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Lothar-Michael Ernst & The Full Moon Band / Stranded On Inner Shores – CD-Review

Lothar-Michael Ernst & The Full Moon Band/Stranded On Inner Shores

Lothar-Michael Ernst stammt aus Straubing, geboren dort im Jahre 1957. Nach früher Hinwendung zum Piano im Alter von sechs folgte später ein Klavier-Studium. Seit 1999 gibt es Veröffentlichungen auf Tonträger, die hier vorliegende Platte ist die vierte des Keyboarders und Komponisten. Stilistisch ist die Musik in etwa im Bereich von Prog Rock einzuordnen, und zwar jenem der melodischen Seite, mit der Betonung auf Keyboards und Gitarre. Der Gesang des Protagonisten erinnert mich in einigen Passagen ein wenig an eine Mischung von Kollegen wie Mark Knopfler,Ian Anderson und Chris Rea, die letztlich jedoch zu einem eigenen Ganzen gefügt wurden.

Die Platte startet mit einem feinen Twin-Gitarrensound, dazu gibt es Anleihen an Supertramp, ja, die höre ich heraus. Klarer Pluspunkt auf der Scheibe ist für mich der Gitarrist Christian Schwarzbach, der gleich bei den ersten beiden Titeln das Solo-Zepter in der Hand hält. Der Mann spielt einen sehr flüssigen und warm klingenden Stil, der mit Innovation und Ideenreichtum gespickt ist. "Now And Then", da gibt es Anleihen an klassische Musik im Thema und Prog-Bands, die sich auch mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben, der Gesang geht gar stellenweise, in den hohen Tonlagen,  in seinem Ausdruck in die Richtung von Robert Wyatt, ist jedoch ansonsten anderweitig orientiert, vielleicht strebt die Musik manchmal in Richtung Genesis. Auf "Turned To Stone" wirkt der Gesang dann leider etwas gepresst, wenn Ernst versucht, den Text zu stark herauszudrücken.

Einen Instrumentaltitel gibt es mit "I Wish You Could Love Me", der ganz seicht dahinschwebt, das nähert sich durchaus dem an, was man aus früheren Tagen von Bands wie Blonker vorgelegt bekommen hat, dazu versucht der Gitarrist Joachim Ernst noch ein wenig vom Flair Peter Greens zu dessen späterer Phase hinzuzufügen. Das ist angenehmes Easy Listening, nicht mehr und nicht weniger. Genauso leichtfüßig, mit einem ganz kleinen Hauch von Country, fließt "Hollywood" dahin, und hier kommt auch noch ein Touch Dire Straits hinzu. Und auch hier ist es erneut das Gitarrensolo von Christian Schwarzbach, welches den Song veredelt, leider zu kurz.

Proggig mit dem Schwerpunkt auf die Keyboards zieht es erneut in eine andere Richtung, balladesk-dramatisch im Ausdruck zähle ich "Wherefore And Why" nicht unbedingt nicht zu den Höhepunkten der Platte. Da brilliert die Band dann doch eher bei "Curious" mit leicht funkendem Blue-Eyed-Soul-Ansatz, doch hätte hier der Gesang etwas engagierter sein können. Erneut wirkt er zu hintergründig zurückhaltend und ein wenig gepresst. Mit "Down And Out" versucht man es in Richtung Jazz, zumindest beim Auftaktthema. Dieser Song hätte auch ganz gut auf eine späte Platte der niederländischen Cuby + Blizzards gepasst. Ach ja, der Jazz kommt später etwas wieder, doch bleibt das ein Element, mehr nicht. "Walking On A Wire", nein, nicht der Song von Richard & Linda Thompson, noch einmal eine Ballade, nicht besonders originell, bis dann der erste richtige Longtrack mit etwas über elf Minuten Spielzeit Fahrt aufnimmt – "The Looking Glass", vom Aufbau und der sich entwickelnden Dramatik sicher einer der Höhepunkte dieser Platte, das ist für mich sehr guter Prog Rock der verspielten und träumerischen Art.

Nach einer weiteren Ballade, "No Day Without You" erscheint mit runden zwölf  Minuten Länge das Abschluss-Statement einer – insgesamt betrachtet – guten Platte mit schönen und bedachten Arrangements und es bleibt letztlich mit "The Looking Glass" bei meinem Lieblings-Song. In diesem Stil durchgehend wäre die Scheibe auch noch interessanter geworden, zumal die Musiker dazu den entsprechend niveauvollen Background liefern.


