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Marcelo Paganini / B4 Ever Now – CD-Review

Marcelo Paganini / B4 Ever Now – CD-Review

Erstaunlich, was einem immer wieder mal über den Weg läuft, bzw. in Form eines Tonträgers ins Haus flattert. Aktuell ist das eine EP von Marcelo Paganini, einem französisch-brasilianischen Musiker, Filmemacher, Schriftsteller, Sänger, Dichter, Sounddesigner, Jounalist … und Kaffee kann er sicher auch ganz vorzüglich kochen. Ein Tausendsassa also, der mir bis dato allerdings gänzlich unbekannt war.

Auch die mitwirkenden Musiker sind auf den ersten Blick nicht im Künstlerindex meiner Kopffestplatte gespeichert. Bei Eumir Deodato ist das normal, denn der 75-jährige Pianist ist Jazzer und somit nicht in meinen bevorzugten Genres beheimat. Wo Marc Madore unterzubringen ist, kann ich nicht herausfinden, aber Gary Husband regt Synapsen an. Solche Namen behalte ich, da sich schöne Ableitungen ergeben: Wird die Ehemann heißende Ehefrau ihres ebenfalls Ehemann heißenden Ehemannes zum Beispiel gefragt, wo ihr Ehemann ist …. Und in der Tat ist eine Gary Husband-Platte auch im RockTimes-Künstlerindex zu finden.

Auch wenn auf Durga McBroom auf Anhieb nichts Klingeln lässt, so habe ich die Frau schon tausendmal gehört. Sie ist auf vielen Pink-Floyd-Scheiben als Backgroundsängerin zu genießen. Mit der Musik des gleichnamigen Niccolòs hat Marcelos Platte nichts zu tun; hier geht es um eine Mischung aus Fusion, Progressive und scheinbarerer Improvisation.

Musik macht der Protagonist, der in Paris lebt und in der Normandie ein eigenes Studio besitzt, seit 1975. Aus seiner Komponistenfeder flossen bis dato etwa 350 Stücke und auch die vier Songs auf vorliegender EP stammen von ihm. Alle Tracks finden sich auf seinen drei bisherigen Alben, allerdings dort mit zum Teil anderer Besetzung. Auch wurden die Nummern für diesen Output neu gemixt, gemastert und etwas umarrangiert, bzw. für Durga McBroom angepasst.

Ich kenne die Originalversionen nicht, muss dem neu gemasterten Silberling aber in weiten Teilen einen etwas dünnen Sound nachsagen. Das mag aber durchaus in des Komponisten Absicht liegen. In der ersten Nummer "Crying With A Smile" geht es, grob gesagt, um das Leben an sich und Marcelo hat da auch viel eigen Erlebtes verarbeitet. Zu "Crying With A Smile" wird es auch einen experimentellen Kurzfilm für ein Filmfestival geben. Schön bereits hier der Auftritt von Durga bzw. deren Stimme. Zeitlos wirkt das Stück, das durch eruptive, elektrisierende Gitarrensoli dynamische Momente erfährt. Übrigens, nach mehrmaligem Hören – was mal wieder beweist, dass der erste Eindruck nicht unbedingt der finale sein muss – ist der Sound gar nicht mehr so dünn. Es ist ja nun mal auch kein Stadionrock.

"Last Bart To San Bruno" sowie "B4Ever Now" sind zwei jazzige Lieder, die erst mal durch die fusionsartig spielende Gitarre unruhig daherkommen. Dann spürt man den Einfluss des Jazzpianisten Eumir Deodato, der die Richtung mehr in ruhigere Fahrwasser lenken will, es aber mit zwei 'Störenfrieden' zu tun hat: der Gitarre und Durgas Stimme. Eumir veliert den Kampf zumindest in "Last Bart To San Bruno". "B4Ever Now" dagegen ist relativ frei von Eruptivem und zeigt, dass progressive Tunes mit leichten Jazzanleihen ganz tolle Stimmung verbreiten kann. Marcelos Gitarrenspiel begleitet nun sehr ohrgefällig und trotz ruhigem Gesamteindruck ist das Stück klar im Aufbau gegliedert und treibt zu mehreren Höhepunkten.

Der "2012 Space Traffic Jam" ist das Sahneteil von "B4 Ever Now". Getragen und gemächlich walzt der Track durch sieben Minuten, die nun auch eine Spur Psychedelic verbeiten. Hat die Gitarre Pause, steuern die Keys jazzigen Barjazz bei und dann darf Durga richtig zeigen, wie das früher bei den Pink Floyd-Nummern war, als die Backings traumhafte und sphärische Höhen erreichten. Die Mischung aus Jazz, Prog, Fusion und Psychedelic machen "2012 Space Traffic Jam" (vom gleichnamigen 2014er Album) zum absoluten Highlight dieser 4-Track-Scheibe.

Marcelo Paganini ist ein Name, den ich auf dem Schirm behalten werde.


Line-up Marcelo Paganini:

Marcelo Paganini (guitars, keys)
Durga McBroom (lead vocals)
Eumir Deodato (keys – #2,3)
Marc Madore (bass)
Gary Husband (drums)

and:

Dada Viana (percussion – #1)

Tracklist B4 Ever Now:

  1. Crying With A Smile
  2. Last Bart To San Bruno
  3. B4Ever Now
  4. 2012 Space Traffic Jam

Gesamtspielzeit: 23:38, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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