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Unplaces / Changes – CD-Review

Unplaces / Changes

Die sowohl aus Bochum als auch Hannover stammenden Bandmitglieder von NRT firmieren nun unter dem neuen Namen Unplaces. Irgendwie sollen sie von Herrn Google ständig mit dem gleichnamigen Fernsehsender verwechselt worden sein und zogen somit den Kürzeren, was mit der Zeit natürlich nervig sein kann.

Aber nicht nur einen neuen Namen, auch ein neues Konzept, sprich eine andere Herangehensweise bei der Arbeit für das neue Album hat man sich auf die Fahnen geschrieben. Schrieb Dorette Gonschorek, Frontfrau und Hauptkomponistin, die Songs bis dato noch unabhängig voneinander, sollten diese nun bereits im Vorfeld als Einheit entstehen, sozusagen als Gesamtkonzept.
Vierzehn Tracks enthält der Rundling, "Changes" genannt, auf dem man sich »kritisch mit der Frage nach Sinn und Selbstbestimmtheit in Zeiten von Medialisierung, Informationsflut, Globalisierung und Konsumzwang« auseinander setzt: »what changes the world« fragen sich Unplaces wohl deshalb auch in ihrem Titelsong.

Die Platte kommt tatsächlich passend zu meiner momentanen Stimmung. Während ich noch in dem wirklich edel aufgemachten Booklet interessiert blättere, singt eine völlig verzweifelt klingende Dorette den Opener, "Utopian Dream". Sie hat einen (offenbar wunderschönen) Traum und fragt deshalb, wer in ihrer Utopie leben möchte. Ja sie fleht regelrecht  darum, doch an ihrem Traum teilzunehmen. Ich tät es ja gerne, aber ihre Träume sind wirklich zu utopisch. Sind sie das wirklich?

Wie zähflüssige Lava quellen die Songs aus den Boxen – deren Songstrukturen ziemlich monoton gehalten sind. Bass, Schlagzeug und Gitarre sind das Fundament, über welches sich eine finster wabernde Synthesizer-Kulisse bedrohlich platziert. Hin und wieder zerschneiden dann aber Trompetenklänge den düsteren Gesamteindruck. Auf Grund den durchweg sehr theatralischen Gesangslinien strahlen die Lieder tiefe Emotionen aus, das geht unter die Haut. Das Ergebnis dessen ist am Ende dann doch ein sehr depressiv klingendes Gesamtwerk, was vermutlich, den Themen entsprechend, auch so gewollt ist.
"Reset" verströmt dazu noch eine leicht aggressive Grundstimmung: »Jeder weiß, was du isst, wann du schläfst, was dir gefällt, wen du triffst… « – klingt stark nach Wut auf die sozialen Medien, oder besser den Menschen, die sich diesen völlig unterwerfen.

"Against Ourselves", über sechs Minuten lang sinniert die Frontfrau hier über eine von Einsamkeit durchdrungene, egoistische, selbstzerstörerische Gesellschaft. Am Ende fordert sie, zusammenzustehen und gemeinsam daraus auszubrechen.

Harter Tobak!

Man kann feststellen, dass "Changes" wirklich ein Konzeptalbum ist, die Stücke bauen aufeinander auf. Begonnen wird mit den Träumen der Protagonistin, geht anschließend mit der Gesellschaft ordentlich ins Gericht um am Ende doch wieder die Hoffnung auf gesellschaftliche Änderungen zu setzen:

»Open end is where we are
whatever happened can’t be changed
but your personal mode of life
ist the key to make a difference«

Nach mehrmaligem Anhören der Scheibe kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Alternative-Rocker Placebo zu den Haupteinflüssen der Band gehören. Selbst der melancholische Gesang eines Brian Molko ist ab und zu herauszuhören ("Lost In Space"), ganz zu schweigen von den Placebo-mäßigen Hooklines. Aber auch Depeche Mode könnten für das eine oder andere Stück Pate gestanden haben, wie bei "Insight" zu hören.
Aber das alles soll kein Kritikpunkt an einer ansonsten rundum gelungenen Scheibe sein, die knapp eine Stunde lang zwischen Depression, Wut, Bitterkeit, Verzagtheit – aber auch Hoffnung schwankt.


Line-up Unplaces:

Dorette Gonschorek (Gesang, Gitarre, Trompete, Sounds)
Petra Franetzki (Bass)
Daniel Fasold (Schlagzeug)

Tracklist "Changes":

  1. Utopian Dream
  2. Escape
  3. Changes
  4. The Left Behind
  5. Lost In Space
  6. Such A Shame
  7. Reset
  8. Downshifting
  9. Insight
  10. Mister Bot
  11. Freedom
  12. Pseudo Reality
  13. Against Ourselves
  14. Open End

Gesamtspielzeit: 58:00, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ilka Heiser

Hauptgenres: Classic Rock, Blues Rock, Heavy Rock
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