Bereits das fünfte Mal war der australische »Artist Of The Year 2015« (laut Folk Alliance Australia) Kaurna Cronin zu Gast in Sande, in der Kultgaststätte Zur Scharfen Ecke. Wie im letzten Jahr wurde er von seiner deutschen Band begleitet, anstatt Alex Petratos jedoch dieses Mal mit Jannis Reiher am Schlagzeug. Mit im Gepäck hatte Kaurna seine am 6. September erscheinende neue Platte "Glitter Or Dust". Die neuen Songs stellte er auch entsprechend vorrangig im Reigen der Titelfolge vor.
Das wohl mithin bekannteste Stück "Run Boy" eröffnete das Konzert jedoch zunächst. Ein weiterer älterer Titel des Abends war das immer wieder tief ergreifende "Leave A Letter", gewidmet einer an Krebs verstorbenen Freundin, die einst dazu aufforderte, nach ihrem Tod eine Party zu feiern. Dieser Song ist wirklich tief im Herzen berührend, zumal er auch von der ganzen Band sehr emotional vorgetragen wurde. Nach der Tour im letzten Jahr konnte man eindeutig feststellen, dass die vier Musiker noch mehr zusammengewachsen waren und traumwandlerisch miteinander umgingen im Spiel. Bestens eingefügt hat sich auch der neue Schlagzeuger, der jedoch ein wenig mehr im Rock verwurzelt ist als sein Vorgänger, Alex Petratos, oder auch als Kyrie Anderson.
Jedoch im dezent jazzigen "Don’t Grow Old Too Fast" konnte Jannis beweisen, dass er auch sehr gut swingen kann indem er der Nummer einen federnden Background verpasste. Auch die Bassistin, Melissa Nitschke, und der Gitarrist Kai Kampf verstanden es brillant, diesen für mich außergewöhnlichen Titel vortrefflich mit Leben zu füllen. Das gilt im Übrigen für jeden Song der Playlist. Des Weiteren fiel mir auf, dass sich Kai dieses Jahr stilistisch ein wenig anders darstellte als im letzten Jahr, wo ich noch Anklänge an Mark Knopfler heraushörte. Dieses Mal war bisweilen eine starke Ausrichtung zu einem frühen Eric Clapton zu spüren und grundsätzlich eine verbindende Affinität zum Blues. Diese Vielfalt, möglicherweise auch auf der Suche nach einem eigenen unverwechselbaren Stil, ist positiv hervorzuheben, sowie der Umstand, dass Kai ein recht großer Spielraum für seine solistischen Einlagen gewährt wurde, die er dann auch mit durchdachtem und flüssigem Ausdruck nutzte.
Aber auch die Bassistin und der Schlagzeuger wurden durch kurze Solobeiträge überzeugend vorgestellt. Und so wirkte die Zusammenstellung der Konzertabfolge dieses Mal ein wenig offener. Bei zwei Liedern verzichtete Kaurna sogar auf seine Gitarre und brachte sich vollends körperlich ein, mit großem Engagement und vollem Ausdruck ("Don’t You Wonder Why", "Only A Matter Of Time"). Diese beiden neuen Stücke zeigten nicht nur, wie emotional stark sich Kaurna in die Musik einbringt, sie zeugten auch davon, dass seine Entwicklung als Songwriter nachvollziehbar erlebbar ist. Neue Elemente wie etwa ein Hauch Reggae bei "Roll On" belegen das eindrücklich. Das bedeutet jedoch nicht, dass weitere ältere Titel wie "Stockholm", "Passion Parade" oder Kaurnas persönliches, selbst verfasstes Weihnachtslied, "Pavlova", und weitere dagegen verblassen.
Aber, mit "Leave Your Love Behind" von der neuen Platte ist ein wirklich großartiges Stück mit Hitpotential entstanden und das mit einem textlich ernsten Hintergrund: Dem einer Trennung von Eltern aus Sicht des Kindes. Genau so wie "Gotta Get Outta This Place", welches ein Gefühl beschreibt, das wir alle sicher einmal hatten: Heraus aus der täglichen Tretmühle, der Gewohnheit, aus bekannten Strukturen. Letztlich, so waren Kaurna und ich uns jedoch einig darüber, ist eher auch entscheidend, wie man seine Sichtweise zu bestimmten Dingen ändert.
Wie zu erwarten, suchte Kaurna den Kontakt zum Publikum und erläuterte jeweils den Inhalt der einzelnen Stücke für alle, die sich wirklich dafür interessierten. Und so ist der Musiker weiterhin auf dem besten Wege, sich als ernst zu nehmender Singer/Songwriter zu etablieren und das ohne jede Spur von Starallüren. Somit freuen wir uns erneut auf das von ihm bereits angekündigte Konzert im nächsten Jahr, wieder auch in Sande.
Erneut geht ein besonderer Dank an den stets rührigen Mozart, den Betreiber der Scharfen Ecke, für seine Mühe und seinen Einsatz, wiederum ein Garant zum Gelingen dieses schönen Konzertabends im Sommergarten.
Line-up Kaurna Cronin & Band:
Kaurna Cronin (vocals, guitar, harmonica)
Kai Kampf (electric guitar, background vocals)
Melissa Nitschke (electric bass, background vocals)
Jannis Reiher (drums, background vocals)
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