Line-up Lothar-Michael Ernst & The Full Moon Band:

Lothar-Michael Ernst (vocals, Kurzweil K-2500, Yamaha Motif, Hohner D-6- clavinet, Kawai CN 33 electric piano)
Joachim Ernst (electric lead & rhythm guitars, acoustic guitar, mandolin)
Christian Schwarzbach (electric lead & rhythm guitars, acoustic guitar)
Steffen Knauss   (bass guitars)
Martin Klee (drums, percussion)

Tracklist "Stranded On Inner Shores":

  1. No Justice On Earth (5:25)
  2. Now And Then (4:25)
  3. Turned To Stone (4:30)
  4. I Wish You Could Love Me (5:25)
  5. Hollywood (5:20)
  6. Wherefore And Why? (6:30)
  7. Curious  (3:50)
  8. Down And Out  (6:40)
  9. Walking On A Wire (6:30)
  10. The Looking Glass  (11:10)
  11. No Day Without You (4:55)
  12. My Last Farewell  (12:00)

Gesamtspielzeit: 76:58, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

5 Kommentare

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  1. Jürgen aus Bonn

    Lieber Wolfgang,
    ich habe schon viele Rezensionen von Dir gelesen – alle waren sie fundiert und vor allen Dingen qualifiziert geschrieben. Das heißt nicht, dass ich stets einer Meinung mit Dir war; der Eindruck von Musik ist stets – wie Ilka schrieb – subjektiv.
    Die vorliegende Rezension reiht sich jedenfalls nahtlos in die Liste Deiner Veröffentlichungen auf RockTimes ein.
    Ich weiß jetzt sehr gut, was mich erwartet, wenn ich die besprochene CD von Lothar Michael Ernst hören könnte, aber ich kann nirgends wenigstens Anspieltipps finden und mein Streaming-Dienst kennt den Künstler nicht einmal. Auch auf dessen Homepage findet man keine weitergehenden Informationen.
    @Ilka: Immerhin gab es in der Augsburger Allgemeine vor vier Jahren eine Besprechung des Werkes.
    @Wolfgang: Mach weiter so, verzapfe weiterhin solch qualifizierte Rezensionen und beschreibe, was von der Musik bei Dir ankommt! Mein Dank sei Dir gewiss!

  2. Lothar Michael Ernst

    Lieber Herr Giese,

    danke für Ihre Rezension, die ich jetzt erst bemerkt habe.
    Schade, dass Sie zu allem und jedem einen Vergleich benötigen, ohne geht es anscheinend bei Ihnen nicht.
    Dass man auch mal etwas Eigenständiges komponieren könnte, kommt Ihnen offensichtlich nicht in den Sinn.
    Auch die beiden erstklassigen Studiomusiker Martin Klee ( dr ) aus Kempten und Steffen Knauss ( bass ) aus dem Stuttgarter Raum finden bei Ihnen keine Erwähnung.
    Aber Hauptsache, Sie hören Supertramp oder Genesis oder Peter Green.
    Schlimm, schlimm, schlimm.
    Hören Sie bitte auf, einen solchen unqualifizierten Stuss zu verzapfen und halten Sie sich an das, was im Herzen ankommt.
    MfG
    Lothar Michael Ernst

    1. Ilka Heiser, die 'Chefin'

      Sehr geehrter Herr Ernst,
      danke für die ’netten' Worte anlässlich der Rezension von unserem Wolfgang zu Ihrem Album. Übrigens: So sehr ich auch das Netz bemüht habe, wurde keine weitere, noch dazu so ausführliche Rezension gefunden.
      Besprechungen musikalischer Veröffentlichungen sind grundsätzlich subjektiv! Das heißt, dass unsere Rezensenten ihre ganz persönlichen Eindrücke über die Platte, abseits aller vom Promoter oder eventuell direkt vom Künstler beigefügter Materialien niederschreiben, nachdem diese mehrere ausgiebige Hördurchgänge durchlaufen haben.
      Wenn Vergleiche, noch dazu zu so prominenten Künstlern, wie in dieser Rezension gezogen werden, dann sollte das doch eigentlich für die Platte sprechen und gleichzeitig als Hinweis für die Leser dienen, die das Album nicht kennen und sich eventuell eine Vorstellung von der Platte machen möchten.
      Sorry, dass wir die Studio-Musiker nicht erwähnt haben, die sind jedoch im Line-up mit aufgeführt.
      Ich denke, dass die Rezension im Grunde genommen sehr positiv ausgefallen ist.

    2. Wolfgang Giese

      Guten Tag, Herr Ernst!

