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Trio – Dolly Parton/Emmylou Harris/Linda Ronstadt / The Complete Trio Collection – CD-Review

CD-Review-Dolly Parton-Emmylou Harris-Linda Ronstadt-Trio

Mein erster Gedanke beim Einfühlen in dieses Review war ja ganz ehrlich, dass die achtziger Jahre auch für die Größen der Country-Musik alles andere als eine 'goldene' bzw. erfolgreiche Zeit gewesen sein mussten. Denn nicht nur taten sich mit Willie Nelson, Johnny Cash, Waylon Jennings und Kris Kristofferson vier absolute Superstars als The Highwaymen zusammen, nein, mit Dolly Parton, Emmylou Harris sowie Linda Ronstadt machten es ihnen auch noch drei der großartigsten Ladies dieses Genres nach und tauften ihr erstes Album schlicht "Trio". Beide Projekte schlugen – und das alles andere als zu Unrecht – ein wie eine Bombe und wurden, wenn auch in zeitlich etwas großzügigeren Spannen weitergeführt.

Die drei hier zu besprechenden Musikerinnen kannten sich schon seit Anfang/Mitte der Siebziger und beschlossen (laut Aussagen aller drei) bereits damals, zusammen aufzunehmen. Bei so vielen individuell erfolgreichen Karrieren dauerte es (bis auf einige Ausnahmen, dazu aber später mehr) dann allerdings geschlagene zehn Jahre, bis die Terminpläne endlich so abgestimmt werden konnten, um ernsthaft an einer gemeinsamen Scheibe zu arbeiten. Diese (erste) kam, schlicht "Trio" betitelt, Anfang 1987 in die Läden und überraschte durch die sehr traditionelle Songauswahl. Stücke, die bereits einige Jahrzehnte auf dem Buckel hatten standen auf dem Menüt ganz oben. Dolly Parton konnte mit "Wildflowers" sowie "The Pain Of Loving You" (eine Co-Komposition mit ihrem ehemaligen Duett-Partner Porter Wagoner) zwei ihrer eigenen Stück einbringen, die restlichen neun bestehen aus Klassikern von u. a. 'Pops' Staples (The Staple Singers), Jimmie Rodgers oder auch Traditonals.

Das Unglaubliche an "Trio" ist, wie absolut großartig diese drei – doch sehr individuellen – Stimmen bei den einzelnen Stücken harmonieren. Die Lead Vocals wurden grundsätzlich schwesterlich geteilt, in den allermeisten Fällen sogar hinsichtlich jedes einzelnen Tracks. Und wenn der Hauptgesang mal nur von zwei der Damen übernommen wurde, packen einen plötzlich die Harmony Vocals der dritten Chanteuse völlig überraschend im Nacken und schütteln – manchmal bis zur Gänsehaut – emotional ganz kräftig durch. Logischerweise sollte der Hörer ein gewisses Faible für Country und eine, zwei oder alle drei der Protagonistinnen haben, aber wenn dem so ist, dann bekommt er hier ganz großes Kino geboten.

Danach sollte es allerdings geschlagene zwölf Jahre dauern, bis den Fans und allen anderen die es hören wollten, mit "Trio II" die Fortsetzung geliefert wurde. Wurden schon auf dem Debüt absolute Studio-Cracks wie die Gitarristen Ry Cooder, Albert Lee oder David Lindley, geschweige denn der Rhythmusabteilung um Kenny Edwards (bass) und Russ Kunkel (drums) aufgefahren, so waren natürlich auch bei Teil Numero Zwo gewiefte Asse wie der Schlagzeuger Jim Keltner, der Bassist Roy Huskey Jr., die Gitarristen Carl Jackson, Mark Casstevens und Dean Parks, mal ganz abgesehen von weiteren Spezialisten wie Steve Fishell (pedal steel, Dobro, Hawaiian guitar), Ben Keith (steel guitar), Herb Pedersen (banjo) sowie David Grisman (mandolin) am Start. Der Little Feat-Tastenmann Bill Payne spielte auf dem ersten Album und in der nächsten Runde war die damals noch total unbekannte Alison Krauss an der Fiddle zu hören. Noch Fragen?

Interessanterweise gefällt dem Verfasser dieser Zeilen das zweite Album sogar noch ein gutes Stück besser als das Debüt, was aber lediglich am etwas kraftvolleren, zwingenderen Sound und den insgesamt gesehen zeitgemäßeren Stücken liegt. Mit sehr starken Versionen wird hier u. a. auch Neil Young ("After The Goldrush") und Randy Newman ("Feels Like Home") die Ehre erwiesen. Wenn nicht schon die erste, dann hat spätestens diese zweite Platte das Zeug dazu, ein echter Klassiker zu werden. Und das ist gut so, denn eine Fortsetzung dieses Projektes wird es aufgrund des ziemlich schlechten Gesundheitszustandes von Linda Ronstadt leider nicht mehr geben.

