Funkelnde Songperlen im Verborgenen
Kürzlich wurde ein gewisser Bob Dylan zarte 79 Lenze jung. Ein Monument der Popularmusik mit historischen Fußabdrücken, in deren Ausmaßen selbst ein Tyrannosaurus-Rex ersaufen würde … und ein quicklebendiges noch dazu, wird doch am 19.06. dieses Jahres sein insgesamt 39igstes Studioalbum erscheinen.
Vor sagenhaften 58 Jahren veröffentlichte er sein Debütalbum und benötigte dafür lediglich seine Stimme, eine Akustikgitarre und eine Mundharmonika. So auch beim direkten Nachfolger "The Freewheelin' Bob Dylan", der bereits seinen großen Durchbruch bedeutete und unter anderem das längst zum Klassiker mutierte "Don’t Think Twice, It’s All Right" bereithielt.
Anno 2020 ist dieser uralte Song so relevant wie eh und je und erzielt beispielsweise in einer aktuellen Version mit dem jungen Hochgeschwindigkeits-Bluegrass-Picker Billy Strings in der Tube immerhin sehr respektable 1,2 Millionen Aufrufe seit gerade mal Februar dieses Jahres.
Da kann der eigentliche Protagonist dieser Rezension bei weitem nicht mithalten. Seit 1998 ist Jeff Massey mit der Steepwater Band im ehemals großen Zirkus der klassischen, in diesem Falle auch Blues-betonten Rockmusik unterwegs und transformierte die Band sehr schnell von einer reinen Blues-Cover-Band in eine Classic Blues Rock-Institution mit Ecken, Kanten, eigener Handschrift und vor allem eigenen Songs, wenn auch leider nur für einen überschaubaren Kreis Eingeweihter.
So veröffentlicht die Band seit 2008 "exklusiv" auf dem Bandeigenen Label 'Diamond Day Records' und mit einer entsprechenden 'Reichweite'.
Erst kürzlich reüssierte die Steepwater Band mit ihrem neuesten Output Turn Of The Wheel, welchen Rezensent Thomas Völge völlig zurecht einem jeden Freund guter Rockmusik an Herz legt … gerade in D I E S E N Zeiten!
Diese Gelegenheit hat dann auch Band-Mastermind Jeff Massey dazu genutzt, sein bereits 2019 aufgelegtes Solo-Akustikalbum "From The Highway To The Show" zeitgleich zugänglich zu machen.
Hier kommen dann sechs Highway-erprobte Steepwater-Stücke in einer Dylan-erprobten Akustikshow zum Einsatz und beweisen in Abwesenheit einer Mundharmonika eindrücklich die Songwriter-Qualitäten des Protagonisten, denn die nackte Reduzierung auf das Allernotwendigste schält einen fingerfertigen Saitenzupfer und gefühlvollen Sänger mit tollen Songs heraus, welche im direkten Vergleich mit den Band-Vorlagen teilweise jetzt erst richtig anfangen, im glänzend gleißenden Licht um die Wette zu funkeln.
Aber damit nicht genug, Jeff Massey spendiert auch noch zwei brandneue Songs, von denen "Abandon Ship" ebenfalls auf "Turn Of The Wheel" Verwendung findet. Darüber hinaus ist "From The Highway To The Show" nach zwanzig Karrierejahren auch eine Art Rückbesinnung an die ersten Gehversuche, wovon "Rollin' And Tumblin'" und "I Can’t Be Satisfied" von Muddy Waters Zeugnis ablegen.
"Human Highway" belegt dagegen, dass tatsächlich auch ein Neil Young zu den großen Einflüssen des Protagonisten gehört und wird prompt derart stilistisch bruchlos, gleichwohl gefühlvoll und intensiv vorgetragen, dass bis zum Blick ins Kleingedruckte keinerlei Vorlage vermutet worden wäre.
Und schließlich wird uns auch noch "Don’t Think Twice, It’s All Right" kredenzt, selbstredend derart interpretiert, dass es hervorragend in den Fluss dieses Kleinods von Album passt … und genau von dieser Aufnahme gibt es auch das erste Video der Scheibe … auch in der Tube … aber nicht mit 1,2 Millionen Aufrufen, sondern deren 2000!
Fazit:
In nur zwei Tagen Anfang Mai 2018 spielte Jeff Massey in Chicago ein im wahrsten Sinne des Wortes 'Unplugged'-Album ein, welches seine Songwriter-Qualitäten im Vergleich zu seiner Band wesentlich stärker in den Vordergrund und Fokus rückt. Gleichzeitig tritt er den Beweis an, auch mit Fremdmaterial hervorragend umgehen zu können. Jetzt müssten nur noch wesentlich mehr Musikfreunde davon Kenntnis nehmen … ohne gleich am Dylan-Monument kratzen zu brauchen.
Line-up Jeff Massey:
Jeff Massey (vocals, acoustic guitars)
Tracklist "From The Highway To The Show":
- Ain’t Got Love (02:56)
- Roadblock (03:45)
- Oklahoma Sunrise (04:09)
- One Way Ride (04:10)
- Collison (03:50)
- Rollin' And Tumblin' (03:18)
- Abandon Ship (03:18)
- Don’t Think Twice It’s Alright (03:52)
- Mama Got To Ramble (03:55)
- I Can’t Be Satisfied (03:09)
- Human Highway (03:08)
- The Stars Look Good Tonight (04:51)
Gesamtspielzeit: 44:20, Erscheinungsjahr: 2019/2020
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