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Lea W. Frey / Plateaus – CD-Review

Einem Studio entfleuchte Neuabkömmlinge, die einerseits Indie-gezeugte und soundtrunkende Antipop-Synthesen, andererseits schamanisch anmutende Sanges-Ätherika in sich tragen, stellt manch Mainstream-fernen Schreiberling entweder vor jene Herausforderung, in objektivitätentwurzeltes Jubilieren oder nüchternes Analysieren musischer Gegenentwürfe zu verfallen.
Künstlerische Endprodukte aus Spree-Athener Altbau-Schluchten versprühten von jeher eine unterkühltere Aura und atmosphärisch beschwörende Klangwelten, somit uns Lea W.Freys eigenkomponierter Paukenschlag "Plateaus" Grossstadtdschungel-typisiertes, zudem Herbst-passables Nischenfutter dafür liefert.

So vermag mit zunehmender Dauer ein zu gefrieren drohender Mahlstrom aus kompositorisch sinnlicher Sparsamkeit und elegischen Volten der Neu-Köllnerins verleibte Gabe für konventionsfreie Jazzästhetik nebst elektronisch-wirkungsverstärkten Petitessen den klangaffinen Hörer allemal mitreißen.
Dafür sorgt obendrein der sanfte Odem von Leas Stimmlippen die, gleichsam einer den Niederungen entkörperter Zwischenwelten entstiegenen Beschwörerin, durch jenes klangelementare Universum aus bildwerfenden Transistoren-Flüstern, psychedelischen Saiten-Mantras und taumelnde Jazz-Beats streift.
Leas Bündnisse vergeistigter Philosophien von weitläufigen Erhebungen als magischer Fluchtpunkt sowie ihr Kunstlied auslotender Surrealismus begleiten mit jener frostschmelzenden Fragilität und stilistisch sondierenden Einfühlungsgabe die Großteils suggestiven Soundmonstren.
"Plateaus" offenbart im Gegensatz zu allem vormals eigenkolorierten Gassenhauer-Recyclings eine virtuos heterogene Personalaufstockung, dazu ein Mehrwert an Personality und ihrem Hirnlabyrinth entsprungenes Puzzlefragment einer seltsam zerbrechlichen, überdies transzendenten Gedankenwelt.
Neben den bewährten Gebrüdern Meyer kultivierten nun zusätzlich Notwist-Felle-Meister Andy Haberls iterative Walldorf-Takte und Liz Kosacks nebulöse Klangschwaden die mannigfaltig mit ätherischen Indie Pop, bildungsbürgerlichen Jazz und Halluzinogenen gekreuzten Song-Korpusse.

So erbieten Songs, mit Ausnahme des rockaggregaten "Dylan", wie "Mountains Die" als daunengelagerter und halbbetäubter Trip-Hop-Einstieg, Leas Feenstaub gepudertes "Water’s Ember" oder ein Pop-Konventionen verletzendes Gutenachtlied wie "Ghost Dog", dies verführerisch schmelzige und mit betörender Seltsamkeit fließende Emotions-Parfait.
Scheinbar losgelöst züngelt sich Ihr entrückter und nordisch belegter Zungenschlag zwischen den unterkühlten, gleichwohl verzögert wärmenden Soundscapes der behaglichen Akustiksaiten, elektronischer Mimikry sowie Haberls sachten Groove, und balsamiert letztlich des wundbaren Hörers jegliches Pläsierchen.

Kurzum beansprucht "Plateaus" für sich jenen musikalisch Sinne betäubende Bouquet ausgereifter Schlafmohnfelder und den Hauch einer unterkühlten Herbstnacht, somit auch einen Platz in Euren nach Behaglichkeit verlangenden Heimstätten.


Line-up Lea W. Frey:

Lea W. Frey (vocals)
Liz Kosack (synths)
Peter Meyer (guitars)
Bernhard Meyer (bass)
Andi Haberl (drums, drum machine, glockenspiel)
Guest:
Julius Heine (vibraphone, glockenspiel)

Tracklist "Plateaus":

1.Mountains Die
2.Ghost Dog
3.Plateau
4.Water’s Ember
5.Copy Yourself
6.The Lore (Rivergirl)
7.Dylan
8.Dancers
9.Come Home

Gesamtspielzeit: 44:08, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Ingolf Schmock

Als gebürtiges Mauerkind zudem frühzeitig mit westlichen Rock'n Roll-Ultrakurzwellen-
Oddyseen und Beatclub-Aufklärungen sozialisiert, galt mein musikalisches Verständnis
deren meist langmähnigen Aussenseitern. The Who, Small Faces, The Move...,später dann
Hartglötzer wie Black Sabbath, Deep Purple&Co., zu guter Letzt Schwurbel-Pioniere
ala Yes, Genesis, ELP...waren (sind) meine Helden sowie Seelenklempner.
Heute liegt mein Hauptaugenmerk (auch Hierzulande) auf sowohl handgemacht Rockistischem
mit Engagement und Seele, als auch Prog-gebrandmarkten virtuos-Verspieltem.

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