Stahlmagen. Hm, habe ich da richtig gelesen? Seltsamer Name. Was soll uns das sagen? Das es nötig ist, einen Magen aus Stahl zu haben, um die Musik zu verdauen, die von dieser Band geboten wird?
Okay, ganz so schlimm ist es nicht, bzw. Geschmackssache. Auch wenn die Göppinger meinen, dass sie sich nicht auf eine Stilrichtung festlegen lassen möchten, würde ich die Musik am ehesten unter Pagan Metal einordnen. Wer das seinem Magen nicht zumuten möchte, braucht also gar nicht mehr weiterlesen.
Erst einmal ein kurzer Rückblick: Stahlmagen wurden 2002 gegründet, 2006 erschien die EP "Schreie in der Nacht", 2010 folgte "Imperium Forestris". Dann hat es bis 2018 gedauert bis zum Nachfolger "Winter".
Interessante Randbemerkung: Die Release-Party am 03.11.2018 fand in der Krypta in Göppingen statt. Das ist der kleine Raum im Keller der Chapel Göppingen, die mir von den Doom Shall Rise-Festivals gut bekannt ist (die DSR fanden jedoch oben im großen Raum, in der eigentlichen Kirche statt). Mit Doom haben Stahlmagen jedoch gar nichts zu tun.
Die Scheibe "Winter" beginnt mit "The End" (ah ja …). Hier bewegt sich die Musik zunächst vorwiegend in schwarzmetallischen Gefilden, doch es gibt zwischendurch zarten Frauengesang und nicht nur Keifstimme. Dann kommen folkige Elemente dazu.
Auch bei Track zwei, "Trail Of Tears", sind vielfältige Einflüsse zu spüren, kalter Black Metal trifft auf hymnenhaften Pagan Metal.
So in etwa bleibt es auch bei den folgenden Songs. "Winter" lebt u.a. von unterschiedlichen Gesangsstilen (»Winter is coming« – zu viel "Game Of Thrones" gesehen? Leider wurde zu diesem Stück kein Text abgedruckt, der diesen Gedanken bestätigen könnte).
Eine schöne epische Passage gibt es bei "Burn To Nothing": »take me, burn me and bury my ashes in the ground, so my soul will be forever in the coffin – never found«. "Fell Down The Well" bietet hingegen wieder Frauengesang.
Bei "Bauerntanz und Minnesang" trifft schwarzmetallische Raserei auf typische Folk/Pagan-Rhythmik, bei der ich unwillkürlich an ums Lagerfeuer springende Gestalten denken muss. Das ist schon etwas, das man mögen muss… sonst dreht sich einem vielleicht wirklich der Magen um.
Noch mehr trifft das auf "Navigation Problems (We Are The Vikings)" zu. Hm, das ist vermutlich was für Metaller, die in Wacken gerne ins Wackinger-Dorf gehen. Diese mögen da begeistert mitgrölen, andere finden den Song vermutlich eher zum fremdschämen, hier dürften die Meinungen auseinandergehen. Das gilt ebenso für Textpassagen wie diese: »we are the vikings – went to valhalla, we are the only folk that knows to party hard«
"Margaritkelekh" geht teilweise schon Richtung Death Metal, dann kommen wieder Lagerfeuermomente, die dagegen etwas albern wirken. Als Spiel mit Kontrasten betrachtet, ist es gelungen.
Insgesamt gesehen ist "Winter" variantenreich und lebt von verschiedenen Einflüssen. Wirklich neu sind diese nicht, aber clever gemischt, gut gespielt und mit ordentlichem Sound versehen. Auch der Einsatz von nicht-metallischen Instrumenten fügt sich flüssig ins Gesamtbild. Manches davon ist allerdings Geschmackssache und vielleicht nur von Hörern mit Stahlmagen zu verdauen (?). Für diese mag "Winter" sogar ein Genuss sein.
Pagan/Folk/Black-Metaller sollten auf jeden Fall ausprobieren, ob ihnen das gebotene musikalische Menü mundet, denn die Schwaben von Stahlmagen wissen durchaus, wie ein anständiges 'Stahlmageddon' zubereitet wird.
Line-up Stahlmagen:
Thorsten Steinle (Gesang)
Michael Gölz (Schlagzeug)
Hansjörg Rommel (Gitarre)
Finn Rumpela (Gitarre)
Martin Zapfl (Gitarre)
Karl Palke (Bass)
Gastmusiker:
Saskia (Gesang)
Uhle (Bratsche)
Roland (Quetsche)
Viktor Quentes (Gastschrei)
Mark (Soli)
Tracklist "Winter":
- The End (5:49)
- Trail Of Tears (4:26)
- Winter (4:30)
- Burn To Nothing (5:34)
- Fell Down The Well (3:07)
- Greater Purpose (5:24)
- Bauerntanz und Minnesang (3:16)
- Navigation Problems (We Are The Vikings) (4:52)
- Margaritkelekh (5:12)
- Long Way Home (6:59)
Gesamtspielzeit: 49:09, Erscheinungsjahr: 2018
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