Tombstone – spontan denke ich an Western, staubige Landschaft irgendwo in den USA, Lagerfeuer und Country/Americana.
Doch bei der mir vorliegenden Band mit diesem Namen liege ich da gehörig daneben.
Westen stimmt in etwa, allerdings in Deutschland und es ist eher die triste Landschaft der Zechen des Ruhrgebietes. Jedoch weder in heutiger Zeit noch in der Vergangenheit, sondern in einer düsteren Zukunft, in der die Anlagen still stehen und teilweise von Gras überwuchert sind. So zeigt es das CD-Cover und deutet schon an: Hier gibt es keine Lagerfeuerromantik aus vergangener Zeit, sondern Einblicke in eine postapokalyptische und postindustrielle Welt werden hier vertont. Harsch, aggressiv, dystopisch.
Die Musik dazu ist Groove Metal mit deutschen Texten. Auf dem Demo ("Ignition" von 2012) und dem Debüt ("Point Of No Return", 2014) hatten Tombstone noch Englisch als Sprache, beim Songwriting für die neue Scheibe entschieden sie sich jedoch, dies nun zu ändern. Ein Alleinstellungsmerkmal in der Szene (wie die Info meint), sehe ich darin jedoch nicht, denn mir sind einige Bands bekannt, die Deutsch verwenden. Manchmal mehr gelungen, manchmal weniger, denn das kann teilweise schnell platt wirken.
Zum Glück ist dies bei "Evolution" nicht der Fall, auch wenn Sätze wie
»Spieglein, Spieglein an der Wand / Wer ist der Schönste hier im Land«
schon etwas abgedroschen wirken im ersten Moment, jedoch geht es interessant weiter
»Die Welt der Spiegel / Jeder hier will Richter sein /
Die Welt der Spiegel / und schaut nur in sich selbst hinein«
[…]
»Viel zu blind für diese Welt /Hinter den Spiegeln / Hinter sich selbst«
Auch die restlichen Lyrics sind sozialkritisch und direkt, dabei jedoch nicht plump. Durch die angegrowlten/-keiften Vocals kommt die Sprache außerdem nicht zu aufdringlich, sondern die Stimme ist nur ein Teil des Gesamten. Insgesamt ist "Evolution" ruppig, rau, hart und direkt. Die transportierte Aggression wirkt nicht übertrieben, ebenso wird nicht auf übertriebene Brutalität gesetzt oder gar auf Hyperblasts. Nein, die Geschwindigkeit ist eher im mittleren Bereich, teilweise wird sogar noch gedrosselt, was Tombstone durchaus gut zu Gesicht steht. Kleine Gewalteruptionen und Wutausbrüche kommen natürlich auch vor, schnellere Parts lockern genauso auf, wie wenn etwas gebremst wird. Es wird nicht stumpf vor sich hingebollert, ein gewisses Maß an Variation ist schon vorhanden.
Die Songs sind alle kurz und knackig, lediglich "Erwachen" überschreitet die Vier-Minuten-Marke knapp, alles andere liegt darunter. Nun, hier soll nichts episch oder lang sein, sondern gradlinig zur Sache gekommen werden, das Material soll nicht zu komplex sein, sondern Energie transportieren.
Dies gelingt Tombstone durchaus, in dieser Hinsicht hält "Evolution" was es verspricht. Ein innovatives Meisterwerk ist dabei nicht zu erwarten, will die Scheibe aber auch gar nicht sein. Sondern ehrlich und hart, wie die Kumpel im Ruhrpott (die Band bezeichnet sich selbst als 'Death Metal-Malocher'), die nach einem langen Arbeitstag ihren Frust abbauen wollen. Dies dennoch nicht stupide oder anspruchslos, sondern schon auf einem gewissen Level ohne zu hochtrabend zu sein.
Wer die gleichen Erwartungen/Ansprüche hat, könnte an diesem Werk Gefallen finden.
Line-up Tombstone:
Maddin (vocals)
Andi (guitars)
d’hAmm (guitars)
Markus (drums)
Tracklist "Evolution":
- Intro (0:23)
- Immun (3:18)
- Erwachen (4:03)
- Welt in Scherben (3:48)
- Alptraum (3:18)
- Evolution (3:20)
- Mehr davon (3:41)
- Schweigen (3:18)
- Spiegelwelten (3:43)
- Vor Tag (3:56)
Gesamtspielzeit 32:49, Erscheinungsjahr 2018
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