«

»

Harvey Dalton Arnold / Stories To Live Up To – CD-Review

Harvey Dalton Arnold - "Songs To Live Up To" - CD-Review

Die Experten wissen natürlich Bescheid, aber ganz so geläufig dürfte der Name Harvey Dalton Arnold außerhalb der Southern Rock-Szene bereits seit Jahrzehnten nicht mehr sein. Dabei war der aus dem US-Bundesstaat North Carolina stammende Musiker auch mal ganz oben. In den Jahren von 1976 bis 1980 war er nämlich als Bassist und Sänger bei der dem Southern Rock zugeordneten Band The Outlaws tätig. Immerhin auf drei Studioplatten sowie einer Live-Scheibe war er zu hören und konnte auf jedem Rundling mindestens einen von ihm komponierten Track unterbringen. 2005 erhielt er die niederschmetternde Diagnose, dass sowohl Teile seines Kopfs, seines Nackens und seiner Zunge an Krebs erkrankt sind. Fast schon unglaublich, wie schnell der Genesungsprozess verlief. Zumindest wenn man bedenkt, dass der Mann das Sprechen sowie Singen erst wieder ganz neu lernen musste. Nachdem er die Harvey Dalton Arnold Blues Band gegründet und mit dieser vor allem Live-Konzerte gespielt hatte, erschien 2014 sein erstes Soloalbum "Outlaw". Nun mussten zwar erst weitere sechs Jahre vergehen, aber seit einigen Wochen liegt die zweite Scheibe "Stories To Live Up To" vor.

Arnold kam ursprünglich vom Bluegrass und wandte sich nach seiner Genesung ganz stark dem Blues zu, was man auch auf diesen neuen Songs nicht überhören kann. Bluesiger Roots Rock trifft es wohl am besten, wenn man die dargebotene Stilistik beschreiben möchte. Als (zumindest in unseren Breitengraden) prominentestes Bandmitglied ist der Multiinstrumentalist Charley Drayton hier als Drummer mit an Bord, der in den achtziger und neunziger Jahren als Bassist von Keith Richards X-Pensive Winos am Start war. Ansonsten kann man mit Zak Alister einen (neben Arnold) zweiten Gitarristen, mit Zev Katz (Ex-Eric Clapton) einen Bassist sowie mit Rob Arthur (Ex-Peter Frampton) einen Tastenmann hören. Mehr war gar nicht notwendig, um diese neun Tracks zielgerichtet aufs Band zu bringen.

Am nähesten an seiner ehemaligen Band klingt der Amerikaner bei – der Titel sollte es bereits verraten – "Lone Outlaw", das im Midtempo-Bereich vor sich hingroovt, aber über richtig coole Gitarren-Licks und -Läufe verfügt. Eine Spur rockiger und sehr geradeaus geht dagegen "Gotta See Ya" umgehend in die Beine und verbreitet gute Laune. Unbedingt angemerkt werden muss auch, dass diese Platte unwahrscheinlich frisch klingt. Was unbedingt auch an der Tatsache liegt, dass sie zu allergrößten Teilen in einer Scheune in Brooklyn, New York von der Band live eingespielt wurde. »Sie klingt zwar nicht perfekt und ist sogar noch unperfekter gespielt, aber ich hatte noch nie soviel Spaß bei Albumaufnahmen, wie dieses Mal!« hatte der gute Harvey im Vorfeld verkündet. Auch der Hörer kommt nicht drum herum, diese agile Spritzigkeit wahr zu nehmen, wie man sie in der Regel nur bei Live-Musik erlebt. Und das klingt hier tatsächlich manchmal so, als stünde man gerade mal ein paar Meter von der Band entfernt. Alleine deshalb kann man schon mal zu einem klugen und gelungenen Schachzug gratulieren, selbst wenn nicht ganz klar ist, ob der Aufnahmeort tatsächlich von vornherein so geplant oder aus der Not geboren wurde.

Herrlich knarzig kommt beispielsweise die Rhythmus-Gitarre beim eröffnenden "Stay Here With Me", das dann – wie auch die weiteren Songs – doch viel tiefer im Blues Rock verwurzelt ist, als dass dem Hörer Southern Rock entgegenschallen würde. Die Stücke klingen sehr erdig und verzichten erfrischenderweise auf jegliches Pathos. Arnolds Gesang ist zwar nicht immer der Fall des Rezensenten, aber das ist reine Geschmackssache und keine Frage der Qualität. Letzten Endes ist "Stories To Live Up To" eine richtig coole amerikanische Blues- bzw. Roots Rock-Platte, die es unbedingt verdient, angecheckt zu werden. Anspieltipps: der Opener "Stay Here With Me", "Lone Outlaw", "When The Sun Goes Down" sowie das abschließende "Catfish Blues".


Line-up Harvey Dalton Arnold:

Harvey Dalton Arnold (lead guitars, vocals)
Zev Katz (bass)
Charley Drayton (drums)
Rob Arthur (piano, Rhodes, B3 organ, keyboards)
Zak Alister (rhythm guitars)

Tracklist "Stories To Live Up To":

  1. Stay Here With Me
  2. Early Bird
  3. What’s On Your Mind
  4. Poor Boy
  5. When The Sun Goes Down
  6. Lone Outlaw
  7. Gotta See Ya
  8. Put Me Back
  9. Catfish Blues

Gesamtspielzeit: 42:15, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
News
Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>