Als Trost ist dieser Box aber immerhin noch ein dritter Silberling beigefügt, der mit strammen zwanzig Outtakes bzw. Alternative Takes aufwarten kann. Sage und Schreibe zehn für die beiden Alben fix und fertig aufgenommene zusätzliche Tracks, auf die dann bei den Originalplatten verzichtet wurde, sind hier vertreten. Wenn man bedenkt, dass diese Nummern qualitativ voll auf der Höhe sind, dann ist das ein Bonus, der seinen Namen tatsächlich auch mal ohne Wenn und Aber verdient. Neben alternativen Abmischungen und sich um Nuancen unterscheidenden Versionen sind dann mit "Even Cowgirls Get The Blues" und "Mr. Sandman" noch zwei Stücke vertreten, die aus älteren Sessions stammen und original auf Emmylou Harris-Alben der Jahre 1979 ("Blue Kentucky Girl") und 1981 ("Evangeline") landeten, aber ebenfalls in dieser Konstellation eingesungen wurden.

Trio war ein Projekt von drei absoluten Klasse-Sängerinnen, von denen jede einzelne eine Granate für sich war und ist. Kombiniert kommt der Dreier zwar sehr traditionell und vielleicht auf den ersten Eindruck ohne die ganz eigene persönliche Note der jeweiligen Lady durch, was aber trügt. Denn sämtliche Trademarks und die individuelle Klasse aller Beteiligten sind jederzeit vorhanden, wenn sich alle drei auch nie in den Vordergrund zu stellen versuchen, sondern dem großen Ganzen untergeordnet haben.

Und dieses 3 CD-Set ist eine runde, vollständige und ganz feine Sache!


Line-up Dolly Parton/Emmylou Harris/Linda Ronstadt Trio:

Dolly Parton (lead & harmony vocals)
Emmylou Harris (acoustic guitars, lead & harmony vocals)
Linda Ronstadt (lead & harmony vocals)

With:
Albert Lee (acoustic guitars, mandolin)
Ry Cooder (tremolo guitar)
David Lindley (mandolin, acoustic & Hawaiian guitar, autoharp, harpolek, dulcimer)
John Starling (acoustic guitar)
Carl Jackson (acoustic guitar)
Mark Casstevens (acoustic guitar)
Dean Parks (acoustic & electric guitar, mandolin)
Steve Fishell (pedal steel, Dobro, Hawaiian guitar)
Ben Keith (steel guitar)
Herb Pedersen (banjo)
David Grisman (mandolin)
Mark O’Connor (viola, fiddle, acoustic guitar, mandolin)
Alison Krauss (fiddle)
Bill Payne (acoustic & electric piano, harmonium, Hammond organ)
Robby Buchanan (acoustic piano, synthesizers, Helen voices, Rhodes)
Brice Martin (flute)
Marty Krystall (clarinet
Ilene 'Novi' Novog (viola)
Dennis Karmazyn (cello)
Jodi Burnett (cello)
David Campbell (strings)
Dennis James (glass armonica)
Kenny Edwards (acoustic & electric bass)
Leland Sklar (acoustic bass)
Roy Huskey Jr. (acoustic & electric bass)
Edgar Meyer (acoustic bass)
Russ Kunkel (drums)
Jim Keltner (drums)
Larry Atamanuik (drums)

Tracklist "Trio":

  1. The Pain Of Loving You
  2. Making Plans
  3. To Know Him Is To Love Him
  4. Hobo’s Meditation
  5. Wildflowers
  6. Telling Me Lies
  7. My Dear Companion
  8. Those Memories Of You
  9. I’ve Had Enough
  10. Rosewood Casket
  11. Farther Along

Tracklist "Trio II":

  1. Lover’s Return
  2. High Sierra
  3. Do I Ever Cross Your Mind
  4. After The Gold Rush
  5. The Blue Train
  6. I Feel The Blues Movin' In
  7. You’ll Never Be The Sun
  8. He Rode All The Way To Texas
  9. Feels Like Home
  10. When We’re Gone, Real Gone

Tracklist "Unreleaed & Alternate Takes, Etc."

  1. Wildflowers (alternate take, 1986)
  2. Waltz Across Texas Tonight (unreleased, 1994)
  3. Lover’s Return (alternate mix)
  4. Softly And Tenderly (unreleased, 1994)
  5. Pleasant As May (unreleased, 1986)
  6. My Dear Companion (alternate take, 1986)
  7. My Blue Tears (unreleased, 1998)
  8. Making Plans (alternate take, 1986)
  9. I’ve Had Enough (alternate mix, 1986)
  10. Grey Funnel Line (unreleased, 1986)
  11. You Don’t Knock (unreleased, 1986)
  12. Where Will The Words Come From (unreleased, 1985)
  13. Do I Ever Cross Your Mind (Dolly on lead vocals, alternate take, 1994)
  14. Are You Tired Of Me (unreleased, 1986)
  15. Even Cowgirls Get The Blues (from the Emmylou Harris album "Blue Kentucky Girl", 1979)
  16. Mr. Sandman (from the Emmylou Harris album "Evangeline", 1981)
  17. Handful Of Dust (unreleased, 1993)
  18. Calling My Children Home (unreleased a-cappella version, 1986)
  19. In A Deep Sleep (unreleased, 1986)
  20. Farther Along (alternate mix, 1986)

Gesamtspielzeit: 39:03 (CD 1), 41:24 (CD 2), 66:22 (CD 3), Erscheinungsjahr: 2016 (1987, 1999)

 

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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