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Shirley Holmes / Schnelle Nummern – CD-Review

Ein Vogel Strauß kann nicht fliegen, auch wenn es uns eine Werbung suggeriert. Besser einen Spatz in der Hand, als eine Taube auf dem Dach. Spatzen sind durchschnittlich, Tauben sind dagegen vielleicht außergewöhnlicher. Geparden sind schnell, die schnellsten Tiere, die sich auf dem Land bewegen. Allerdings haben diese Raubtiere keine so gute Kondition. "Schnelle Nummern" dagegen schon. Eine gute dreiviertel Stunde stehen da auf dem Tacho der Gesamtspielzeit, die zehn Songs plus zwei Bonus Tracks ergeben. Ach, im Innenteil des Digipaks sind ja noch mehr Tierabbildungen. Wieder mit den Köpfen der Bandmitglieder gibt es einen Bären in grüner Farbe, eine grazile Gazelle und Chris schwebt auf den Schwingen eines Adlers (oder so).
Shirley Holmes … zwei Frauen und ein Mann. Stromgitarren, Schlagzeug und Gesang. Das Trio aus Berlin macht "Schnelle Nummern" zu einem Durchlauferhitzer aus dem eine coole Mischung aus Punk, NDW, Pop und Rock strömt. Shirley Holmes bestimmt den Grad der Wärme. Man verbrennt sich daran aber nicht die Finger. Shirley Holmes produziert jede Menge Energie aus nur drei Zylindern. Die Musik ist hoch verdichtet. Shirley Holmes ist der Turbolader der Musikmix-Szene.

Von "Im Affenhaus" geht es zum "Mein Trip mit P. Watzlawick" und mit einem "Gotta Run" endet man in "Nadines Korsett", einem der beiden Bonus Tracks der vorliegenden Platte. Mit "1 Moment" war das Song-Duo auf Heavy Chansons vertreten. Für "Schnelle Nummern" wurden zwei Lieder einem Remix unterzogen.
"1 Moment", in englischer Sprache gesungen, ist so etwas zwischen tanzbaren Keyboard-/Synthesizer-Linien und schroff schrammelnden E-Gitarren. Unterdessen wird es ein wenig luftiger und insgesamt macht dieser Remix mit seinen Sound-Stationen Laune. Achtung! "Nadines Korsett" wird auf ganze achteinhalb Minuten aufgepumpt. Dabei geht es zunächst in wüster Härte zur Sache. Unglaubliches Treiben, was einem da aus den Lautsprechern entgegen kommt. Dem Hörer bietet sich eine eigenwillig-exzentrische Stimmung. So als wolle Shirley Holmes einen musikalischen Steinbruch sprengen. Die Remix-Version klingt schon anders, hat noch mehr Ungeschliffenheit.
Wie jetzt? Nach keinen vier Minuten herrscht Stille. Nicht lange, dann folgt ein Stück Song im Zeitraffer und eine Mickey Mouse-Stimme ist zu hören. Dann wieder Stille. Nur noch Ruhe? Oder ist es die Ruhe vor einem weiteren Sound-Tornado? Der Geduldsfaden des Hörers wird getestet. Es passiert nichts, außer der Scheibenrotation im Player. Und dann doch noch Musik. "Schnelle Nummern" endet mit einem langen Lied, das nicht zur Erleuchtung beiträgt.

Jetzt aber schnell noch was über einige andere Nummern geschrieben.
Nach einem kleinen synthetischen Vorspann ist "Im Affenhaus" ganz schön viel los. Die Gitarrenriffs hangeln sich in einer Affengeschwindigkeit von Ast zu Ast und Drummer Chris gibt mit seinem Rhythmusgeber den Takt für die Fußwippe vor. Begleitet wird der Trubel von einem klasse Refrain.
Ich frühstücke nicht. Wie unromantisch. "Machst du Frühstück?" ist der Wachmacher nach der durchgefeierten Nacht. Mit einer Art Filmriss danach liegt doch jemand neben einem im Bett und der soll gehen. » […] Mein Kopf eine Supernova […]« heißt es im Text und der Song reflektiert die Karussellfahrt im Gehirn.
Verspricht "Wir sind" einen Himmel voller Geigen, wenn Nora Nünnings Streichinstrumente mit von der Partie sind? Mit Punk im Gepäck wird weiterhin gerockt und die gestrichenen Instrumente bergen einen herrlichen Kontrast zu den Sechsaiter-Sounds. Super arrangiert!
Was in einem Blitzlicht wie ein Kinderlied beginnt, entwickelt sich zu einem in Nuancen etwas zurückgenommenen "Total digital". Dazu bringt Sookee mit Rap den Track zusätzlich in Schwung. Die klangliche Ehe passt sehr schön. Alles Gute für die Zukunft.

Mit so einigen Temposchwankungen fegt Shirley Holmes durch "Schnelle Nummern". Auf Erholungsphasen trifft der Hörer höchstens innerhalb der Tracks. Shirley Holmes steht für Alarm mit den oben genannten Zutaten und entkernt mit den Nummern der Scheibe den Rock’n’Roll. Shriley Holmes hat sich im Vergleich zu "Heavy Chansons" das Spezielle ihrer Musik, auch in englischer Sprache gesungen, bewahrt.


Line-up Shirley Holmes:

Mel (guitar, vocals)
Miss Ziggy (bass, vocals)
Chris (drums)

With:
Sookee (rap – #6)
Nora Nünning (violin, viola)

Tracklist "Schnelle Nummern":

  1. Im Affenhaus
  2. Machst du Frühstück?
  3. Mein Trip mit P. Watzlawick
  4. Smells Like Team Spirit
  5. Wir sind
  6. Total Digital
  7. Gotta Run
  8. Hassgeliebter Schatz
  9. Klick mich durch
  10. Voeglein
  11. 1 Moment [Steve Machine Remix] (Bonus Track)
  12. Nadines Korsett [Bly Remix] (Bonus Track)

Gesamtspielzeit: 45:42, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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