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Chris Kramer & Beatbox’n’Blues – Konzertbericht, 27.04.2019, Kult im Gas(t)werk, Dinslaken

Die Veranstaltungen vom Kult im Gas(t)werk in Dinslaken sind vielfältig.
Dabei darf man den Begriff Kultur wörtlich nehmen, denn neben Konzerten von Farfarello über Chris Kramer & Beatbox’n’Blues präsentiert der Geiger Yuri Revich ein Programm von Bach bis Piazolla. Zu Gast waren auch der Musiker Roland Helm oder zum Beispiel Kabarettist Detlev Schönauer.
Der bestuhlte Konzertraum mit Tischen zum Abstellen der Getränke strahlt eine einladende Gemütlichkeit aus. Da kann man sich schon vom Ambiente her wohlfühlen.

Beim Blick in die Runde gab es unmittelbar vor dem Gig-Beginn nur ganz wenige – an den Fingern einer Hand abzählbare – freie Plätze.
Beim Veranstalter legte man wert auf einen pünktlichen Beginn. So enterten Chris Kramer, Kevin O Neal sowie Sean Athens quasi mit dem 20:00 Uhr-Gongschlag die Bühne.

Chris Kramer & Beatbox'n'Blues im Kult im Gas(t)werk in Dinslaken

Chris Kramer & Beatbox’n’Blues im Kult im Gas(t)werk in Dinslaken

Natürlich füllte die Setlist Songs aus dem für einem German Blues Award nominierten Album Way Back Home. Kaum waren die ersten Töne des Trios gespielt beziehungsweise gesungen, hielt der Blues Rock in Form einer offensiven Overtüre Einzug in die Location. Sean Athens fetzte auf seiner elektrischen Gitarre, Kevin O Neal beatboxte einen furiosen Rhythmus und Chris Kramer versetzte die Kanzellen seines kleinen Instruments in mächtige Schwingungen.
Für den ersten Slow Blues griff Chris Kramer zu einer blau gefärbten chromatischen Harmonica. Der spezielle Klang dieses Mississippi-Saxofons verursachte eine Gänsehaut und als er die wohl tiefsten Töne auf diesem Instrument intonierte, klang es wie ein gestrichener Kontrabass. Von nachdenklich bis furios spannte der Harper ein immenses Dach über sein Spiel.

Die Melancholie der Seele konnte auch Sean Athens bieten und bei Kevin O Neal pendelte man bei seinem atemberaubenden Beatboxen zwischen Zuhören mit geschlossenen Augen und Zusehen. Toll!
An dieser Stelle sollte darauf hingewiesen werden, dass sowohl Kevin O Neal als auch Sean Athens ihr Können, ihre Hingabe für den Blues auf sehr hohem Niveau sowie auf Augenhöhe präsentierten.
Chris Kramer war auch der sehr gut unterhaltende Entertainer. Mit kleinen Geschichten beziehungsweise Hintergrundinformationen zu Songs war der in Marl geborene Musiker ganz weit vorne.
Für den vokalen Schlagzeuger gab es keine Grenzen, denn selbst in "Hot Summer Day" beatboxte er mit Latin-Flair. Bei dieser Nummer kam dann die relaxte Atmosphäre zum Zug. Auch hier glänzte Sean Athens mit einem langen Solo. Super!

Chris Kramer (vocals, harmonicas, electric guitar)

Chris Kramer (vocals, harmonicas, electric guitar)

Jeder Song wurde vom Publikum mit viel Beifall honoriert.
So auch Ausschnitte von Die kleine Mundharmonika. "Geh deinen Weg" rockte kraftvoll und bemerkenswert war auch, dem Gitarristen beim Sliden zuzusehen. Eine Facette des Gitarrenspiels, das Sean Athens perfekt beherrschte.
Dann bot das Trio den etwas anderen Geburtstags-Song. "Happy Birthday" hatte eindeutig den Blues und am Ende der ersten Konzertabteilung hatte Kevin O Neal sozusagen seine Solo-Aufritt. Er erklärte so ziemlich alles, was mit dem Beatboxen zu tun hatte. Ob verschiedene Techniken, die Kombination aus Summen und Beatboxen, unterschiedliche Rhythmen oder die Verknüpfung von Beatboxen sowie Singen … Kevin O Neal schaute wohl in offene Münder, auf dem Boden befindliche Kinnladen oder Anwesende, die ungläubig mit dem Kopf schüttelten. Irgendwo dazwischen lag die Begeisterung, die er hervorrief. Beifall, Applaus, beide Daumen hoch!
In der Pause wurde der Verkaufsstand belagert. Der infizierende Boogie-Groove von "Just A Little Boy" ging als Eröffnung des zweiten Gig-Teils stante pede in die Beine und wurde von einem herrlichen a cappella-Ende gekrönt.
Unglaublich, wie Chris Kramer auf der Harmonica zauberte. Sehnsüchtig, melancholisch, rockend oder virtuos kreierte er alle erdenklichen Gefühle auf seinem Instrument. Obendrauf kam es auch zum Spiel der Harp im Mund. Mit dieser Technik dürfte er wohl einzigartig sein. Klasse!

Ein wunderschön entspanntes Intermezzo prägte "Last Man Riding" und der riffige Blues Rock von "Bo", einem Song in Gedenken an Bo Diddley, brachte nicht nur durch seine Harp-Klangverfremdungen Bewegung in die Zuschauer.
Bei diesem Konzert gab es viele Highlights. Dabei zählte "Wolkermacher" zu den zentralen Songs des Gigs. Ein Lied mit unglaublicher Aussagekraft und dann spielte Chris Kramer am Schluss solo auch noch "Glück auf, der Steiger kommt".
Nach diesem emotionalen Moment servierte das Trio dem Publikum eine instrumentale Traumreise, die von einem Sean Athens-Solo der Extraklasse begleitet wurde. Phasenweise elektrisierte er die Luft.
Beatbox-Solo sowie ein Stück gemeinsamer Weg mit Sean Athens' ZZ Top-Anbindung machten "Unterwegs zur Sonne" zum Hinhörer. Am Bühnenrand positioniert, ließ es sich der Gitarrist nicht nehmen, auch noch AC/DCs "Thunderstruck" zum Besten zu geben. Bei "Beatbox’n’Boogie" sorgte Chris Kramer für ein Harp-Feedback am Verstärker und bei der "Lass uns tanzen gehn"-Zugabe bekamen die weißen Abschieds-Taschentücher den Rock’n’Roll-Wind von vorne ab.

Chris Kramer & Beatbox’n’Blues bringen auch im übertragenen Sinn frisch-auflebenden Wind in die Zwölftakter-Szene und machen dem altehrwürdigen Blues-Genre gehörig Beine. Dieses Trio zeigt nicht nur, was geht sondern auch wie gut es geht.
Wir bedanken uns bei Chris Kramer für den Platz auf der Gästeliste.

Line-up Chris Kramer & Beatbox’n’Blues:

Chris Kramer (vocals, harmonicas, electric guitar)
Kevin O Neal (beatbox, backing vocals)
Sean Athens (vocals, guitars, backing vocals)


Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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