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Syrinx Call / The Moon On A Stick – CD-Review

Syrinx Call / The Moon On A Stick – CD-Review

"The Moon On A Stick" ist nach "Wind In The Woods" das zweite Werk von Syrinx Call, einem Projekt des Musikers Volker Kuinke, den man als Gastmusiker der Band Eloy kennt, und zwar als Flötist. Und dieses Instrument ist der Hauptdarsteller vorliegenden Projektes. Aber es geht nicht einfach nur um eine 'banale' Blockflöte, die man gemeinhin vom ersten Musikunterricht aus der Schulzeit kennt, sondern um ein ganzes Arsenal bestehend aus Alto-, Soprano,- Tenor- , Bass- und Great Bass-Flöte.

Und, vorweg genommen: Was Volker den Flöten entlockt ist beachtlich und genauso beachtlich sind die Stimmungen, die er damit erzeugt. Mit an diesen Stimmungen beteiligt sind die Bandmates Jens Lueck, Volkers Frau Doris Packbiers sowie die Echopreisträgerin und klassisch ausgebildete Sängerin Isgaard. Daneben sind die Gitarristen Jan Petersen (Ex- Sylvan) an der elektrischen-, Jürgen Osuchowski an den akustischen und klassischen Gitarren, Joachim Schlüter an der Slide sowie die Orchestermusikerinnen Annika Stolze und Katja Flintsch an Violine, Bratsche sowie Violoncello zugange. Die Richtung von "The Moon On A Stick" ist nicht straight sondern lässt sich grob gesagt – und wenn es denn unbedingt sein soll – dem Art Rock zuordnen. Sie streift aber Klassik, Folk, World, Kaut- sowie Prog Rock durch das verbindende Element: die Flöte.

Oft haftet Flötenmusik dieser gewisse, oft  langweilige Meditationskontext an und nach den Eröffnungstakten von "Sunday Mood" scheint es auch, als gehe es in Richtung esoterische Entspannungsmusik. Aber die Gitarre und die engelsgleiche Stimme von Doris Packbiers transportieren das innere Auge hoch an Großbritanniens schroffe Küsten. Diese landschaftliche Assoziation begleitet mich dann auch das komplette Album hindurch. Auch im zweiten Stück ist es Doris' sphärenhafte Stimme, die dieses besondere, fast nicht von dieser Welt kommende Ambiente schafft.  Volker legt die Melodie vor, auf der sich die Stimme hochschraubt. Schlagzeug und Keyboard garnieren das Gerüst, auf dem Flöte und Stimme abwechselnd um des Hörers Gunst buhlen.

Mit den beiden Damen am Micro ist Volker ein großer Wurf gelungen. Der Scope seines Albums liegt für mich unbedingt darin, des Hörers Phantasie anzuregen, ihn mit folkangehauchtem Art Rock in andere Welten zu entführen, ihn in das Mittelalter zu versetzen, oder ihm aber das Gefühl zu geben, in einer im no-return-modus durch eine unbekannte Galaxie treibenden Raumkapsel zu sitzen. Je nach Spielart der Flöten und je nach Wahl der Tonarten wird das perfekt erreicht. Wenn Doris ihre Stimme überwiegend ohne Worte über die Musik legt, singt die klassisch ausgebildete Sängerin Isgaard mit Text. Und auch ihre Stimme ist glasklar sowie glockenrein und immer ohne Probleme in der Lage, des Hörers Reise durch Raum und Zeit zu begleiten.

Fast ergreifend auch das Spiel der Streicherinnen, die genau das richtige Quäntchen Klassik in viele Kompositionen bringen. Durch die Verwendung mehrerer übereinander gelegter Spuren wird so ein paar Mal gar ein komplettes Orchester simuliert. Da Volker ja des Öfteren bei Eloy in Diensten stand, ist dieser Band mit "Traces In Mind" gleich ein Titel gewidmet und der ist klasse geworden. Nun schiebt sich die Gitarre auch wie eine Wand ins Geschehen. Diese Nummer ist eine gewaltige und würde hervorragend als Begleitung bei "Game Of Thrones" taugen. Dort bevorzugt zu Szenen an der Eiswand. Stark, das Stück.

Wenn man die Trackanzeige des CD-Players nicht im Auge hat und sich auf die Musik konzentriert, ist man kaum in der Lage zu erkennen, ob Track X noch läuft, oder bereits Y ertönt. Man ist konzentriert, bewundert das Spiel an der klassischen oder elektrischen Gitarre, schwebt mit dem feengleichen Gesang und taumelt durch die klanglich erzeugten Phantasiewelten und legt so langsam die alte Meinung zum Instrument aus der frühen Schulzeit beiseite. Den beiden Gitarristen muss man anerkennend ihre Disziplin ans Revers heften, denn zu keiner Zeit drängen sie mit ihrem wahrlich vorhandenen Können in den Vordergrund, sondern setzen genau das um, was der Komponist wollte: einen gemeinsamen Kosmos aus Musik für die.Sinne.

Lediglich ein Stück unterbricht die angenehme Reise auf allerdings auch angenehme Art, denn die letzte Nummer "The Man In The Spotlight" mutiert nach Flötenbeginn zu einer amtlichen Psychedelicgröße à la Pink Floyd. "The Moon On A Stick" ist ein Album, welches all denen ans Herz gelegt sei, die auch gerne mal Musik hören, wie man ein spannendes Buch liest: Eintauchen, abtauchen und genießen …


Line-up Syrinx Call:

Volker Kuinke (alto-, soprano-, tenor- , bass- and great bass recorder, voice)
Jens Lueck (keyboards, piano, Moog, drums & percussion, programming, lead vocals – #9,10,12, backing vocals – #12)
Doris Packbiers (vocals, backing vocals, voice – 12))
Juergen Osuchowski (6 and 12 string acoustic- and western guitar, Caipira, classical guitar)
Joachim Schlueter (slide guitar solo – #1)
Jan Peterson (electric guitar)
Isgaard (lead vocals – # 3,9,10)
Katja Flintsch (violin, viola)
Annika Stolze (violincello)
Monika Lewis (voice – #12)
Iain Lewis (voice – #12)

Tracklist "The Moon On A Stick":

  1. Sunday Mood
  2. The Moon On A Stick
  3. In A Daze
  4. Blue Hour
  5. Traces In My Mind (An Hommage to Eloy)
  6. Stillborn
  7. Raqs Sharqi
  8. Quantum Theory And Philosophy
  9. Breathe In
  10. Wait For The Light Of Day
  11. Scars
  12. The Man In The Spotlight

Gesamtspielzeit: 60:19, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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