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Martin Engeliens Go Music / One Earth – CD-Review

In diesen Zeiten der persönlichen Einschränkungen haben Musiker/Bands auch Ideen, die nicht unbedingt mit Songwriting zu tun haben.
Irgendwie muss der Kühlschrank gefüllt werden.
Der Go Music-Organisator Martin Engelien hat eine seiner Ideen in die Tat umgesetzt.
»[…] Seit März dieses Jahres erstarrt die komplette humanoide Welt. Das CORONA Virus hat jeglichem sozialen Zusammensein ein abruptes Ende bereitet. Keine Konzerte – keine Einnahmen! […]«
»[…] Zum Glück wurden sehr viele GO MUSIC Konzerte aufgenommen, unter anderem auch Originalsongs, die von Mitgliedern der GO MUSIC Familie komponiert und getextet wurden und die im Rahmen der GO MUSIC Konzerte unvorherhörbar interpretiert wurden. Durch den Kauf dieser CD erhalten die Komponisten-Kollegen Geld durch die GEMA-Lizenzen, die 36 Musiker, die die Songs eingespielt haben bekommen eine angemessene Beteiligung und die Fans kommen in den Genuss einige Originalsongs in einer nie wieder zu hörenden Interpretation zu genießen. Einzigartig! Unvorherhörbar! […]«

Die Einzigartigkeit und Unvorherhörbarkeit konnte RockTimes in über sechzig Konzerten nachempfinden. Die Go Music, 1996 ins Leben gerufen, darf man mit Fug und Recht als eine Institution der improvisierten Musik bezeichnen.
20 Jahre sind bereits ins Land gegangen und 2021 wird das fünfundzwanzigjährige Jubiläum gefeiert werden.

Dreizehn Songs stellt "One Earth" bereit.
Für Leute, denen die Go Music noch eine Unbekannte ist, sei geschrieben, dass es sich ausnahmslos um Live-Mitschnitte aus den Jahren 2015 bis 2020 von Konzerten in unterschiedlichen Locations handelt.

Für jede Go Music-Konzertreise steht ein instrumentaler Opener am Beginn des Auftritts.
Als Eröffnung der vorliegenden Platte taucht man "One Earth – Reprise" zunächst in ein schwebendes Ambiente. Bodenständig wird es dann, wenn sich mit Ben Granfelt sowie Thomas Blug zwei Gitarren-Akteure in den Vordergrund spielten, die uns einen wunderschönen Twin-Sound à la Wishbone Ash servieren. Super!
Apropos Wishbone Ash. Im November 2018 gastierten zwei Gitarristen bei der Go Music, die bei der britischen Rock-Band nicht gemeinsam spielten. Damals löste Muddy Manninen Ben Granfelt an der Strom-Gitarre ab. Auf "One Earth" hören wir die beiden Musiker mit Thomas Lieven (drums) sowie Martin Engelien in einer hinreißenden Version der Ben Granfelt-Komposition "My Soul To You", dem Titelsong des gleichnamigen Albums.

Hinreißend ist auch das Stichwort für die "Goodbyes". Klaus Zimmermann aus Thailand und Michelle Poh (Singapur) treffen Martin Engelien und den Schlagzeuger Tommy Fischer. Die fast acht Minuten sind faszinierende Momente des Seelenlebens, deren von Michelle Poh wunderschön gesungener Part Klaus Zimmermann in seine Saiten-Sprache umsetzt. Highlight!

Vanesa Harbek, Svenja Schmidt, Thea Florea, Roni Lee, Michelle Poh sowie Vanja Sky sind die Musikerinnen auf "One Earth".
In der Chronologie der Tracklist macht die Blueserin Vanja Sky den Anfang. "Hit Me With The Blues" ist ihr phasenweise rockendes Statement in klasse komponiertem und vorgetragenem Zwölftakter. Die Gefühle werden von einem intensiven Gitarren-Solo garniert. Toll!
Michelle Poh wurde bereits erwähnt und dann kommen wir zur Jazz-/Modern Jazz-Schlagzeugerin Thea Florea, die mit ihrem Afternoon’s Thrill aus dem Jahr 2018 überzeugte. Ihr Drum-Haus verfügt über mehrere Stil-Zimmer und in der Gee-K-Nummer "Silverwoman" ist es der Funk. Im entsprechenden Konzertbericht heißt es zu diesem Track: »[…] Das Stück strotzte nur so vor – im wahrsten Sinn des Wortes – schweißtreibendem Funk. […]«
Der Songtitel bringt es schon zum Ausdruck: "Vaneska Tango" ist insofern speziell, weil Vanesa Harbek beeindruckend in ihrer Muttersprache singt und auch musikalisch dieses Lied zu etwas Besonderem werden lässt. Herrlich, wie Thomas Hufschnmidt jazzig-fließende Tasten-Variationen soliert.

