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Roger Daltrey / My Generation – Die Autobiografie – Buch-Review

Roger Daltrey / My Generation - Die Autobiografie

Roger Daltrey, Sänger und Gründer der Band The Who, wurde am 1. März 2019, so unglaublich das auch klingen mag, 75 Jahre alt. Unglaublich deshalb, weil es schließlich ein offenes Geheimnis ist, dass Rockstars nun wahrlich nicht immer asketisch gelebt haben. Somit ist es fast schon ein kleines Wunder, wenn sie diesen Abschnitt ihres Lebens ohne größere Blessuren überstanden haben und am Ende noch ein stattliches Alter erreichen konnten. So mancher Musiker bezahlte die Folgen rauschhafter Exzesse mit dem Leben, man denke nur an den 'Club 27'.

Zeit und natürlich Grund genug, um nun endlich seine Memoiren niederzuschreiben, zumal Kollege Townshend mit seiner Autobiografie, erschienen 2012, schon einmal kräftig vorlegte.

Der Auslöser über sein bewegtes Leben nachzudenken war wohl ein Auftritt in Tampa, Florida im März 2007, als Daltrey das Mikro zur Hand nahm und – ihm plötzlich schwarz vor Augen wurde. Hinter der Bühne kam er wieder zu sich und mit dem Krankenwagen ging es ab in die Klinik zum Durchchecken. Der Grund für seinen Aussetzer war wohl ein zu niedriger Salzgehalt im Körper. Dabei fanden die Ärzte beim Röntgen zusätzlich heraus, dass er sich irgendwann mal einen Rückenwirbel gebrochen haben muss. Über letztere Botschaft begann Daltrey ernsthaft zu grübeln und ließ dabei sein Leben Revue passieren:

Geboren im Bombenhagel über London und aufgewachsen im Arbeiterviertel Action Green berichtet er natürlich über Freud und Leid seiner Kindheit und während seines Schulbesuches, der mit einem jähen Schulverweis endete, da war er 15 Jahre alt.
Nach diesem unfreiwilligen Rausschmiss war guter Rat teuer. Also musste ein Job her. Um Geld zu verdienen, arbeitete er als Blechschlosser. Außerdem hatte er ein großes Ziel: Er wollte ein Rockstar werden, doch dazu benötigte er dringend eine Gitarre, die er sich wegen Geldmangels selbst zusammenbastelte.

Nach ersten Gehversuchen in einer Skiffle-Band fanden sich mehr oder weniger zufällig die späteren Mitglieder Entwistle, Townshend, Moon und Daltrey zu The Who zusammen. In den ersten Jahren ihres Bestehens waren sie nicht auf Rosen gebettet und als sich später der Erfolg einstellte, wurden sie vom Management ausgenommen – die 'goldene Gans' wurde gerupft, so lange sie sich rupfen ließ. So flossen die Gelder viele Jahre nicht unbedingt üppig. Dazu gesellte sich Moons dekadenter Lebensstil, der auf jeder Tour eine Spur der Verwüstung hinterließ, indem er Hotelzimmer 'zerlegte'. Ganz abgesehen von Townshends Leidenschaft, seine Gitarre und Verstärker auf der Bühne als Show-Effekt zu Kleinholz zu 'verarbeiten', was ebenfalls die ohnehin schon klamme Kasse noch mehr belastete.

Daltrey macht kein Geheimnis daraus, dass mit dem wachsenden Erfolg das Verhältnis zwischen den vier Musikern immer angespannter wurde, was unter anderem auch dem Alkohol- und Drogenkonsum zuzuschreiben war. So flog Daltrey 1965 aus der Band, nachdem er eine Ladung diverser Stimulanzien auf einer Tour im Klo runterspülte. Er selbst hielt sich von Drogen fern, da er deren negative Auswirkungen auf das Bandgefüge mehr und mehr beobachten konnte.
Doch sie konnten weder miteinander, noch ohne einander. Nach zwei Wochen war alles wieder vergessen und Daltrey wurde in den 'Schoß der Familie' zurückgeholt.
Für ihn war der Rausschmiss jedoch eine Lehre. Beim Dreh zur Rockoper Tommy hatte er 'Blut geleckt', deshalb schuf er sich ein zweites Standbein als Schauspieler. Hier konnte er genauso Erfolge verzeichnen, wie mit der gelegentlichen Veröffentlichung seiner Solo-Platten.

Roger Daltrey lässt in seiner Autobiografie weder die schönen noch die weniger schönen Momente in all den Jahren mit The Who aus. Er berichtet von Erfolgen und Misserfolgen, aber auch über traurige Erlebnisse, nämlich als Moon († 1978) und später Entwistle († 2002) sich in den Rock’n’Roll-Himmel verabschiedeten. Die Band wurde aufgelöst, doch es gab ein Leben 'danach', mit neuen Mitstreitern ging es weiter …

Das Buch liest sich wirklich flüssig und unterhaltsam. Man ist geneigt, es einfach nicht mehr aus der Hand zu legen. Ich hab es wirklich fast 'in einem Rutsch' durchgelesen. The Who-Fans werden das Buch garantiert lieben.


Deutsche Erstausgabe, erschienen 2019
Aus dem Englischen von Kristian Lutze
Originaltitel: Thanks a Lot Mr Kibblewhite: My Story
Hardcover mit Schutzumschlag, 384 Seiten
16 Seiten Farbbildteil
ISBN-10: 978-3-570-10369-2
24,00 EURO

Über den Autor

Ilka Heiser

Hauptgenres: Classic Rock, Blues Rock, Heavy Rock
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Mail: ilka(at)rocktimes.de

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