
Hoch energetische Musik mit einem Einflussgebiet quer durch die Geschichte unserer Musik kommt aus Minneapolis, Minnesota über den Teich zu uns, direkt von den Ufern des großen alten Flusses Mississippi und einem Land, dem man nachsagt, das Ostfriesland der Staaten zu sein. Mein Cousin hat dort für einige Zeit gelebt und war ausgesprochen angetan. "A Vision Of Stone" heißt das Debut-Album von Tasha’s Laughter, einem munteren Powertrio rund um Frontmann KP Hahn, der nicht nur für Gitarre und Gesang zuständig ist, auf sein Konto geht auch die Majorität in den Kompositionen. Und das macht er gut, ziemlich gut sogar.
Wenn man sich die zitierten Bezüge anschaut, könnte ein Anflug von Verwirrung über einen hereinbrechen. Da sind Bands zitiert, die man nicht zwingend in eine Schublade stecken würde. Von Nirvana über Pink Floyd und Led Zeppelin bis zu den Beatles und Jimi Hendrix – und das sind nur einige der genannten Beispiele. Ich verspreche aber, nach einem Hördurchgang wird dieses wilde Potpourri aus Stilen und Epochen plötzlich zu einem sinnvollen Ganzen wachsen. Respekt.
Über die Herkunft des Bandnamens informiert das Begleitmaterial und die Webseite der Band. »Tasha’s Uncontrollable Hideous Laughter« lautet ein Zauber aus dem Spiel "Dungeons & Dragons", daraus leitete sich der Titel der Band sowie der Name ihrer Plattenfirma Uncontrollable Hideous Songs ab. Na dann, von solchen Spielen hab ich absolut keine Ahnung.
Die Musik bewegt sich in einem Feld sehr eigenständigen Alternative Rocks mit etlichen Bezügen zum Garage Rock. Den Beweis dafür erbringen Tasha’s Laughter gleich mit den ersten beiden Nummern "Bent" und durch das enorm marschierende "House Of Cards". Die Vielseitigkeit der einzelnen, kurzen und kompakten Nummern ist ein großes Plus des Albums. Vor allem aber schaffen es die drei Jungs aus Minnesota spielend, permanent knallharte Rhythmen mit wirklich düster aggressiven Riffs durch erstaunlich eingängige melodiöse Harmonien zu umgeben. Die zentralen Lines gehen geschmeidig ins Ohr und sehr viel tiefer, denn der Speicher im Kleinhirn wartet förmlich auf solche Signale. Die bleiben hängen. "Lottery" ist ein schönes Beispiel dafür. Egal, ob Du auf krawallige Akkorde stehst oder schmucke Gesangslinien, hier wirst Du beidseitig befriedigt.
Gelegentlich klingen in den Songs tatsächlich Harmonien an, die an die Sixties erinnern, so gesehen erklärt sich beispielsweise der Verweis auf die Beatles, exemplarisch in "Small Towne Louts", ansonsten wird man da eher weniger Gemeinsames finden, da gibt es Quellen, die sehr viel deutlicher heraustreten. Schon ausgeprägter sind die riffigen Verwandtschaftsgrade mit Sabbath, insbesondere in "No More", das übrigens sehr schön eingeleitet wird durch die einzige Instrumentalnummer, passend "A Little Jam" genannt. Der schräge Gesang, die dunklen Akkorde und ein wildes Gitarren-Freak-out mit zwei wild miteinander ringenden Solo-Linien berechtigen sogar den Jimi-Bezug. Naja, solcher Wurzeln hat man sich in den grungigen Neunzigern ja durchaus auch bedient.
Dass man ausgerechnet an die zitierte, beatleeske Nummer eine Art Postrocknummer anschließt, zeigt den Mut der Truppe zu zeitlichen und thematischen Sprüngen, aber es ist abermals die außergewöhnliche Harmonie der geilen Hookline, die auch hier wieder den Stimmungsbogen zusammen hält. "Green Light" ist ein echter Ohrwurm mit mächtigen Soundwänden. So etwas konnten die Beatles eben auch, vermutlich besser als alle anderen.
Dagegen überrascht der Ausklang in "Good Night" mit einer sanften, fast balladenhaften Sixties Retro-Stimmung, fast schon eine coole Hippie-Nummer.
Die Texte, in der Regel von KP selbst ersonnen, befassen sich oft mit dunkleren Visionen und Erfahrungen aus der menschlichen Seele, was die Band aber ganz offensichtlich nicht davon abhält, auf der Bühne eine Menge Spaß zu verbreiten. So ist es jedenfalls nachzulesen und der aus meiner Sicht durchaus vorwärts strebende, dynamische Duktus dieser Musik insgesamt lässt ganz sicher keine miese Stimmung aufkommen. Die herrlichen Spreizschritte zwischen entspannt groovenden und krachend treibenden Parts sorgen obendrein für jede Menge Spannung und Abwechslung. Das kleine "Talkin' Trash" ist nicht einmal zwei Minuten lang und erzählt doch seine eigene kleine Geschichte, kulminierend in einem perfekten Spannungsbogen.
Klasse, wenn eine Indie-Band so viele Wurzeln und Zitate aufgreift und in ihrem Erstlingswerk dennoch eine solch authentische Figur macht. Wow, das ist nach meinem Geschmack. An dieses Mischlingswerk darf man sich gerne heran wagen und wird es nicht bereuen. Wer schon auf seinem ersten Silberling so viele überraschende Aspekte aufzubereiten mag, der hat noch viele Pfeile im Köcher. Ich bin gespannt und lass mich auch zukünftig gerne mal anschießen – von weit drüben am Mississippi River. Ein fetter Tipp!
Line-up Tasha’s Laughter:
Kevin Patrick 'KP' Hahn (guitar, vocals)
Mike Johnson (bass, backing vocals)
Gelly Gellerstedt (drums)
Tracklist "Avision Of Stone":
- Bent
- House Of Cards
- Talkin' Trash
- BS
- Wizard Of Og
- Lottery
- A Little Jam
- No More
- Small Talk
- Small Towne Louts
- Green Light
- Good Night
Gesamtspielzeit: 35:54, Erscheinungsjahr: 2020
Neueste Kommentare