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My Darling Clementine / Still Testifying – CD-Review

My Darling Clementine - Still Testifying - CD-Review

Die Band My Darling Clementine wurde im Jahr 2011 von den verheirateten Musikern Michael Weston King und Lou Dalgleish gegründet und war eigentlich als reines Spaß-Projekt gedacht. Dann kam es aber doch ziemlich schnell zur Veröffentlichung des ersten Albums How Do You Plead?, auf dem das Duo (mit Begleitmusikern) der Country-Musik der fünfziger und sechziger Jahre frönte, inklusive einiger Duette, die laut Promo-Material doch sehr in Richtung George Jones/Tammy Wynette tendierten. Zwei Jahre später (2013) erschien mit "The Reconcilation" der Nachfolger, bevor es anschließend etwas ruhiger um die beiden Engländer wurde. Satte vier Jahre gingen am Ende ins Land, bis vor einigen Wochen mit "Still Testifying" eine neue Scheibe vorgelegt wurde.

Darauf kann der Hörer durchaus Veränderungen im Sound feststellen, denn die Musik von My Darling Clementine hat zweifelsfrei einen Zacken drauf gelegt. Aber obwohl sich die Briten hinsichtlich rockigeren Einflüssen etwas weiter aus dem Fenster gelehnt haben, haben sie sich ihre Liebe für Country-Duette im alten Stil durchaus bewahrt. Eröffnet wird die Scheibe von "The Embers And The Flame" und einem Riff, das frappierend an den Beginn von Christine’s Tune (Devil In Disguise) der seligen Flying Burrito Brothers erinnert. Für die Protagonisten spricht, dass sich die Nummer anschließend aber in eine ganz andere Richtung bzw. ihren ganz eigenen Song entwickelt. Da geht es ganz flott und sogar von Bläsern unterstützt zur Sache, wenn die hier vielleicht doch vorteilhaft gewesenen Ecken und Kanten von der Prouktion dann doch wieder ziemlich – und für meinen Geschmack sogar zu sehr – glattgebügelt wurden. Dennoch ein guter Track, der neugierig macht und auf mehr hoffen lässt. Bei "Eugene", das vokaltechnisch ganz klar Lady Dalgleish gehört, wird es dann aber deutlich balladiöser. Ihr Ehemann greift gesanglich zwar auch ein, zieht bezüglich der Performance aber ganz klar den Kürzeren. Auch dieses Stück geht ganz klar als Sieger durchs Ziel.

Danach wird es – je nach Geschmack – allerdings etwas wechselhaft, um es mal in der Meterologen-Sprache auszudrücken. Cool ist definitiv, dass sich die beiden nicht gescheut haben, auch am Soul ("Yours Is The Cross That I Still Bear") oder ansatzweise gar am Gospel zu kratzen. Leider hat man aber das Gefühl, dass dabei die letzte Konsequenz gefehlt hat, eventuell auch das letzte Quäntchen Mut, um diesbezüglich so richtig Nägel mit Köpfen zu machen. Nach dem Schmachtfetzen "Since I Fell For You" geht es bei "There’s Nothing You Can Tell Me (That I Don’t Already Know)" glücklicherweise wieder deutlich rockiger zur Sache. Beendet wird die Scheibe durch "Two Lane Texaco" sowie "Shallow" auf der klassischen Sechziger-Herzschmerz-Country-Schiene. Das ist alles sauber und sogar richtig gut gemacht, aber man muss halt doch ein Faible für diese Art von Country haben.

My Darling Clementine bzw. Michael Weston King und Lou Dalgleish haben sich zweifelsohne sowohl vom Sound, als auch beim Songwriting weiterentwickelt und sind für "Still Testifying" teilweise in neuen Gewässern geschwommen. Was man durchaus als gelungen bezeichnen kann. So ganz loslassen von ihrem ursprünglichen Sound konnten (und wollten) sie dennoch nicht, was sich auch dadurch ausdrückt, dass hier deutlich mehr Balladen, als Midtempo-Stücke enthalten sind. Man kann dem Album zwar keinesfalls seine Existenzberechtigung absprechen, aber die Platte verströmt ein wenig das Feeling, dass sich die Band bzw. Mr. King und Mrs. Dalgleish gerade in einer Umbruchphase befinden.

Das Thema My Darling Clementine dürfte also ein spannendes bleiben. Allen, die mal reinhören möchten, würde ich "The Embers And The Flame", "Eugene", "There’s Nothing You Can Tell Me (That I Don’t Already Know)" sowie "Yours Is The Cross That I Still Bear" empfehlen.


Line-up My Darling Clementine:

Michael Weston King (acoustic guitars, lead vocals)
Lou Dalgleish (piano, percussion, lead vocals)
Martin Belmon (electric & baritone guitars)
Neil Bullock (drums)
Alan Cook (pedal steel guitar)
Kevin Foster (electric & acoustic bass)
Liam Grundy (piano, Wurlitzer)
Geraint Watkins (organ, accordion)
Bob Loveday (violin, viola, recorder)
Matt Holland (trumpet, flugelhorn)
Nick Pentelow (saxophone, clarinet)
Andy Wood (trombone, euphonium)
Neil Brockbank (vibraphone)
Mabel Dalgleish-King (recorder, glockenspiel, harmony vocals)
Tucker Nelson (bongos, horses hooves, background vocals)
Oliver Darling (background vocals)
Angie Pollock (background vocals)

Tracklist "Still Testifying":

  1. The Embers And The Flame
  2. Eugene
  3. Yours Is The Cross That I Still Bear
  4. Since I Fell For You
  5. There’s Nothing You Can Tell Me (That I Don’t Already Know)
  6. Jolene’s Story
  7. Friday Night, Tulip Hotel
  8. Just A Woman
  9. Tear Stained Smile
  10. Two Lane Texaco
  11. Shallow

Gesamtspielzeit: 41:58, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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