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Rock Circus / Live im Chikago – CD-Review

Rock Circus / Live im Chikago

Das sind keine Schreibfehler, nicht "Live in Chicago", sondern "Live im Chikago" ist schon richtig. "Chikago", das war ein Musikclub in Hamburg, in den Siebzigern sehr angesagt. Auch eine Band namens Rock Circus trat dort auf, allesamt Musiker, die in den Sechzigern gestartet waren und in der Basis aus folgenden Mitgliedern bestehend: Herbert Hildebrandt, Rock Circus-Boss und Mitgründer der Rattles sang und spielte Bass, Niels Tabi, ehemals bei den German Bonds, war der Schlagzeuger. Pianist Bernd Schulz, damals eine 'Leihgabe' von Rudolf Rock und die Schocker, war auch einst bei den Rattles tätig. Dazu noch der Gitarrist Hannes Bauer (Bock Rock und seit Urzeiten Stammgitarrist bei Udo Lindenberg),  Eckart Hofmann (Saxophon, Flöte), ebenfalls in Diensten von Rudolf Rock und zuvor bei den Dirty Dogs, sowie Sigi Bensinger am Saxophon, in den 60er Jahren bei Mike Roger And His Machine Guns und den King Boys beschäftigt. Nun, überregional sicher keine bekannten Namen, doch in Hamburg kannte man sie und liebte sie bestimmt.

So spielte die Band oft bis drei Uhr morgens, und dank Sireena Records ist die Atmosphäre solcher Auftritte nun auf Tonträgern nachzuvollziehen. In der Nacht vom 7. auf den 8. März 1979 standen der Basisband noch etliche Gäste zur Verfügung und auf der Bühne: Rattle (und ex-Randy Pie) Dicky Tarrach für sechs der zweiundzwanzig Titel am Schlagzeug, Fats von Fats & His Cats, Peter Kirchberger, der Lead-Sänger von Rudolf Rock & die Schocker, Gary Glitter, Carlo Blumenberg (Dirty Dogs), Ingeburg Thomsen und Jutta Weinhold, Tony Cavanna alias Lee Patterson und Lord Ulli aus Berlin. Ulli Salm alias Rudolf Rock spielte bei drei Titeln am Bass. Ferner zeigte sich Neil Landon, einst bei den Flowerpot Men und Fat Mattress, bis sich nach vier Stunden dann noch Eric Burdon einfand. Für Fans dürfte dieses ein unvergessliches Erlebnis gewesen sein.

Wenn deutsche Bands versuchten, amerikanischen und englischen Vorbildern nachzueifern, war das nicht immer gelungen, sowohl in den sechziger als auch in den siebziger Jahren. Oft haftete der Musik etwas Steifes und wenig Elastisches an, schlimmstenfalls wirkte es dilettantisch, besonders in den frühen Sechzigern, wo sich so manches britische Publikum erheiterte, besonders über die Aussprache des Englischen. Nach und nach hatte sich dann eine typisch deutsche Spielart herausgearbeitet, ganz besonders sicher mit dem Krautrock jener Tage. Und hier wurde nun deutsch gerockt.

Mit einem Instrumental startet die Doppel-CD, das ist der "Chikago Rock", mit dem verstimmt klingenden Klavier und einem stampfenden Schlagzeug. Sicher ist das keine Meisterleistung einer Komposition, aber wahrscheinlich als Erkennungsmelodie geeignet, und die Bläserarrangements sind durchaus auch gelungen. Wie bereits im ersten Song auffällig, stört mich dieser maschinenhafte Einheitssound des Drummers und auch Hildebrandt ist nicht unbedingt ein begnadeter Sänger. Da zeigt sich Fats auf einem Song seines Namensvetters Fats Domino auf "I’m Ready" dann doch als Glücksgriff, auf zwei Titeln immerhin. Mit "Shimmy Shimmy" geht es endlich engagierter ab, die Band, einschließlich des Schlagzeugers, scheint sich eingespielt zu haben, das geht gewaltig ab á la Rockpile, der Klasseband jener Tage um Dave Edmunds und Nick Lowe.

Peter Kirchberger versucht sich dann als Elvis mit "It’ll Be Me", gar nicht einmal so schlecht. Und so ist es natürlich interessant, den sich abwechselnden Sängern zu lauschen. Die beiden letzten Songs der ersten CD gehören dann Gary Glitter, nun ja, ganz seiner Stimme mächtig schien er auch nicht mehr zu sein, die Glam Rock-Zeiten waren halt vorbei.

Wir kommen nun zum zweiten Silberling, hier schreit sich der Dirty Dog Carlo Blumenberg stimmgewaltig seinen Rock’n’Roll aus dem Leib, und die Band ist inzwischen total warm gespielt und rockt wie der Teufel. Auf "Send Me Some Lovin'" wird er von Ingeburg Thomsen unterstützt, aber der Sieg geht klar an Carlo! Ingeburg ist dann doch ein wenig überfordert. Jutta Weinhold stellt sich für die beiden folgenden Nummern zur Verfügung, sie hat dann doch das bessere Feeling für diese Musik. Lee Patterson ist der Nächste, macht er gut, und auch Lord Ulli mit dem alten Lords-Hit beherrscht die englische Sprache nun doch besser. Bevor der Gesangsstar des Abends aufläuft, darf Neil Landon noch einmal ran, um einen eigenen Song vorzustellen. Ich habe ihn damals mit seiner Band oft live erlebt und er macht auch hier seine Sache gut. Und jetzt – Vorhang auf für Eric! Eric Burdon treibt die Band unerbittlich an und gemeinsam sorgte man bestimmt für den tollen Höhepunkt dieses rockenden Musikabends.


Line-up Rock Circus:

Herbert Hildebrandt (bass, vocals – CD 1, #2, 5, 6, 8)
Niels Tabi (drums, vocals – CD 1, #9)
Eckart Hoffmann (sax, flute)
Sigi Bensinger (sax)
Bernd Schulz (piano)
Hannes Bauer (guitar)
Fats (vocals – CD 1, #3, 4)
Peter Kirchberger (vocals – CD 1, #7)
Gary Glitter (vocals – CD 1, #11, 12)
Carlo Blumenberg (vocals – CD 2, #1, 2)
Ingeburg Thomsen (vocals – CD 2, #2)
Jutta Weinhold (vocals – CD 2, #3, 4)
Lee Patterson (vocals – CD 2, #5)
Lord Ulli (vocals – CD 2, #6)
Neil Landon (vocals – CD 2, #7)
Eric Burdon (vocals – CD 2, #8-10)
Dicky Tarrach (drums)
Ulli Salm (bass)

Tracklist "Live im Chikago":

CD 1:

  1. Chikago Rock
  2. We Will Rock You
  3. I’m Ready
  4. Hello
  5. La La La
  6. Shimmy Shimmy
  7. It’ll Be Me
  8. Hello Highway
  9. Love Of My Life
  10. Rock Overture
  11. Boney Moroney
  12. The Wanderer

CD 2:

  1. True Fine Mama
  2. Send Me Some Lovin'
  3. Do It
  4. Make Me A Pallet On The Floor
  5. Sweet Nothin'
  6. Shakin' All Over
  7. Hell Cat Lady
  8. See See Rider
  9. Hoochie Coochie Man
  10. Jam Rock

Gesamtspielzeit: 41:21 (CD 1), 41:36 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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