Der Verein Keeping The Blues Alive.nl eröffnete die neue Konzertsaison mit gleich zwei angesagten amerikanischen Bands: Nick Moss Band feat. Dennis Gruenling sowie Victor Wainwright & The Train.
Der in Chicago geborene Nick Moss kann auf eine bisher ereignisreiche Karriere zurück blicken. Mitte der Neunzigerjahre zupfte er den Bass bei der Legendary Blues Band und beim Wechsel in Jimmy Rogers' Band wechselte er zur Gitarre.
Mehrmals wurden Alben für den W.C. Handy Award nominiert. Für diese Auszeichnung, später Blues Music Award genannt, wurde "Here I Am" 2013 in den Kreis der Auserwählten gestellt.
Bis 2008 firmierte er unter dem Bandnamen Nick Moss And The Flip Flops.
Gemeinsam mit dem Harper Dennis Gruenling erschienen The High Cost Of Low Living (2018) sowie "Lucky Guy" (2019).
Victor Wainwright, geboren Anfang der Achtzigerjahre, hat sich nicht nur dem Blues sondern auch dem Boogie Woogie verschrieben. Er stammt sozusagen aus einer Musiker-Familie, denn sowohl seine Eltern, als auch sein Großvater Jesse Wainwright, den er beim Auftritt beim Keeping The Blues Alive.nl als seinen Mentor bezeichnete, hatten Einfluss auf seine musikalischen Anfänge.
2005 veröffentlichte er unter seinem Namen "Piana From Savannah". Victor Wainwright & The WildRoots brachten "Beale Street To The Bayou" (2009), Lit Up! (2011) sowie "Boom Town" auf den Markt und das Jahr 2018 markierte das Album "Victor Wainwright And The Train", das für einem Grammy nominiert wurde. Als Victor Wainwright And The Train ist der Tastenmann auch unterwegs.
Um 14:05 Uhr war es dann soweit.
Von einem zunächst dezent agierenden Rhythmus-Duo, zurückhaltenden Gitarren-Licks sowie feinen Piano-Läufen gab es vom Bandleader eine mehr gesprochene als gesungene Opener-Einleitung. Dann nahm der Rock’n’Roll-Zug groovende Fahrt auf und in einem klasse Boogie Woogie-Intermezzo nannte Victor Wainwright einige Musiker aus der langen Geschichte des Genres, unter anderem Romeo Nelson. Dieses erste Lied glänzte auch durch eine besondere Länge. Am Ende gab der Frontmann preis, dass sich diese Nummer noch in der Mache befinde und keinen Titel habe.
Die Musiker an der Seite von Victor Wainwright konnten jeder für sich beeindrucken. Bei dem, was der Gitarrist Pat Harrington drauf hatte, musste man sich schon anstrengen, die Kinnlade unter Kontrolle zu halten. Es gab bei seinen Solo-Einsätzen viele Phasen, bei denen es einem einfach nicht gelang. In seinem Spiel hatte er sowohl viel Dynamik, als auch großartiges Feeling. Seine Slow Blues-Beiträge waren gigantisch.
Terence 'Sweet Tea' Grayson zupfte gleich sechs dicke Saiten, die er hier und da auch im Slapping-Stil zum Schwingen brachte. Er war so etwas wie der Funk-Meister von The Train und sorgte zusätzlich noch für einen abwechslungsreichen Groove.
Den kreierte natürlich auch Schlagzeuger Bill Dean. Seine Beats pendelten zwischen laid back und gehörigem Drive.
Wer konnte es der Band verdenken, dass sie Songs auch aus dem Album "Victor Wainwright And The Train" spielte.
"Thank You Lucille" war nur eines der Konzert-Highlights. Mit dieser Eigenkomposition meinte der Künstler B.B. Kings Gitarre und Pat Harrington gab seinem Arbeitsgerät einen Lucille-ähnlichen Klang. Dieser langsam dahin gleitende Track verursachte Gänsehaut und gesanglich überzeugte der Sänger auch mit seiner Soul-Stimme. Im Allgemeinen hatte fast alle Songs eine herrliche Länge und auch das äußerst flotte "Healing" mit klasse gesetzten Breaks sorgte für begeisterte Stimmung bei den zahlreich erschienen Zuschauern.
Von Höhepunkten sprechend, durfte "I Wanna Be Like You", einem Song aus "Dschungelbuch", nicht fehlen. Pat Harrington sowie Terence 'Sweet Tea' Grayson spielten wunderschöne Saiten-Variationen zum Jungle-Blues/-Boogie Woogie. In seinem Solo unternahm Victor Wainwright auch noch einen kleinen Ausflug in die Klassik und über den swingenden Jazz machte er Station in der Laitin-Abteilung.
