Der Autor dieses gerade erschienenen Buches "Viel Lärm um Alles…" wurde im Jahr 1956 geboren und entdeckte zu einem geradezu goldenen Zeitpunkt, nämlich Mitte der sechziger Jahre, die Musik für sich. Sein erstes selbstgekauftes Album war "Pet Sounds" von den Beach Boys. »Ein grausames Stück Musik.«, wie er in seiner Kurzvorstellung meint. Aha? Weiter schreibt er, dass 1970 mit Deep Purple In Rock ein wahrer Urknall für ihn erfolgte. Okay, durchaus nachvollziehbar. Ab 1976 spielte er selbst in Bands und ab 1980 erschienen seine ersten verfassten Konzertkritiken im Heidelberger Tagblatt. Keine Frage, Thomas Zimmer liebt Musik und zieht sich auch keine stilistischen Grenzen. Aber ganz klar macht er bereits in seinem Vorwort, dass er den kritischen Musik-Journalismus bereits seit einigen Dekaden sehr vermisst. Meinungsstärke vermisst er, da in den meisten Musik-Magazinen viel zu viel einfach nur noch schöngeschrieben wird und auch Konzert-Reviews kaum noch ergiebiger als kritiklose Nacherzählungen eines Abends im Leben eines Menschen erscheinen.
Bereits in den einleitenden Seiten wird klar, dass der Autor da einen komplett anderen Anspruch an sich selbst hat. Kein Gewäsch, keine Beweihräucherung, was auf dem Teller… äh, der Bühne liegt (bzw. passiert), wird schonungslos aufgearbeitet und berichtet. Das ist fein und selbstverständlich auch sein gutes Recht, aber es ist ebenso das Drahtseil, auf dem er balanciert. Denn der Leser bekommt dann doch hier und da mal den Eindruck, dass in den Reviews manchmal nur um des Kritisieren Willens kritisiert wird. Aber ebenso wird ihm nicht der herrliche Humor verborgen bleiben, der durchaus auch mal sehr bissig sein kann.
Das 235 Seiten starke Buch enthält ausnahmslos Konzertkritiken, die Zimmer in knapp zwanzig Jahren für das Feuilleton der Badischen Neuesten Nachrichten geschrieben hat. Mit vielen der sehr bekannten (Aerosmith, UFO, Joe Cocker usw.) oder auch weniger populären Acts war er bereits vor Konzertbeginn vertraut, bei manchen anderen hat man das Gefühl, dass er vor dem jeweiligen Gig noch nicht sehr viel von ihnen gehört hatte.
Sehr erfrischend ist beispielsweise, wie man ein Konzert der Toten Hosen (um nur mal ein Beispiel zu nennen) und das Gebaren der Band sowie deren Anhänger mal von der anderen Seite, also nicht mit der Fanbrille, sehen kann. Und dem Autor, dessen Stil im Übrigen stets mit sehr intelligentem Vokabular versehen und dazu sehr wortgewandt ist, zu folgen, macht dazu richtigen Spaß. Zumindest spätestens dann, wenn man seinen Ansatz sowie seinen Anspruch an eine Band auf der Bühne verstanden hat. Darüber hinaus ist er sich auch nicht zu schade dafür, manch entsetzten Leserbrief auf seine Reviews ebenfalls abzudrucken. Zimmers Einstellung ist klar: Man darf seine Artikel sehr wohl kritisieren, denn das ist ihm wesentlich lieber, als wenn der Leser gar keine Meinung dazu hätte.
Thomas Zimmer liebt Musik, da wiederhole ich mich gerne. Dies drückt alleine schon der Buchtitel (der das absolute Gegenteil des allgmein bekannten geflügelten Spruchs 'Viel Lärm um Nichts' darstellt) aus, der das Ranking dieser manchmal von Manchen müde belächelten »Schönsten Nebensache der Welt« in ein ganz anderes, neues Licht rückt. Zumindest für ihn und selbstveständlich auch alle anderen, die genauso fühlen. Und selbst wenn man nicht immer seiner Meinung sein muss, liebt er die Musik so sehr (so verstehe ich ihn zumindest), dass er die Missstände bzw. die Dinge, die mit ihr und dem ganzen Business schief laufen (in seinem Fall) aufs Papier bringen will und ganz sicher auch nicht auf den Mund gefallen ist, wenn er darüber redet.
"Viel Lärm um Alles" mag seine Leser durchaus auch mal auf die Palme bringen und entsetzten Widerspruch hervorrufen (wenn gerade eine ihrer Lieblingsbands aufs Korn genommen wird), aber lesenswert und gute Unterhaltung ist es zweifellos!
Selbst ein Exemplar sichern kann man sich direkt über die Kontakt-Mailadresse von der Homepage des Autors oder auch über yeahbooks.de.
Erscheinungsjahr: 2019
235 Seiten
Taschenbuch
s/w Fotos
14,90 EUR
ISBN: 978-3-00-063858-9
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