abwechslungsreichsten Passagen. Und immer wieder wird aus der Meditation heraus ganz plötzlich die Druckschraube angezogen, das geht richtig gut ab.

Das wütende Kind, "Angry Child" beginnt mit einem grollenden Bass und stakkatohaften Riffs und Gesängen, hier könnte man Shotgum Valium zwischenzeitlich ein wenig in Verwandtschaft mit den Österreichern von Mothers Cake vermuten. Die geile fuzzige Gitarre zum Ende hin macht noch dazu eine Menge Spaß.

Den Schlusspunkt in "The Last Ride" setzt eine hymnenhaft aufdrehende Sologitarre und ein fast schon psychedelischer Gesang, der dramatische Höhepunkt der Platte und ein Gänsehaut produzierender Moment. Hier zieht wohl der beschriebene Drogendealer Frank eine Bilanz seines kaputten Lebens und lässt uns in einem mitreißenden Kulminationspunkt mitleiden.

Shotgun Valium machen dem Freund harter Rockmusik jede Menge Freude und ich bin sicher, dort beim Stoned From The Underground wird die Post abgehen, wenn Denny, Paul und Stan die Bühne entern. Am Alperstedter See, wo einmal im Jahr der Underground tobt.


Line-up Shotgun Valium:

Denny (guitar, vocals)
Stan (bass, background vocals)
Paul (drums)

Tracklist "The Story Of Frank Tranquill":

  1. Mr. Devil
  2. Titual
  3. Baby Got Me Going
  4. Starship Riders
  5. Strong Man
  6. Broken
  7. Revolution
  8. Angry Child
  9. The Last Ride

Gesamtspielzeit: 45:32, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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