      Es ist bewundernswert, wie sehr Sie in meine Psyche und mein Denken eindringen konnten, um zu erkennen, was Sie in Ihrem Statement so locker verarbeiteten.
      Doch so kann ich das einfach nicht unbeantwortet stehen lassen. (mit Verlaub, ich fühle mich nicht beleidigt)

      a) Nein, ich benötige nicht "zu allem und jedem einen Vergleich", vielmehr besitze ich die Fähigkeit, zu assoziieren. Und wenn mir Ihre Musik entsprechende Assoziationen aufdrängt, dann entspringt das nicht meinen Gedanken, sondern Ihrer Musik! Es ginge insofern auch ohne Vergleiche, wie mir das bei einigen anderen Produktionen anderer Musiker durchaus so ergangen ist.
      Im Übrigen sollen solche Vergleiche dazu dienen, allen Hörern/innen, die die Musik der vorgestellten Platte nicht kennen, die Möglichkeit zu geben, sich in etwa vorzustellen, was sie erwartet. Das kann dochletztlich nur dienlich für einen Musiker sein, oder?

      b) Doch, mir ist durchaus bewusst und bekannt, dass jeder Musiker in der Regel bestrebt ist, etwas Eigenständiges zu komponieren. Als Summe des Ganzen wird Ihnen das sicher gelungen sein, und sei es, aus der Gesamtheit der für mich vielen Quellen, Entsprechendes geschaffen zu haben. Gegenteiliges habe ich nicht behauptet. ("die letztlich jedoch zu einem eigenen Ganzen gefügt wurden.")

      c) Ich denke, dass alle Musiker im Text Erwähnung fanden. So verweise ich auf diese Textstellen: " Da brilliert die Band….", "…zumal die Musiker dazu den entsprechend niveauvollen Background liefern."

      d) Wenn ich Anleihen an Supertramp, Genesis oder Peter Green höre, dann sollten Sie sich geehrt fühlen, damit annähernd verglichen zu werde. Dieses würde mir als Musiker kein Negativ-Erlebnis bescheren.

      e) Wie ich aufführte, fühle ich mich nicht beleidigt, aber solche Äußerungen bzw. bereits einer Aufforderung gleichkommende Aussagen, wie "aufzuhören, einen solchen unqualifizierten Stuss zu verzapfen", kommen dem Tatbestand einer Beleidigung recht nahe, sofern sie ihn nicht gar erfüllen…. Auch ich halte DAS für "Schlimm, schlimm, schlimm". Im Übrigen hat mich Ihr Vortrag eher belustigt als empört und schlage hinsichtlich möglicher weiterer Rezensionen Ihrer Platten vor, Ihnen vorab einen Beleg zur Korrektur zu übersenden. Ja, die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos…

      Wolfgang Giese

      P.S.: Ein Verriss sieht anders aus! Ich denke, meine Rezension enthält einige positive Aussagen, oder?

    3. Michael Breuer

      Werter Herr Ernst,

      Demut und Dankbarkeit denen gegenüber, die einem zur Seite stehen, sind eine Zierde menschlichen Geistes.
      In Zeiten, wo zig tausend Berufskollegen um ihre Existenz fürchten, als Musiker ausgerechnet denjenigen zu beleidigen, der scheinbar fast als einziger im bekannteren Teil des Universums Ihr hier beschriebenes Machwerk öffentlich und ausdrücklich positiv besprochen hat, spricht ebenfalls für eine besondere Art von Charakterzug, wenngleich am anderen Ende des Spektrums.

      Und da Sie so unsäglich gegen das weltweit anerkannte und auch im professionellen Musikjournalismus verbreitete Stilmittel des Vergleichs wettern: Ich selbst war bis vor ein paar Wochen für RockTimes tätig und habe in meiner aktiven Zeit häufiger über Neal Morse berichten dürfen. Gerade bei seinen monumentalen Werken habe ich unzählige Vergleiche verwendet – völlig zu Recht aus meiner Sicht, denn die beschriebenen Platten waren damals noch nicht veröffentlicht und der Leser konnte sich selbst kein Bild von der Musik machen. Vergleiche dienten dem Verständnis. Neal hat sich übrigens nicht beklagt. Statt dessen hat er mir im Nachgang eines gemeinsamen Interviews sehr herzliche und ehrlich gemeinte Glückwünsche zum achtzigsten Geburtstag meiner geliebten Mutter übermittelt. Das sind Wesenszüge eines weltweit gefeierten Musikers, vor allem aber eines wundervollen und warmherzigen Menschen.

      Ihr Kommentar ist irgendetwas anderes.

      Michael Breuer

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