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The Gardening Club / The Riddle – CD-Review

The Gardening Club / The Riddle – CD-Review

The Gardening Club ist ein Band-Projekt des Künstlers Martin Springett, der neben Musik machen auch als Autor und Illustrator unterwegs ist. Das schlägt sich auch im toll gemachten Booklet des neuen Albums "The Riddle" nieder, welches mit zahlreichen seiner Motive geschmückt ist.

Im vergangenen Jahr gab es übrigens eine Wiederauflage mit fünf Bonustracks des Albums "The Gardening Club" von Springett. Diese bereits 1983 erschienene Platte hatte seinerzeit wenig Erfolg, soll aber nach der Neuauflage die Erwartungen auf mehr geweckt haben. Damals also Albumtitel und nun Bandname. Das Zustandekommen der Band wird im Booklet von Terry Findlay ausführlich beschrieben. So besuchte Terry eines Abends einen Club, in dem lokale Musiker gegen Spende auftraten. Dort traf er seinen seit mehr als 40 Jahren nicht mehr gesehenen alten Freund Norm MacPherson. Wie in alten Zeiten war er begeistert von dessen Gitarrenspiel.

Die Idee reifte, ihn mit einem weiteren alten Freund, Martin Springett, zusammenzubringen, da er das Gefühl hatte, dass die beiden Musiker perfekt zusammenpassen würden. Gesagt getan. Martin schlug dann vor, einen Song von ihm zu Lyrics des kanadischen Poeten Cyril McColgan gemeinsam zu bearbeiten. Das Ergebnis ließ sie weitere Texte des Lyrikers vertonen. Da Norm neben Gitarre auch andere Instrumente spielt, wollte man die Percussion per Loops beisteuern. Mit Wayne Kozak gewann man einen Saxofonspieler, der dann den Vorschlag machte, einen Fretless Bass in die Stücke zu integrieren. Ein glücklicher Zufall brachte so den Jazzer Sean Drabbit ins Spiel, der zwei Nummern mit seinem Bass aufwertete. Das kam dermaßen gut an, sodass man sein Spiel auf alle Songs ausdehnte.

Aber mit den Drum-Loops war man nicht so glücklich. Nun, Norms Sohn James gilt als Meister des Drum-Programmings und konnte gewonnen werden. Er bearbeitete die vorhanden Loops, sodass man keinen Unterschied zu einem echten Drummer mehr hörte. Da er auch ein hervorragender Keyboarder ist, übernahm er zusätzlich den Synthesizer und somit war das Line-up des Gardening Clubs komplett.

Die Texte vorliegender Platte sind bis auf zwei Ausnahmen allesamt vom bereits erwähnten Poeten Cyril McColgan. Lediglich "The Original Sleep" stammt vom ebenfalls kanadischen Dichter Robert Priest und "The Riddle" von Springett selbst. Musikalisch kann man größtenteils von Folk Prog sprechen. Vielleicht eine Mischung aus Ritual (der Prog-Anteil), den Strawbs (der Rock-Anteil) und The Syn (die stellenweise leichte Pop-Attitüde). Wobei man Pop nicht allzu wörtlich nehmen sollte. Das bezieht sich eher auf die unaufgeregte und unbombastische Darbietung der Tracks. Und Momenten wie z. B. auf "Whirled Away", das wie eine leicht jazzige McCartney-Nummer wirkt. Gute Radiosender ohne vorgegebenes Pflichtprogramm könnten so etwas durchaus im Tagesprogramm haben.

Apropos Jazz, da gibt es in mehreren Tracks Berührungspunkte, was sicherlich auch an der Mitwirkung von Sean Drabbit liegt. Das Instrumental "Blues For Richard Part 1" ist so ein Beispiel. Gitarre und Bass spielen mit gekonnt jazzigem Touch und das Stück ist auch bester Beweis, dass das Drum-Programming von James MacPherson einem echten Schlagzeuger in nichts nachsteht. Part 2 lebt, wie auch "Tears At The Matinee" vom klasse Saxofonspiel. Bei erstem erinnert mich das Instrument etwas an alte ruhige Billy Joel-Stücke. Gewidmet ist der Song übrigens Richard Moore. Ich gehe mal davon aus, dass der 2016 verstorbene Troggs-Musiker gemeint ist.

Auch "Pauline" ist Jemandem gewidmet und zwar der 2008 verstorbenen Künstlerin Pauline Baynes, die für J. R. R. Tolkien und C.S. Lewis Illustrationen zeichnete. Dieses Stück ist ganz dezent klassisch angehaucht. Zusammen mit den Prog-Parts ist das ein musikalisch leichter Sommertraum. Bei "Notes On The Affair" wird der leichte Jazz-Touch mit proggigen Spuren, hauptsächlich per Gesang und Slidegitarre hinzugezaubert.

Wunderbare Gitarrenarbeit hören wir besonders in "Seven Year Old Poet", "The Original Sleep" sowie bei "Overture Reprise". Die akustische- und elektrische Gitarren agieren entweder zusammen oder werfen sich die Bälle zu. Beim Abschluss-Track steigert sich das in einen tollen Prog-Jam. Wie "Blues For Richard" ist auch "The Original Sleep" in zwei Teile gesplittet, die aber nahtlos ineinander übergehen. Part 1 startet als ruhiges Prog-Stück, welches plötzlich Fahrt aufnimmt, als die Playeranzeige auf den zweiten Teil umschaltet. Sofort ist da ein saustarker Basslauf und der Titel entwickelt sich zu einem flotten Rocker mit einem super Gitarreneinsatz.

Die beteiligten Musiker, allesamt keine Unbekannten im Business, machen ihre Sache sehr gut und man kann Martin Springett zu seinem neuen Output nur gratulieren. "The Riddle" ist eine Platte, die man immer gerne mal wieder aus dem Regal zieht, wenn einem nach leichtem Prog ohne Brimborium und Effekthascherei mit allerlei Zutaten zumute ist. Zur Zeit ist die Band bereits an den Aufnahmen zum Nachfolger "Boy On A Bike". Wir sind gespannt …


Line-up The Gardening Club:

Martin Springett (vocals, acoustic guitar)
Sean Drabbit (fretless bass)
Wayne Kozak (sophrano saxophone)
James MacPherson (drums and synth solos)
Norm MacPherson (electric and slide guitar solos, gut string guitar, mandolin, bassoon, keys)

Tracklist "The Riddle":

  1. The Riddle Overture
  2. Whirled Away
  3. Seven Year Old Poet
  4. Blues For Richard Part 1
  5. Blues For Richard Part 2
  6. Leaving Home
  7. Pauline
  8. Notes On The Affair
  9. The Original Sleep Part 1
  10. The Original Sleep Part 2
  11. Tears At The Matinee
  12. Waltz
  13. The Riddle
  14. Entr’acte
  15. Overture Reprise

Gesamtspielzeit: 45:54, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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