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The Double Vision / Electric Wood – CD-Review

Gleich vorab: Um meine nachfolgenden Zeilen etwas besser einordnen zu können: Ich mag keine Coverbands!

The Double Vision aus Erfurt ist seit 2007 als Rory Gallagher-Tribute-Band unterwegs und das wohl auch recht erfolgreich. Und so präsentieren sie mit dieser CD mittlerweile ausschließlich eigene Songs, alle komponiert vom Sänger und Gitarristen Stephan Graf.

Nun, lassen wir doch einmal meine Aversion beiseite und vergessen wir einmal, dass Rory Gallagher jemals existierte. Dann bin ich zumindest in der Lage, meinen Gedanken ungehindert freien Lauf zu lassen. Wir haben hier also ein Trio, das in einer klassischen Rockbesetzung mit Gitarre, Bass und Schlagzeug plus Gesang eine Musik vorstellen, die sich aus dem Blues speist, und das mit einem dicken Gerüst namens Rock versehen. Nun versuche ich, weil ich es ja nicht weiß, einzuordnen, wann diese Songs wohl entstanden sein mögen. Die Angaben auf dem Cover erzählen es mir zwar, nämlich im Dezember 2015/Januar 2016 im Blackbird Studio in Gossel/Thüringen.

Doch, ich habe mich ja gelöst von Fakten und so verorte ich die Musik gefühlsmäßig eindeutig in die Siebziger, irgendwo mittendrin. Rhythmusgitarre, darüber die Slide, ein führender Bass und hämmerndes Schlagzeug, das aber noch das gewisse Maß an Leichtigkeit aufweist, und ein rauer Gesang mit dem Sound leicht unterdrückten Schreiens – ausdrucksvoll – hört sich an wie ein britischer Mundsprachler. Und immer wieder ist deftiger Bluesrock die Basis für flüssige Improvisationen auf der kräftig gespielten Gitarre, die klar nach Fender klingt. Und so wechseln schnelle und weniger schnelle Songs, die von guter Qualität sind. Ein Stimmungswechsel steht dann an mit dem "Redemption Blues", hier wird die akustische Gitarre satt eingesetzt und darüber jault die Slide wieder enthusiastisch, und die Mandoline wurde wohl auch zur Hand genommen, so dass ein rechter "Wall Of Sound" entstand. Das klingt dann doch schon ein wenig nach Mungo Jerry, oder? Nach elf Songs wird es Zeit für den Bonustrack, in deutscher Sprache vorgetragen. Mit Verlaub, ein netter Versuch, doch für mich kein Zugewinn für die ansonsten wirklich gute Scheibe. Es ist ganz einfach die Stimmung, die im Verbund von Sprache, stimmlicher Ausgestaltung und Musik nicht passt. Da sträubt sich etwas in mir….

Ach ja, da war ja noch etwas! Irgendwie erinnern mich die Kompositionen an jene eines irischen Musikers namens Rory Gallagher, ein Mann, dessen Sound mich stets vom Hocker stießen, mit diesem Feeling, dieser oft zu spürenden Verzweiflung, Lebensfreude und diesem Gänsehautfeeling bei so manch einem Stück. Wären die hier vorliegenden Songs seine, wunderte ich mich darüber, wo all' das nun geblieben ist. Und noch einmal: Ich mag keine Coverbands, aber die Musik von The Double Vision ist gut, und auf einem guten Weg, etwas Eigenständiges zu schaffen und sich vom Vorbild zu lösen.


Line-up The Double Vision:

Stephan Graf (vocals, guitar, acoustic guitar, mandoline)
Torsten Sieboldt (bass)
Silvio Remus (drums)

Tracklist "Electric Wood":

  1. Devils Got His Hands On It
  2. Feet Of Kolossus
  3. 1989 (Better Say Goodbye)
  4. Not Guilty
  5. Wild Child
  6. Beggin' For Love
  7. What’s Your Vision?
  8. Redemption Blues
  9. Free Like A Hawk
  10. Shadow On My Shoulder
  11. Ready To Roll
  12. So lange her (Bonus)

Gesamtspielzeit: 55:30, Erscheinungsjahr:2016

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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