Noise-Wiederveröffentlichungen: Celtic Frost,
Teil 2: "To Mega Therion"
1984 erschien mit Morbid Tales die erste Veröffentlichung der Schweizer Celtic Frost. 1985 folgte eine weitere EP: "Emperors Return". Zwei Songs davon waren auf der US-Fassung (Label: Banzai) von "Morbid Tales" enthalten. Ein weiterer, nämlich "Circle Of The Tyrants", war ein Vorgeschmack auf das ein paar Monate später (im Oktober) erscheinende (Langspiel-)Debüt "To Mega Therion".
Der Titel wurde inspiriert von Aleister Crowley, der sich gerne so bezeichnetete und damit auf das große Tier aus der Offenbarung (To Mega Therion ist der griechische Begriff dafür) anspielte, also das Tier, dessen Nummer vor allem in der Metal-Szene ziemlich bekannt ist.
Das Cover griff das satanische Thema auch auf, es handelt sich um "Satan 1" (gefällt mir übrigens besser als "Satan 2") von H. R. Giger. Der Schweizer Künstler wurde berühmt durch die Erschaffung des Alien, zusätzlich dadurch, dass einige seiner Bilder als Plattencover benutzt wurden. Am bekanntesten dürfte davon Brain Salad Surgery von Emerson, Lake und Palmer sein.
Doch wenn ich eine Band mit ihm in Verbindung bringe, dann ist es Celtic Frost, was alleine durch die geografische Nähe und den persönlichen Kontakt zu Tom Warrior begründet ist.
"To Mega Therion" ziert nicht nur ein Covermotiv von ihm, sondern auch im inneren des Klappcovers (ja, Noise spendierten der Scheibe ein solches) befindet sich ein weiteres Gemälde. Die Optik ist also schon mal herausragend, doch was ist mit der Musik?
Als erstes gibt es eine kleine Überraschung: Das Intro "Innocence And Wrath" kommt mit Bläsern daher (french horn). Für eine Metal-Scheibe 1985 sehr ungewöhnlich, ist aber gelungen, wirkt düster-dramatisch.
Die Verwirrung legt sich gleich wieder, das folgende "The Usurper" ist ein typischer Frostie-Song mit dem charakteristischen »ugh« von Tom. Doch auch hier ist etwas Ungewöhnliches dabei: Dezent im Hintergrund ertönt stellenweise eine Frauenstimme.
Ansonsten erscheint die Musik ein wenig gebremster als zuvor, wirkt dadurch doomiger. Dies bleibt auch im weiteren Verlauf so.
Noch mehr Handbremse gibt es in "Dawn Of Meggido", das zudem (mal wieder) über poetische Lyrics verfügt. Hier komme ich nicht umhin, zu zitieren:
»Humilated in human form/We have to die to be reborn
Awaiting the final judgement/The dawn now lifts
Subjects of flesh/Slaves of lust
The cross has failed/You won’t see the coming fall
[…]
The frost, it bites/Your inner heart
Frozens the flame/ln every eye
The lord will come/Broken ice
The fire will burn/Gleaming ways«
Das Thema Macht, Versagen der Menschheit, Hybris und darauf folgender Fall, taucht immer wieder als Motiv auf in den Texten dieser Scheibe, passend zum Titel, dem Tier aus der Apokalypse.
Während Andere platt »Hail Satan« oder sonstige Parolen riefen, waren die Inhalte bei Celtic Frost eher symbolisch und nachdenklich, dabei sprachlich ansprechend, in gewisser Weise künstlerisch. Und… meiner Meinung nach… auf dunkle Weise schön und passend zur Musik. "To Mega Therion" hat mich damals in dieser Hinsicht emotional stark berührt und ist bis heute eine meiner Lieblingsscheiben aus den 80ern. Als ich sie gekauft habe, war dies irgendwie wie der Eintritt in eine neue musikalische Dimension für mich.
Der Auslöser (obwohl ich von der Band vorher schon Songs gehört hatte) war der Videoclip zu "Circle Of The Tyrants" – den habe ich etliche Male voller Faszination angesehen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um einen Live-Mitschnitt, der zeigt, wie es damals bei Thrash-Konzerten (heute würde das vermutlich als Extem-Metal bezeichnet werden) abging. Kombiniert mit dem Heptagram, den Bühnenklamotten der Musiker und dem grünlichen Licht entstand eine einzigartige Atmosphäre.
Schade übrigens, dass dieser Clip nicht in technisch aufbereiteter Form als Multimedia-Track auf dieser 2017-er Neuauflage enthalten ist.
Doch auch ohne visuelle Untermalung weiß der Track zu überzeugen, gerade weil nach einem schnellen Anfang das Tempo gedrosselt wird.
Ein weiteres Stück will/muss ich noch erwähnen: "Necromantical Screams", das übrigens eine neue Version des Hellhammer-Songs "Buried And Forgotten" ist. Dieses kommt schleppend, stimmungsvoll und mit als Kontrast eingesetztem Frauengesang daher. Letzteres Element sollte später noch erweitert werden und großen Einfluss auf Stilrichtungen wie Gothic Metal ausüben. Celtic Frost haben es also geschafft, nicht nur Black-, Death- und Doom Metal nachhaltig zu beeinflussen, hier kommt noch eine weitere Stilart dazu.
Die vorliegende Wiederveröffentlichung bietet zusätzlich noch die Songs der "Emperors Return"-EP (und drei weitere) – ebenso das hässliche Cover dazu im aufwändigen Booklet. Außerdem noch einige weitere Bilder, die Texte und erneut Liner Notes von Xavier Russel.
Line-up Celtic Frost:
Tom Gabriel Warrior (vocals, guitars, effects)
Dominic Steiner (bass, effects)
Reed St. Mark (drums, percussion, vocals, timpani, effects)
Wolf Bender (french horn)
Claudia-Maria Mokri (female vocals – #2,10)
Horst Müller (effects – #9)
Urs Sprenger (effects – #9)
Tracklist: "To Mega Therion"
- Innocence And Wrath (1:02)
- The Usurper (3:27)
- Jewel Throne (4:06)
- Dawn Of Megiddo (5:47)
- Eternal Summer (4:31)
- Circle Of The Tyrants (4:38)
- (Beyond The) North Winds (3:08)
- Fainted Eyes (5:09)
- Tears In A Prophet’s Dream (2:33)
- Necromantical Screams (6:02)
Bonus:
- Circle Of The Tyrants [Emperor’s Return EP] (4:27)
- Visual Aggression [Emperor’s Return EP] (4:11)
- Suicidal Winds [Emperor’s Return EP] (4:36)
- Journey Into Fear [Emperor’s Return EP Recording Sessions] (3:57)
- Visual Aggression [1988 Remix] (4:13)
- Return To The Eve [1985 Studio Jam] (4:09)
Gesamtspiellänge 65:42 , Erscheinungsjahr 2017 (Orginalerscheinungsjahr 1985)
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