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Magna Carta / Seasons – LP-Review

Magna Carta - Seasons - LP-Review

Im April 1969 fanden in London die drei Musiker Chris Simpson (guitar, vocals), Lyell Tranter (guitar, vocals) und Glen Stuart (vocals) zusammen, die bereits im Folgemonat ihr erstes Konzert unter dem Bandnamen Magna Carta gaben. Nach dem gleichnamigen Debütalbum aus jenem Jahr (das über die Jahre auch als "This Is Magna Carta" sowie "Times Of Change" wiederveröffentlicht wurde), gelang der Band 1970 mit dem Zweitwerk "Seasons" ihr größter Erfolg. Danach begann es zu bröckeln und Lyell Tranter schmiss als erster Musiker die Brocken hin, um in seine Heimat Australien zurückzukehren. Mit "Songs From Wasties Orchard" (1971) sowie "Lord Of The Ages" (1973) konnte Magna Carta nochmal kräftig auftrumpfen, aber die sehr vielen Line-up-Wechsel – auch Glen Stuart hatte irgendwann die Nase voll, was Chris Simpson als einziges Original-Mitglied zurückließ – machten der Combo dann doch stark zu schaffen, sodass der große Erfolg ab etwa Mitte der siebziger Jahre schon wieder Vergangenheit war.

Aber zurück zu dem mir nun vorliegenden Album "Seasons", das in diesem Herbst noch einmal auf schönem und super klingendem 180g-Vinyl neu aufgelegt wurde. Folk Rock steht auf der Visitenkarte von Magna Carta und… Folk Rock it is. Nicht unbedingt im Sinne der Byrds (wobei wir auf die Kalifornier noch zu sprechen kommen werden), vielmehr waren die drei Musiker damals doch sehr eindeutig als 'britisch' erkennbar. Die gesamte Scheibe wurde von Chris Simpson komponiert und die komplette erste Seite (bzw. die komplette Scheibe) ist ein zusammenhängendes Ganzes. Auf Seite 1 gibt es keine Pausen, zwischen den gesungenen Tracks werden immer wieder auch Gedichte (zu Musik) vorgetragen und somit vermittelt der erste Part das Flair einer kompletten Geschichte, die man sich genüsslich zu englischer Folk Music im Stil der Sechziger anhören kann.

Tatsächlich gibt es auch – mal mehr und mal weniger – starke Referenzen auszumachen. So tauchen zeitweise unweigerlich Simon & Garfunkel vor dem geistigen Auge auf, dann findet man sich durchaus mal in Parts wieder, für die die bereits weiter oben erwähnten Byrds Pate standen. Und dennoch bleibt der Grundtenor durchweg britisch bzw. englisch, was natürlich auch an dem gesanglichen bzw. gesprochenen Vortrag liegt. Allerdings nicht nur, denn Magna Carta ließ durchaus auch folkloristische Elemente ihres Heimatlandes einfließen. Bezüglich der Tempi wurde sehr variantenreich vorgegangen, was dann der Kurzweiligkeit zum verdienten Durchbruch verhilft. Mit Tony Visconti (bass, ) sowie Rick Wakeman (piano, keyboards) – um nur mal zwei Namen zu nennen – hatte man sich dazu noch prominente Verstärkung ins Studio geladen, was ganz sicher nicht geschadet hat.

Die zweite Seite beginnt mit dem flotten "Goin' My Way (Road Song)", das einmal mehr im positivsten Sinn etwas an Simon & Garfunkel erinnert. Musikalisch bleibt sich die Band hinsichtlich des ersten Teils treu, wenn auf dem zweiten auch die zu Musik gesprochenen Gedichte fehlen. Und von den Songs her ist hier sogar noch eine gefühlte Steigerung erkennbar. Auf dieser zweiten Hälfte treten die psychedelischen Einflüsse verstärkt auf und bei manchen Gesangs-Arrangements fühlt man sich gar an die Fab Four erinnert. Magna Carta gibt es übrigens auch heute noch, wenn auch mit Chris Simpson als einzigem und konstanten Original-Mitglied. Das letzte Album "Fields Of Eden" erschien im Jahr 2015.

Letzen Endes nicht unbedingt ein Jahrhundert-Album, aber dennoch war "Seasons" eine der prägenden Folk-Scheiben aus dem England der späten Sechziger und stand somit in ganz starker Konkurrenz zu Bands wie etwa Fairport Convention. Fans dieses Genres und dieser Zeit können deshalb mit einem Kauf definitiv nichts falsch machen. Eine starke Scheibe, die perfekt und am allerbesten in die Jahreszeit der kalten Monate passt, in der man sich am liebsten mit warmen, wohligen Klängen zu Hause im Warmen verkriecht und sich den Regen oder Schnee durchs Fenster anschaut.


Line-up Magna Carta:

Chris Simpson (acoustic guitars, lead vocals)
Lyell Tranter (acoustic guitars, lead vocals)
Glen Stuart (lead & harmony vocals)

With:
Davy Johnstone (electric guitars, sitar)
Rick Wakeman (piano, organ)
Peter Willison (solo cello)
Derek Grossmith (flute)
Tim Renwick (recorders)
Spike Heatley (string bass)
Tony Visconti (Fender bass, recorders)
Barry Morgan (drums)
Tony Carr (drums)

Tracklist "Seasons":

Side 1:

  1. Seasons – Prologue
  2. Seasons – Winter Song
  3. Seasons – Spring Poem
  4. Seasons – Spring Song
  5. Seasons – Summer Poem
  6. Seasons – Summer Song
  7. Seasons – Autumn Song
  8. Seasons – Epilogue
  9. Seasons – Winter Song (Reprise)

Side 2:

  1. Goin' My Way (Road Song)
  2. Elizabethan
  3. Give Me No Goodbye
  4. Ring Of Stones
  5. Scarecrow
  6. Airport Song

Gesamtspielzeit: 22:21 (Side 1), 18:43 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2017 (1969)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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