Der Rock beziehungsweise Rock’n’Roll regiert, wenn das phasenweise im Boogie angesiedelte "Don’t Call Me Your Friend" angesagt ist. Gitarrist Christian Schwarzbach lässt es krachen und Svenja Schmidt füllt auf feinste Weise den Hintergrund dieser steil gehenden Nummer. Sie erdet quasi den Christian Schwarzbach-Höhenflug.
Nahtlos schließt sich Roni Lee an. Auch hier rockt es und die Energie spürt man sozusagen bis auf die Haut. Raue Stimme, virtuoses Saitenspiel! Klasse!

Einen Abstecher in den klassischen Bereich – zumindest in Martin Gerschwitz'-Keyboard-Alleingang – sorgt für Freude in "Sometimes Isn’t Always". Ekseption beziehungsweise Keith Emerson werden in Erinnerung gerufen. Das Song-Ende prägt die Go Music-Freizügigkeit. Feinste Rock-Kost!
Wir wandern vom Rock zum Blues, wenn es Zeit für Dave Goodman auf der akustischen Gitarre und sein Vermisstenmeldung "She’s Gone" geht. Einen ansteckenden Groove trommeln Pitti Hecht sowie Dieter Steinmann und Martin Engelien zupft ihn auf den dicken Saiten.
Gil Edwards ist ebenfalls ein Vertreter der intensiv gespielten Akustischen, auf der er auch grooven kann. "Wishing Well" belegt seine hervorragenden Stimmbänder-Fähigkeiten, die auch im angerauten Bereich überzeugen. Joerg Dudys rockt den Blues. Fußwippen-Einsatz!

Zum Album-Cover könnte man meinen, "My House Is Green" wäre die passende Thomas Blug-Komposition dazu. In der "One Earth – Reprise"-Besetzung qualmen die zwölf Saiten der Ben Granfelt– sowie Thomas Blug-E-Gitarren. Beste Kost nicht nur für Gitarren-Freaks.
Nach allen Songs, die bis hierher gelistet wurden, wäre es unfair, "New York Groove" nicht unter die Lupe zu nehmen. Wer kennt es nicht, das Lied, das für die Glam-Rock-Band Hello, dessen Mitglied Vic Faulkner war, zu einem Hit wurde. Hier und nicht nur hier macht das Publikum mit. Live-Atmosphäre gibt es satt, auch mit der einen oder anderen Ansage des Go Music-Vaters Martin Engelien.

Über siebzig Minuten Go Music-Live-Musik, für die es sich definitiv lohnt, "One Earth" als Album oder Download im A1 Records-Shop zu kaufen. Bis zum 30. Mai 2020 besteht auch die Möglichkeit eine von drei Alben bei RockTimes zu gewinnen.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Live-Musik.


Line-up Martin Engeliens Go Music:

Martin Engelien (bass – #1-13, backing vocals – #8,11,13)
Ben Granfelt (vocals – #11, guitar – #1,9,11)
Thomas Blug (guitar – #1,9)
Simon Jurczewski (drums – #1,9)
Vanja Sky (vocals – #2, guitar – #2)
Francesco Marras (guitar – #2)
Bene Neuner (drums – #2)
Michelle Poh (vocals – #3, keyboards – #3)
Klaus Zimmermann (guitar – #3)
Tommy Fischer (Drums – #3)
Gee K (vocals – #4, guitar – #4)
Jürgen Dahmen (Rhodes – #4)
Thea Florea (drums – #4)
Vanesa Harbek (vocals – #5, guitar – #5)
Thomas Hufschmidt (keyboards – #5)
Dirk Sengotta (drums – #5)
Martin Gerschwitz (vocals – #6, keyboards – #6)
Glen Turner (guitar – #6)
Wolfgang Roggenkamp (drums – #6)
Dave Goodman (vocals – #7, guitar – #7)
Pitti Hecht (percussion – #7)
Dieter Steinmann (Drums – #7)
Vic Faulkner (vocals – #8, acoustic guitar – #8)
Robert Carl Blank (guitar – #8, backing vocals – #8)
Knuth Jerxsen (percussion – #8)
Gil Edwards (vocals – #10, acoustic guitar – #10)
Joerg Dudys (guitar – #10)
Tim Ole Hoff (drums – #10)
Muddy Manninen (guitar – #11)
Thomas Lieven (drums – #11)
Christian Schwarzbach (vocals – 12, guitar – #12)
Svenja Schmidt (keyboards – #12)
Roman Dönicke (drums – #12)
Roni Lee (vocals – #13, guitar – #13)
Cherry Gehring (keyboards – #13, backing vocals – #13)
Charly T. (drums – #13)

Tracklist "One Earth":

  1. One Earth – Reprise (4:13)
  2. Hit Me With The Blues (5:10)
  3. Goodbyes (7:54)
  4. Superwoman (5:54)
  5. Vaneska Tango (7:40)
  6. Sometimes Isn’t Always (7:30)
  7. She’s Gone (5:16)
  8. New York Groove (4:03)
  9. My House Is Green (4:25)
  10. Wishing Well (4:35)
  11. My Soul To You (5:02)
  12. Don’t Call Me Your Friend (4:57)
  13. Prove It! (4:24)

Gesamtspielzeit: 72:14, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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