Schon wieder mal, so in regelmäßiger Abfolge, stupst mich das sprichwörtliche Murmeltier aus dem Lager rockistischer Üppigkeiten und so folgt auch dieser Silberling dem ungeschriebenen Gesetz der Wiederholung.
Einerseits fragt man sich gegenwärtlich, ob Prog-geschmäcklerische Protagonisten samt ihrem Neuerschafftem nun zwingend ihre eigene Furche oder Genre-Feuilletons füllen sollten, andererseits gibt es künstlerische Freiheiten, dazu der – nach wie vor – ungebremste Konsumenten-Drang nach Altbewährtem.
Die mediengegebenen Schubläden der sogenannten Musikerneuerer jedenfalls lassen die norddeutschen Seasons Of Time geschlossen, entspinnen dagegen ein an alte Helden entlehntes Arrangement von textlich inhaltsschwangerer dazu reichlich Bombast-dosierter Wohligkeit und Härte.
Den Motor jeglicher Motivationen fürs Musische bildete seit jeher ihre Vorliebe für die albenfüllenden Lehren einst konzeptionell kunstvoll verschrobener, tastenschwülstiger Theatraliker des oft kläglich beleumundeten Progressive Rocks.
So bastelten die Bremerhavener seit Anbeginn, neben dem alltäglichen Broterwerb, an der materiellen Umsetzung ihrer Obsession nach genrefrönendem Eigenem. Nicht nur Einmal versackten die Protagonisten dabei wohl unausweichlich in den unermesslichen Grabestiefen allesamt diktierender Prog-Gespenster, um sich, begütigt an deren üppigen Instrumentierungen und endlosen Virtuositäten, zu weiden.
Nach mittlerweile fünfundzwanzig Schaffens-Lenzen und wechselnden Personalrunden liegt nun mit "Welcome To The Unknown" ihr hauseigenes, zugleich hobbythek gefertigtes Drittwerk auf dem Tisch.
Auf der Habenseite stehen hierbei, wie schon zuvor, pathossatte Arrangements, orchestrale Synthie-Walzen sowie inbrünstiges Gitarren-Solieren, auf der Sollseite hingegen Dirk Bergers etwas kauziger, dazu intonationsschwacher Sangesstil, der dem Ganzen einen amateurhaften Anstrich verpasst.
Mal abgesehen von den reichlichen teutonisch schulenglischen Ausführungen voll altkluger Weisheiten arbeiten sich die drei (noch verbliebenen) Herren mit nostalgischer Nonchalance und partieller Kantigkeit am wohlig geschmeidigen, griffbrettriffigen Melodien-Ausfluss langjähriger Kreativsitzungen ab.
Nur zu gern erforschen diese mit Epen wie "Joana" wiederum die Mysterien jenes Prog Rocks, der sich in diesem Fall durch Christoph Wenzels schwermütige Eufonien seiner Klampfen-Glissandi, überdies Bergers nahe am Kitsch gelagerten, in effectu Quellbrei gleichen Synthie-Gemische zuzüglich angestrengtem Singsang an sich glorifiziert.
Ansonsten bieten die musikalisch barocken und teils rockriffigen Rohkost-Arrangements mit reichlich Geschmacksverstärkern, obendrein einer gesellschaftskritischen Grundthematik im Wesentlichen, ausreichend Befriedigung für Getreue progistischer Konstanten gleichwie anständig traditionellem Graubrot.
Trotz bedingt mediokrer Produktionsverhältnisse und kompositorisch hörbarer Denkmalpflege eines leicht angestaubten Prog-Genres muss man den Hut ziehen, vor einem ohne Crowdfunding und ausnahmslos in Freizeit gefertigten Werk in die Jahre gekommener Musikenthusiasten.
Line-up Seasons Of Time:
Dirk Berger (vocals, bass, keys, engineering)
Florian Wenzel (guitar)
Julian Hielscher (drums)
Guests:
Marco Grühn (drums on Plans To Make Plans)
Christina Mielke (backing vocals on Plans To Make Plans)
Elke Voss, Steve Pilkington, Willie C.Kimbrough,
Kelly Bell (news on Driven To Drive)
Anna Makowska ( Doctor Anna Isor)
Tracklist "Welcome To The Unknown":
- Toward The Horizon
- Plans To Make Plans
- Dreams Of A Madman
- Joana
- Driven To Drive
- The Last Ship
Gesamtspielzeit: 52:52, Erscheinungsjahr: 2018
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