Den Slow Blues zelebrierte man in seiner sehr leisen Variante. Victor Wainwright sang am Bühnenrand befindlich ohne Mikrofon und nach einem tollen E-Sechssaitersolo gab es noch einen Gesang/Gitarre-Frage-Antwort-Teil. Super!
In Anlehnung an seine Zeit, als er in der Beale Street Straßenmusiker war, gab man ein herrliches Medley, das von Creams "Spoonful" gekrönt wurde, zum Besten. Die laut geforderte Zugabe stand ganz im Zeichen des Boogie Woogie.
Hats off, Victor Wainwright And The Train!
Line-up Victor Wainwright & The Train:
Victor Wainwright (lead vocals, keyboards)
Pat Harrington (guitar, vocals)
Bill Dean (drums, vocals)
Terence 'Sweet Tea' Grayson (bass, vocals)
Die Nick Moss Band feat. Dennis Gruenling enterte gegen 16:20 Uhr die Bühne.
Nach der Ansage hatte ausschließlich Drummer Patrick Seals seinen erhöhten Arbeitsplatz eingenommen. Weit und breit waren keine anderen Musiker zu sehen. So brachte der Schlagzeuger alleine den Gig in Schwung. Originell, einen Auftritt auf diese Weise zu starten. Wie dem auch sei, nach und nach füllte sich die Bühne mit den anderen vier Musikern und nach der stimmungsvollen Eröffnung gab es gleich eine Kostprobe aus dem Album "Lucky Guy!". Nick Moss & Co. deklinierten den Chicago Blues durch. Schon beim Titelsong des Albums floss aus allen Poren der so typische Windy City-12-Takter. Solistisch legte der Harper Dennis Gruenling vor und Tastenmann Taylor Streiff legte dynamisch nach.
Im Folgenden sollten Gitarren-/Keyboard-/ und Harp-Soli der Größe XXL begeistern.
Beim Chicago-Slow Blues – Patrick Seals brachte dabei die Jazzbesen zum Einsatz – konnte man die berühmte Stecknadel fallen hören. Das Publikum war sehr aufmerksam bei der Sache und sparte an den entsprechenden Stellen nicht mit Beifall.
Dennis Gruenling servierte von virtuos bis bodenständig tolle Soli auf seinem kleinen Instrument. Bei der langsamen Ausgabe des Chicago-Zwölftakters sprach seine Sehnsucht Bände. Bei einem Jump Blues/Boogie Woogie-Abstecher übernahm der Harper kompetent den Lead-Gesang und glänzte auf der chromatischen Mundharmonika.
Dann brachte man das Band-Line-up in Rotation.
Taylor Streiff, der hervorragende Bassist Rodrigo Mantovani sowie Patrick Seals bildeten das erste Trio und bewegten sich musikalisch von Rock’n’Roll zum Boogie Woogie. Da hatten Victor Wainwright And The Train mehr Boogie Woogie im Blut.
Kontrabass- und Drum-Solo sorgten für erhöhte Aufmerksamkeit beim Publikum und für einen Retro-Checker-Label-Chicago Blues bildeten Dennis Gruenling, Rodrigo Mantovani sowie Patrick Streiff das Trio. Der Mann mit den lackierten Fingernägeln spielte die Harp so, wie er den Text »[…] I’d Rather Be The Devil […]« sang.
Nach einem weiteren Wechsel ehrte die Combo, wieder in Quintett-Besetzung den Chicago-Blueser Muddy Waters in einer frischen Interpretation.
Die Zugabe begann äußerst dezent. Abermals wurde es ganz leise und ohne Unterbrechung rockte die Formation dann ein letztes Mal den Chicago Blues in McKinley Morganfield-Manier. So originell, wie der Gig begann, endete er auch, denn Nick Moss sang seine Verabschiedung. Toll!
Für den guten Ton im Zaal Thijssen sorgte Mies Sleegers von msm music services.
Für den 10. November 2019 werden Jonn del Toro Richardson und Too Slim & The Taildraggers angekündigt.
RockTimes bedankt sich bei Martin und Theo von Keep The Blues Alive.nl für den Platz auf der Gästeliste.
Line-up Nick Moss Band feat. Dennis Gruenling:
Nick Moss (lead vocals, guitars)
Dennis Gruenling (harmonicas, lead vocals, backing vocals)
Rodrigo Mantovani (bass, upright bass)
Patrick Seals (drums)
Taylor Streiff (piano, organ, vocals)
1 Kommentar
Mario Keim
24. Oktober 2019 um 22:15 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Das ist schon eine Wahnsinnsleistung, so akribisch über einen solchen Konzertabend zu berichten! Hut ab, mein Kompliment.
Dir eine gute Zeit.
Liebe Grüße Mario