
Erst vor kurzem hatten wir euch den in Oldenburg lebenden Songwriter, Musiker und Sänger Stenz in Form seiner bereits etwas älteren EP Vitality vorgestellt. Mit "Closer To Me" hat er nun sein erstes vollständiges Album an den Start gebracht. Nach eigener Aussage schwört Stenz auf die absolute Eigenständigkeit, was sich auf seine künstlerische Freiheit (ohne Vorgaben oder Anweisungen eines Labels hinsichtlich der Songs oder Sounds) und auch die Wahl seiner gespielten Auftritte bezieht. Um es anders zu sagen, macht und lässt er seine Musik dann zu, wenn er sie auch in sich spürt. Grundsätzlich eine sehr gesunde Herangehensweise, die darüber hinaus höchstwahrscheinlich verhindert, ein unzufriedenes oder enttäuschtes Publikum aufgrund eines mit Unlust und lediglich aus Pflicht gespielten Auftritts zurück zu lassen.
Hatte der Musiker "Vitality" noch im Alleingang eingespielt, so hat er sich für sein Debütalbum mit einer kompletten Band verstärkt. Seine Handschrift – gute, eingängige Songs, die sich sowohl im poprockigen Midtempo-Bereich, als auch im Genre Singer/Songwriter bewegen – hat der Norddeutsche jedoch erfreulicherweise beibehalten. Die zusätzlichen Musiker bereichern die elf neuen Tracks allerdings noch mit einem größeren Klangspektrum, Variabilität und Tiefe. Apropos Tiefe, bei diesem Stichwort kann man umgehend mal einen Blick auf die Texte werfen. Die Lyrics wirken nämlich erneut sehr persönlich und beschäftigen sich in der Regel zum einen mit zwischenmenschlichen Beziehungen und zum zweiten mit inneren Werten und Umgangsformen. So wie beispielsweise dem respektvollen Umgang miteinander ("Respect") oder dem Anspruch, sein Leben und die Verantwortung dafür in die eigenen Hände zu nehmen ("Lead Not Follow"), aber auch dem immer mehr um sich zu greifenden gesellschaftlichen Phänomen, die Schuld für seine eigene Misere grundsätzlich bei anderen zu suchen, statt mal einen genaueren Blick auf sich selbst zu werfen ("Blame It On The Others").
Musikalisch geht es ebenfalls durchaus abwechslungsreich zu. Unter anderem wäre da die richtig starke Blues-Nummer "The Cruise" mit der sehr gefühlvollen Gitarre von Mitch Hilford sowie dem sehr gekonnt und effektiv eingesetzten Bläser-Satz. "Tomorrow The Sun" überzeugt dagegen mit einem tollen Duett des Protagonisten mit der Sängerin Anna-Marija Kleimann zu einem pop-rockigen Beat und erdig-warmen Hammond-Klängen. "Pilgrims" ist sogar ein Ausflug in Alternative Country-Gefilde und auch hier gibt Stenz eine sehr gute Figur ab. Im abschließenden bittersüßen "Farewell" geht es schließlich um jemanden, der sein ganzes Leben lang Pläne und Träume hatte, die er angehen möchte und als er dann endlich die Zeit dafür hat, plötzlich stirbt. Ja, bittersüß, aber auch eine so positive wie eindringliche Erinnerung daran, sein Leben jederzeit so gut es geht zu genießen und sich von den Querelen des Alltags nicht allzu sehr beeinflussen zu lassen. Dieses Thema hat beispielsweise (logischerweise aus anderer Sicht) auch Janis Joplin in "Get It While You Can" auf ihrem letzten Album Pearl behandelt.
Als Fazit kann man eigentlich nur eine aufrichtige Gratulation in Richtung Oldenburg im Allgemeinen und an Stenz im Besonderen schicken. "Closer To Me" verfügt über starke Songs, Ideen- sowie Abwechslungsreichtum, sehr gute, tiefer gehende Texte und einen tollen Sound, der dem Hörer eigentlich umgehend ein gutes Gefühl verleiht. Die elf Stücke nehmen ihn mit auf eine Reise, die unter anderem auch ins innere Ich und zu einem Stückchen Selbstreflexion führen. Aber es ist eine Reise, auf die man sich bei diesen Tracks gerne begibt, eine, zu der man gerne öfter aufbricht. Auch wenn sie im physischen Sinn vielleicht nur in Form des ausgestreckten Zeigefingers mit dem Ziel der Repeat-Taste stattfindet.
Line-up Stenz:
Stenz (acoustic guitars, lead vocals)
Mitch Hillford (guitars, mandolin, percussion, drums, background vocals)
Simon Oslender (Hammond B3, Rhodes, piano)
Sebastian Teubert (bass, saxophone)
Georg Löwe (drums)
Mit:
Anna-Marija Kleimann (lead vocals – #2)
Felix Nolte (trumpet)
Tabea Hennings (trombone)
Jürgen Morgenstern (shakuhachi)
Mattea Diamanti (background vocals)
Tracklist "Closer To Me":
- Beneath The Surface
- Tomorrow The Sun
- Respect
- All My Life
- The Cruise
- Interlude (Closer To Me)
- Pilgrims
- Lead Not Follow
- Lovesong
- Blame It On The Others
- Farewell
Gesamtspielzeit: 45:10, Erscheinungsjahr: 2019
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